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Region rund um Bremen Lokführer verzweifelt gesucht

Die Nachwuchssorgen der Eisenbahn- und Verkehrsbetriebe sind auch in Bremen und der Region groß. Teilweise müssen wegen des Personalmangels Zugfahrten ausfallen, wenn jemand kurzfristig krank wird.
24.02.2019, 21:57 Uhr
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Lokführer verzweifelt gesucht
Von Olga Gala

Lokführer und sowie Bahn- und Busfahrer sind in Deutschland heiß begehrt. „Wir haben bis 2030 allein im Fahrdienst ungefähr 85 000 Stellen, die neu beziehungsweise wieder besetzt werden müssen“, sagt Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Neue Mitarbeiter suchen auch Eisenbahn- und Verkehrsunternehmen in der Region rund um Bremen. „Der Mangel ist da“, sagt Steffen Högemann, Pressesprecher der Nordwestbahn. Zwar sei die Nordwestbahn in der Region noch ganz gut aufgestellt, vereinzelt habe es aber aufgrund von Krankheit Zugausfälle gegeben.

Auch die Metronom Eisenbahngesellschaft musste schon einzelne Fahrten absagen, wenn jemand kurzfristig krank geworden ist. „Bei den hohen Krankenständen im Winter, da müssen wir uns auch mal nach der Decke strecken“, sagt Björn Pamperin, Pressesprecher der Metronom Eisenbahngesellschaft.

Kritisch sei die Situation nicht, aber anstrengend. Und dem Metronom gehe es im Branchenvergleich noch gut. Pamperin sagt, einige Kollegen aus der Verwaltung haben nämlich die entsprechende Ausbildung zum Bahnfahren und können bei Engpässen einspringen. Eine Dauerlösung sei das natürlich nicht. „Wir würden gern mehr einstellen, um flexibler planen zu können“, sagt Pamperin.

Antrittsprämie bei der Nordwestbahn

Der Metronom bildet in einer dreijährigen Ausbildung Eisenbahner im Betriebsdienst aus. Zudem bilden Nordwestbahn und Metronom beide jeweils in einem 9,5 beziehungsweise 10 Monate dauernden Lehrgang Quereinsteiger zu Triebfahrzeugführern aus. Bei der Nordwestbahn startet mehrmals im Jahr ein neuer Lehrgang. 2018 hatten sich 600 Bewerber für das Programm beworben, doch nur etwa jeder Zehnte sei auch wirklich geeignet, sagt Högemann. „Das liegt vor allem daran, dass dieser Beruf einiges abverlangt.“ Sowohl psychisch, als auch körperlich fit müssten die Bewerber sein. Außerdem sei eine abgeschlossene Berufsausbildung, idealerweise im technischen Bereich, Einstellungsvoraussetzung.

Schon während der Ausbildung zahlt die Nordwestbahn ihren zukünftigen Lokführern Geld. „Diejenigen, die aus anderen Berufen kommen, müssen in der Lage sein, ihre laufenden Kosten zu decken“, sagt Högemann. Wer die Ausbildung erfolgreich abschlossen hat und weiter für die Nordwestbahn fährt, erhält zudem eine Antrittsprämie von 800 Euro. Bei der Metronom Eisenbahngesellschaft verdienen die angehenden Lokführer bereits bei Ausbildungsbeginn das Ge-
halt eines Triebfahrzeugführers, nur ohne ­Zulagen.

Zwischen 2015 und 2017 sei laut des Vereins Allianz pro Schiene die Zahl der Lokomotiv-, U- und Straßenbahnführer um fünf Prozent gestiegen. „Das Stellenwachstum ist erfreulich, hält aber mit dem Wachstum des Schienenmarktes nicht Schritt“, sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Zudem mache sich der demografische Wandel in der Branche bemerkbar. Metronom und Nordwestbahn spüren zumindest von dieser Entwicklung nicht viel. „Das ist bei uns kein Thema, wir haben keine Lokführer, die demnächst in Rente gehen“, sagt Pamperin. Im Gegenteil, ältere Mitarbeiter seien durchaus willkommen. Auch Bewerber, die älter sind als 50, haben beim Metronom eine Chance auf den Quereinstieg.

