Von außen ist wenig zu sehen von der neuen Bank. Am Grand Central Oberneuland geht es vorbei entlang der Gleise Richtung Hamburg. Dort hinter dem Lokschuppen befindet sich die Oddo BHF in einem modernen Geschäftsgebäude. Das verrät ein kleines Logo an einem Fenster. Seit einem Dreivierteljahr hat die Finanzgruppe mit Sitz in Paris, Frankfurt und Zürich auch eine Niederlassung in Bremen.
Wenngleich von hier aus Vermögen in Millionenhöhe verwaltet werden, scheint das Unternehmen bewusst zurückhaltend auftreten zu wollen – und entspricht damit seiner hanseatischen Kundschaft. Um die Klientel sehr Vermögender gibt es in der Stadt durchaus Wettbewerb: Berenberg ist hier mit seinem Wealth Management vertreten, die OLB hält mit Neelmeyer am Geschäft fest. Und von der NordLB wird in Bremen künftig nur noch eine Kundschaft persönlich beraten: Menschen mit viel Geld. Andere Banken haben den Standort derweil nach einem Intermezzo wieder verlassen.
Das hat auch Joachim Häger beobachtet. Vor etwa fünfzehn Jahren seien viele Banken, etwa die UBS, nach Bremen gekommen – und doch wieder gegangen. "Wir kommen an einen Standort, um dort zu bleiben", betont der Vorstand der Oddo BHF deshalb. Vor Ort gebe es einen starken Mittelstand. Die Bank wolle hier nah bei den Familienunternehmern sein, sich in deren Netzwerken bewegen, erklärt der Manager im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Was zudem eine Rolle spielt: Die Bremer wollen vor Ort betreut werden – und nicht von Frankfurt und Hamburg aus.
In Bremen kümmern sich Markus Hoffmann, Kristin Gerlach und Mitja Hartmann um die Kunden. An ihrem Arbeitsplatz über dem Physiotherapiestudio rauschen immer wieder die Züge vorbei. In jedem Raum wachen Stadtmusikantenfiguren. Viel Publikum dürfte jedoch nicht herkommen, um Katze, Esel, Hund und Hahn zu sehen. Der Großteil der Kunden, denen laut Häger in der Regel vor allem Zeit die fehlt, wird von den Finanzexperten besucht: "Unsere Standorte sind das Büro und die Räumlichkeiten unserer Mandanten."
Hoffmann kennt die Kunden gut. Lange Zeit war der Experte zuvor bei Neelmeyer tätig. "Zuhören ist extrem wichtig", sagt er über seine Arbeit. Die Region habe einiges zu bieten, viele Hidden Champions bewegten hier etwas – ohne sich in den Vordergrund zu spielen. "Man sagt nicht umsonst: In Bremen trägt man den Pelz nach innen. Dieses Understatement ist unglaublich schön", findet Hoffmann. Das kleine Team soll noch etwas wachsen. "Wir nehmen uns alle Zeit dafür", so Häger. Schließlich gehe es in diesem Geschäft vor allem um das Gespür für andere Menschen. Es müssten exzellente Berater gefunden werden.
Gibt es in Bremen denn Besonderheiten, auf die Rücksicht genommen werden muss? Häger kennt sich in der Region aus. "Ich schätze die Menschen hier sehr, weil sie klar und direkt sind – und verschwiegen sein können", findet er. Ums Geld werde nicht viel Aufsehen gemacht, sagt der Leiter des Private Wealth Management für Deutschland, die Schweiz und Frankreich. Daneben spielt die Herkunft des Vermögens immer eine Rolle. Daraus ließen sich auch Ziele für die Anlage ableiten: Wenn ein Vermögen etwa über viele Generationen gewachsen sei, gehe es den Familien stärker um die Langfristigkeit und Sicherheit der Kapitalanlage – die Übergabe in die nächste Generation. Anders sei die Strategie von Kunden mit jungem Vermögen, wie sie etwa in Berlin in der Start-up-Szene zu finden seien.
Insgesamt verwaltet und investiert die Oddo BHF ein Vermögen von 128 Milliarden Euro – davon in Deutschland mehr als 50 Milliarden Euro an 17 Standorten. Ab welcher Summe man tätig wird? "In der Regel lohnt sich unsere sehr intensive Beratung ab einem Startvolumen von einer Million Euro", antwortet Häger. Das sei die Orientierungsmarke. „Und dann betreuen wir bis in die Milliardenvermögen hinein.“ Zu den Kunden zählten Family Offices, auch Stiftungen und kirchliche Institutionen.
In Bremen und Niedersachsen gibt es laut Häger bereits eine "richtig gewachsene Klientel". Insgesamt betreue die Bank hierzulande 5000 Familienverbünde, im Nordwesten bisher 150 bis 180 Adressen – und es sollen noch mehr werden.
Doch wie angelt man sich einen Millionär? Wie gewinnt man die Neukunden? Ganz wichtig sei die Weiterempfehlung. Außerdem mache man sich über Einladungen zu Veranstaltungen bekannt. Dabei werde über die Philosophie der Bank gesprochen und nach und nach Vertrauen aufgebaut. Aus Hägers Sicht zeichnet die Oddo BHF dabei ein eigenes Tempo aus. Das Unternehmen sei nicht börsengelistet. "Wir müssen keine Quartalsergebnisse liefern und sind darum nicht in Eile", sagt Häger, der zuvor 25 Jahre für die Deutsche Bank im Einsatz war. Die Eigentümerstruktur der Finanzgruppe, an deren Spitze Philippe Oddo agiert, ist besonders: Der Bankiersfamilie selbst gehören weiterhin 65 Prozent der Anteile. Die Stiftung der Familie hinter L’Oréal hält weitere zehn Prozent. Die Beschäftigten besitzen ein Viertel der Aktien.
Für die Kunden hierzulande könne die enge Beziehung nach Frankreich ein Vorteil sein, sagt Häger. Die Bank könne Unternehmern helfen, dort neue Partner zu finden. Häger: "Wir können natürlich Türen öffnen und vernetzen mit unseren Kollegen in Paris."