Was bei Dienstwagen gang und gäbe ist, wird auch bei Dienstfahrrädern immer beliebter: Leasingmodelle, bei denen der Arbeitnehmer das Rad für die Fahrt zur Arbeit und auch in seiner Freizeit nutzen kann. In Bremen zeigt sich dieser Trend besonders bei teureren Fahrrädern. In der Niederlassung von Stadler in der Überseestadt beziehen die Kunden heute bereits einen Großteil der hochwertigen Räder über ihre Arbeitgeber. Vor ein paar Jahren sei es mit dem Leasing "ganz bescheiden" losgegangen, sagt Geschäftsleiter Ralf Zeiseweis: "In den letzten eineinhalb Jahren ist die Nachfrage wirklich exorbitant gestiegen." Im Regelfall gehe es um Elektroräder für um die 4000 bis 5000 Euro. Seltener werden hier Modelle ohne Motor geleast.
"Inzwischen sind es gut 400.000 Leasingräder, die jedes Jahr auf die Straße kommen", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Zukunft Fahrrad Wasilis von Rauch. Zu circa 85 Prozent handele es sich dabei um E-Bikes. Aus seiner Sicht ist das Angebot auch ein Zeichen der Wertschätzung des Arbeitgebers. Das Dienstrad, das beruflich und privat genutzt werden kann, sei per Leasing bis zu 40 Prozent günstiger als der Direktkauf. Auf den Plattformen der Anbieter lässt sich die persönliche Ersparnis berechnen.
Thomas Wittwers Fahrradladen Conrad in Findorff bietet das Leasing über verschiedenste Gesellschaften ebenfalls an: ob Jobrad, Business Bike oder Lease a Bike. Die Nachfrage habe enorm zugenommen, was auch an den immer teureren Rädern liege. Die Verträge seien sehr individuell – angefangen beim Kaufpreislimit bis hin zum Service. In manchen Fällen gehöre etwa ein Pannendienst zum Vertrag dazu sowie Inspektionen. 36 Monate beträgt die Leasinglaufzeit gewöhnlich.
Zuschüsse der Arbeitgeber sind möglich
Die Raten werden in der Regel vom Bruttolohn abgezogen – die Finanzierung läuft also über eine Gehaltsumwandlung. Die Sozialversicherungsbeiträge sinken damit leicht. Der Effekt auf den späteren Rentenbezug ist laut Experten aber überschaubar. Besonders günstig wird das Dienstrad, wenn der Arbeitgeber sich mit Zuschüssen an den Leasingraten beteiligt oder die Kosten komplett trägt.
Neben den relativ günstigen Preisen für ein hochwertiges Fahrrad sieht Zeiseweis auch in der oft guten Absicherung, etwa einem Diebstahlschutz, einen Vorteil des Leasings. Am Ende könne sich der Kunde überlegen, ob er das Fahrrad nach drei Jahren kaufen oder ein neues haben möchte. Auch viele der Mitarbeiter von Stadler in Bremen nutzen das Leasingangebot für ihre Räder. Mercedes bietet das Leasing seinen Beschäftigten auch in Bremen seit ein paar Monaten ebenfalls an. Das Modell wird laut einer Sprecherin gut angenommen.
Business Bike zählt zu den größten Anbietern in Deutschland. "Gemeinsam mit über 4000 Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern haben wir bereits über 40.000 Business Bikes in Niedersachsen auf die Straße gebracht", teilt eine Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage mit.
Die Radgeschäfte zahlen den Leasinganbietern eine Provision. Das Geschäft lohnt sicher aber trotzdem: Denn über das Leasing kann der Handel mehr Fahrräder verkaufen. Am Umsatz der Niederlassung von Stadler hat das Leasing etwa einen Anteil von rund einem Viertel.
Der Zweirad-Industrie-Verband konstatiert ebenfalls eine deutliche Zunahme der abgesetzten Räder übers Leasing. "Inzwischen werden vor allem hochwertige und höherpreisige E-Bikes über Leasing abgesetzt", sagt Sprecherin Anke Schäffner. Pedelecs liegen auch nach den Produktionszahlen aktuell deutlich vorne. Im ersten Halbjahr sind hierzulande nach Angaben des Verbands 580.000 Räder hergestellt worden – und 800.000 E-Bikes.
Verband fordert mehr Förderung für Lastenräder
Das Fahrrad dürfte eine wichtige Säule der Mobilität der Zukunft sein. "Aktuell fokussiert sich die Förderung der E-Mobilität zu stark auf den Pkw-Sektor", kritisiert Wasilis von Rauch vom Bundesverband Zukunft Fahrrad vor diesem Hintergrund. Der Verband setzt sich für eine ausgeweitete Förderung von elektrischen Lastenrädern ein. Es lohne sich für alle, sagt der Geschäftsführer, Pendel- und Alltagsstrecken mit dem Fahrrad zurückzulegen: "Es verbessert die Gesundheit, entlastet volle Straßen, spart Ressourcen und CO2 ein und vermeidet Lärm, Feinstaub und Mikroplastik."
Nach dem Ansturm zu Beginn der Pandemie spüren auch die Fahrradläden seit ein paar Wochen eine deutliche Kaufzurückhaltung. Sie ist laut Zweirad-Industrie-Verband insbesondere in den günstigeren Preisklassen zu merken. Die steigende Inflation drückt demnach auf die Absätze der Branche. "Wir merken, dass die Normalkunden wegbleiben", sagt dazu der Niederlassungsleiter von Stadler, Zeiseweis. Nach seiner Einschätzung hängt das mit der Angst der Menschen vor bald höheren Energiekosten zusammen. Von anderen Einzelhändlern habe er ähnliche Beobachtungen vernommen. Anders verhalte es sich jedoch beim Leasing: Dort gebe es trotz der höheren Preise der Räder weiterhin eine gute Nachfrage.
Ausreichend Ware ist dabei grundsätzlich in den Geschäften vorhanden. "Der Laden steht voll", sagt auch Wittwer aus Findorff. Wer ein bestimmtes Wunschfahrrad vor Augen hat, der muss sich aber teils auf Wartezeit einstellen. Die Händler müssten zugleich sehr flexibel bleiben. Bereits jetzt sind bei Conrad die Bestellungen fürs nächste Jahr getätigt. "Nachbestellungen sind schwierig", sagt Wittwer. "Das wird sich auch so schnell nicht beruhigen."