Seit August gilt vom Bund der Rechtsanspruch auf eine Ausbildung. Das bedeutet: In Regionen, in denen es zu wenig Ausbildungsplätze gibt, sorgt der Bund für weitere Plätze, die aber nicht in einem Betrieb stattfinden. Das Bundesland Bremen gehört dazu, wie die Vorsitzende der Bundesarbeitsagentur Andrea Nahles (SPD) bei einem Journalistentreffen am Mittwoch in Nürnberg mitgeteilt hat. Was das konkret für Bremen bedeutet, und vor welchen Herausforderungen Deutschlands größte Behörde insgesamt steht:
In wie vielen Regionen sollen zusätzliche Ausbildungsplätze außerhalb von Unternehmen geschaffen werden?
Nahles hat 19 Regionen angeben: „Bremen und Bremerhaven gehören mit dazu.“ Schon jetzt beim Blick nach Bremerhaven zeigt sich: Dort sind derzeit weniger unbesetzte Ausbildungsplätze verfügbar, als es noch unversorgte Bewerber gibt. Doch vom neuen Bundesgesetz her reicht das nicht aus, um zusätzliche Plätze zu schaffen.
Um wie viele Ausbildungsplätze geht es?
Die Bremer Arbeitnehmerkammer nennt als Zahl 30 Plätze und kommentiert dies mit den Worten, dass das kleinste Bundesland dabei noch gut wegkomme – in anderen Regionen seien es weniger Plätze. Bundesweit sollen es wohl 3000 zusätzlich geschaffene Ausbildungsplätze sein. Jedoch sagt die Arbeitsmarktreferentin der Bremer Arbeitnehmerkammer, Marie-Luise Assmann: "Das Gesetz spricht von einer 'Ausbildungsgarantie'. Das weckt falsche Erwartungen – der Begriff ist irreführend."
Warum sind es nicht mehr als 30 Plätze?
Das neue Gesetz stellt mehrere Bedingungen und diese Hürden sind alles andere als niedrig. Zunächst muss ein junger Mensch den Status „förderungsberechtigt“ erhalten. Dafür muss er belegen, dass er das Angebot der Berufsberatung wahrgenommen hat. Außerdem muss er nachweisen, dass er sich auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz aktiv beworben hat.
Handelt es sich um vollwertige Ausbildungsplätze?
Wenn es nach dem Gesetzgeber geht, ja. Statt in einem Betrieb zu arbeiten sind die jungen Menschen dann bei einem Bildungsträger untergebracht und schließen ihre Ausbildung hier ab. Bei der Suche nach den Bildungsträgern, die das umsetzen, unterstützen bundesweit die Arbeitsagenturen. Interessierte wenden sich in Bremen an die Ausbildungsgesellschaft Bremen und in Bremerhaven an „Ausbildung plus“.
Wie profitieren alle Azubis vom neuen Aus- und Weiterbildungsgesetz?
Wer für seine Ausbildung an einen anderen Ort zieht, kann einen Mobilitätszuschuss beantragen. Für Hin- und Rückfahrt vom bisherigen Wohnort wäre eine Fahrzeit von insgesamt zwei Stunden und mehr notwendig. Das macht den Umzug notwendig. Im ersten Lehrjahr erhalten die Azubis dann pro Monat zwei Familienfahrten finanziert. Auf diese Weise will der Gesetzgeber einen Anreiz schaffen, für eine Ausbildung umzuziehen.
Braucht es im Bundesland Bremen noch die geplante Ausbildungsabgabe angesichts dieser bundesweiten Ausbildungsgarantie?
Die Bremer Arbeitnehmerkammer sagt auf alle Fälle ja: „Ja, denn die außerbetriebliche Ausbildung ist nur die zweitbeste Lösung. Es muss darum gehen, die betriebliche Ausbildung für alle jungen Menschen zu öffnen. Hier setzt der Ausbildungsunterstützungsfonds an: Er schafft finanziellen Ausgleich für ausbildende Betriebe und Unterstützungsangebote für Betriebe und Auszubildende während der Ausbildung“, ergänzt Marie-Luise Assmann von der Arbeitnehmerkammer. Bei der Handelskammer und der Handwerkskammer steht die Frage im Raum, inwiefern juristisch gesehen die bundesweite Ausbildungsgarantie als Argument gegen die geplante Ausbildungsabgabe dienen könnte.
Wie steht es aktuell um die geplante Ausbildungsabgabe?
Die Bremer Handelskammer und die Bremer Handwerkskammer haben gegen den geplanten Fonds geklagt. Die Klage liegt beim Bremer Staatsgerichtshof. Momentan sieht es nicht danach aus, dass der noch in diesem Jahr zu einem Urteil kommen wird.
Was sagt Andrea Nahles als Chefin der Bundesarbeitsagentur zu Bremens geplanter Ausbildungsabgabe?
Am Donnerstag beim Journalistentreffen in Nürnberg äußerte sie sich sehr verhalten: „Schauen wir mal in einem Jahr, was daraus geworden ist, da es ja durchaus auch bundesweit Thema ist.“ Mehr wollte sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht dazu sagen. Hier setzt aber auch die Klage von Handelskammer und Handwerkskammer an: Hat Bremen als Bundesland mit der Ausbildungsabgabe seine Gesetzkompetenzen überschritten, weil die eigentlich in den Händen des Bundes liegt?
Den Arbeitsagenturen selbst steht eine Palette an „Maßnahmen“ zur Verfügung, um auch lernschwächere junge Menschen in eine Ausbildung zu bringen. Der Bremer Ausbildungsfonds soll solche jungen Menschen noch stärker unterstützen – so der Plan. Erst das Urteil des Staatsgerichtshofs wird die Abgabe auf den Weg bringen oder sie begraben.
Wie steht es um die Finanzen der Bundesagentur für Arbeit?
Es sieht danach aus, dass Deutschlands größte Behörde 2025 mit weniger Mitteln auskommen muss bei gleichzeitig zunehmender Arbeitslosigkeit angesichts der schwächelnden Konjunktur. Angesichts von anzunehmender steigender Arbeitslosigkeit hält Andrea Nahles nichts davon, an den Maßnahmen zu sparen: "Das würde ja womöglich noch mehr Arbeitslosigkeit bedeuten." Allerdings wolle man schon darauf schauen, welche Maßnahmen tatsächlich den erhofften Effekt erzeugen.