Der Ausgang ist wieder offen. Die Anwälte von Matthias Brückmann und der EWE konnten sich nicht außergerichtlich einigen. In wenigen Tagen geht der Prozess wegen der fristlosen Kündigung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Oldenburger Energieversorgers damit nun weiter. Das Ende der Vergleichsgespräche kam für Brückmanns Anwalt Bernd-Wilhelm Schmitz überraschend. Schon im Vorfeld seien Voraussetzungen dafür vereinbart worden.
„Es war vor dem Gespräch von den Anwälten der EWE bestätigt worden, dass wir über einen siebenstelligen Betrag reden werden", sagt der Jurist. Die Verhandlung sei dann auch konstruktiv verlaufen. Im relativen Einvernehmen sei man auseinander gegangen. "Unser Vorschlag auf eine hälftige Einigung schien der Gegenpartei alles andere als unvernünftig.“
Doch es sei dann sehr unerwartet zum Abbruch der Gespräche gekommen: „Die Anwälte der EWE haben überraschend mitgeteilt, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrats ihnen erklärt habe, das jegliche Zahlung der Öffentlichkeit und dem Aufsichtsrat nicht zu vermitteln sei." Schmitz kann das nicht nachvollziehen. Die EWE gehe damit ein hohes Risiko ein, Brückmanns komplettes noch ausstehendes Gehalt und die Kosten des Verfahrens zu tragen. „Das finde ich schon bemerkenswert. Wir sind sehr offen in die Gespräche gegangen, um eine langjährige Auseinandersetzung zu verhindern.“
Im Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Oldenburg geht es derzeit um einen Streitwert von 450 000 Euro. Schmitz zufolge gibt es aber nicht unerhebliche Ansprüche Brückmanns gegenüber der EWE aus der Zeit vor seiner Entlassung. Zudem sei der Vertrag des Vorstandsvorsitzenden erst wenige Monate zuvor verlängert worden und dauere bis Mitte 2021. Darum hält die Partei einen Millionenbetrag für gerechtfertigt.
EWE kündigte Brückmann wegen "grober Verfehlungen" fristlos
Die EWE hält die Vorschläge der Gegenseite für nicht akzeptabel. "Daran ändern auch die aktuellen Behauptungen von Herrn Brückmann – die wir nicht weiter öffentlich kommentieren – nichts." Der Aufsichtsratsvorsitzende des Konzerns, Bernhard Bramlage, äußerte sich ähnlich zum Ende der Gespräche: "Es gibt keine akzeptable Grundlage für uns. Ich denke, wir haben mit guten und ausreichenden Gründen so entschieden."
Der Aufsichtsrat bestätigt, es habe Übereinstimmung bestanden, dass "die Forderungen von Herrn Brückmann nicht akzeptabel sind." Brückmann klagt gegen seinen Rauswurf bei der EWE vor einem Jahr. Wegen "einer Vielzahl diverser grober Verfehlungen" – unter anderem der Spende an die Klitschko-Stiftung – hatte ihn der Aufsichtsrat damals fristlos entlassen. Zum Auftakt des Prozesses sagten die Beteiligten zu, eine gütliche Einigung zu prüfen.
Schmitz erhebt nun Vorwürfe gegen die EWE. „Da hat man versucht, jemanden um jeden Preis loszuwerden“, sagt der Anwalt zum Fall seines Mandanten. Die Kündigung sei völlig haltlos. Der Vertrag habe erfüllt werden müssen. Vielleicht sei Brückmann dem Konzern zu unbequem gewesen. Inakzeptabel sei die Ungleichbehandlung des Konzerns. Der Vertrag des Vorstands Michael Heidkamp, der von der Spende an die Stiftung gewusst habe, sei jüngst verlängert worden. „Das erscheint uns eine vollkommen willkürliche Verhaltensweise.“
Schmitz kritisierte zudem, dass offensichtlich von der Gegenseite aus Details aus den Vergleichsgesprächen an die Öffentlichkeit gerieten und berechtigte Ansprüche als Forderungen dargestellt wurden: „Herr Brückmann soll durch diese Fehlinformationen diskreditiert werden. Das ist ein Muster der Irreführung, das sich wiederholt.“ Ein nahes Ende der Streits ist nicht in Sicht, selbst wenn es am Donnerstag zu einem Urteil kommt. Es ist zu erwarten, dass die unterlegene Seite in Berufung geht.