Bei den Verkehrsbetrieben liege das Durchschnittsalter „irgendwo über 40“, sagt Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Die Betriebe hätten jahrelang aus Kostengründen Personal eingespart. „Seit ungefähr sieben, acht Jahren wächst man wieder überproportional, weil auch die Nachfrage nach ÖPNV extrem steigt, gerade in den Großstädten und Ballungsräumen.“

Die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) spüre zwar auch den Fachkräftemangel der Branche, es sei jedoch bislang nicht zu Engpässen gekommen, sagt Andreas Holling, Pressesprecher der BSAG. „Bei Krankheiten sind wir gut aufgestellt, auch weil Kollegen aus der Verwaltung mal einspringen können.“ Viele der Mitarbeiter sowohl in der Werkstatt, als auch im Büro hätten nämlich sogenannte Fahrpatente für die Busse und Bahnen.

Auch der Servicegedanke ist wichtig

Solange sie eine bestimmte Anzahl an Tagen im Jahr fahren, dürften sie Fahrgäste befördern. Das verschaffe ein bisschen Puffer, sagt Holling. Genauso wie Nordwestbahn und Metronom bietet die BSAG auch den Quereinstieg zum Fahrer an. Dieser gestaltet sich jedoch ein wenig anders – meist fangen die Mitarbeiter im Service oder als Fahrausweisprüfer an und machen anschließend ihr Fahr­patent. Zudem bildet die BSAG regulär in einer dreijährigen Ausbildung Fachkräfte im Fahrbetrieb aus. Voraussetzung sind ein Führerschein der Klasse B und ein erweiterter Hauptschulabschluss. Die jungen Menschen lernen natürlich das Fahren, aber auch die ­Planung von Fahrplänen, Verkehr und Per­sonal. Auch der Servicegedanke sei wichtig, sagt Holling.

Das ist auch dem Metronom wichtig. Auf der Webseite bietet die Eisenbahngesellschaft einen Kurztest für angehende Lokführer an. „Das ist eine Ernsthaftigkeit mit einem deutlichen Augenzwinkern“, sagt Pressesprecher Pamperin. In dem Test wird großen Wert auf den Kundenkontakt gelegt. Dem Verkehrsunternehmen ist es wichtig, nicht nur technisch versierte Mitarbeiter zu finden. „Es kommt uns darauf an, zu zeigen, dass wir ein Dienstleistungsbetrieb sind. Das ist nämlich das, was die Eisenbahn heute ist.“

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Ein besseres Image könnte seiner Ansicht nach helfen, mehr Menschen für den Beruf zu begeistern. „Die Streikphase 2015 hat dem Ruf des Lokführers nicht gut getan“, sagt Pamperin, „da wurde ein Bild gemacht vom Beruf, das einfach nicht stimmt.“ Das schlechte Image trage seiner Ansicht nach zu dem Fachkräftemangel bei. Zudem schrecke der Schichtdienst viele ab: „Es gibt Menschen, die nicht im Schichtdienst arbeiten können oder wollen.“

Außerdem sei vielen potenziellen Arbeitnehmern der Job als Lokführer gar nicht so präsent. Um neue Mitarbeiter zu finden, geht der Metronom gezielt auf die Suche. Auch die Deutsche Bahn wirbt natürlich um Fachkräfte. Insgesamt, so plant der Konzern, sollen im Jahr 2019 bundesweit 22 000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, davon 3000 im Norden. Azubis werden ebenfalls gesucht.

Auch andere Fachkräfte werden gesucht

Högemann von der Nordwestbahn sieht die gesamte Branche in der Verantwortung: „Ein Unternehmen alleine kann es am Ende nicht richten.“ Ein Schritt in Richtung Lösung könnte ein Programm wie „Fokus Bahn“ sein. Die Bahnunternehmen in Nordrhein-Westfalen sichern sich die Erstattung von Ausbildungskosten bei Betriebswechsel zu. Für die Berufsausbildung der Lokführer und für die Umschulungen für Quereinsteiger tragen nämlich die jeweiligen Firmen die Kosten. Das Programm soll verhindern, dass die Unternehmen aus Angst vor Abwerbeversuchen der Mitbewerber weniger Personal ausbilden.

Doch nicht nur Lokführer sind gefragte Arbeitnehmer, auch andere Fachkräfte werden dringend gesucht. Vor allem bei den technischen Berufe sei es schwierig passende Bewerber zu finden, heißt es von allen drei Unternehmen. Holling: „Technische Jobs sind schwierig, es ist eine Herausforderung, da die Leute für zu kriegen.“

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