Die Handelskammer-Präses Janina Marahrens-Hashagen hat im Rückblick die wirtschaftliche Entwicklung im Lande Bremen als „solide bezeichnet“: Die Wirtschaft sei mit Schwung gestartet, dann hätten sich die Geschäftserwartungen eingetrübt. So sagte es die Unternehmerin am Montag bei der Vorstellung des Statistischen Jahresberichts, in den die Konjunkturumfagen der Bremer Handelskammer aus jedem Quartal einfließen. Bis Jahresende erwartet die Kammer für die bremische Wirtschaft aber ein „deutlich verlangsamtes Wachstum“.
Das führt Marahrens-Hashagen vor allem auf die ins Stocken geratene Weltwirtschaft zurück sowie die außenwirtschaftlichen Risiken, die im Zusammenhang mit der zunehmenden Bedrohung des freien internationalen Warenverkehrs zu sehen sind. Das sei breits in der zweiten Hälfte 2018 zu spüren gewesen. Durch hohe Auftragsbestände und eine starke Binnennachfrage konnten die Unternehmen das kompensieren. Als Ausblick mutmaßte die Präses: „Im Herbst werden wir wohl erleben, welche negativen Auswirkungen der Brexit haben kann.“
Bremens Wirtschaft ist exportabhängig
Würden globale Handelsströme durch Zölle oder andere Barrieren weiter erschwert, „könnte das besonders hart die Bremer Wirtschaft treffen“, so Janina Marahrens-Hashagen. Denn Bremens Wirtschaft ist stark exportabhängig. Im Vergleich der Bundesländer weise Bremen mit Abstand die höchste Exportquote der Industrie auf. Der Anteil der Industriegüter am Auslands-Gesamtumsatz lag laut Handelskammer bei 65 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die Bruttowertschöpfung im Produzierenden Gewerbe – ohne Baugewerbe – um 2,5 Prozent zugelegt. Damit lag das industrielle Wachstum im Land Bremen erneut oberhalb der durchschnittlichen Dynamik aller Wirtschaftszweige (2,1 Prozent).
Das Wachstum sei aber nicht mehr so deutlich gewesen wie in den Jahren zuvor, so Präses Marahrens-Hashagen. Das spiegle sich auch in der Umsatzentwicklung der Industriebetriebe mit 50 Mitarbeitern und mehr wider. Habe das Umsatzplus im Vorjahr noch bei etwa 30 Prozent gelegen, habe es 2018 nur noch einen Zuwachs von 3,8 Prozent gegeben. „Vor allem im Fahrzeugbau, wozu statistisch gesehen neben der Automobilindustrie auch die Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Schiffbau gehören, hat der Umsatz nach dem kräftigen Wachstum der Vorjahre nicht weiter zugelegt“, ergänzte Matthias Fonger, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer. Allerdings müsse in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass sich der von den bremischen Unternehmen erwirtschaftete Gesamtumsatz 2018 aber weiterhin auf sehr hohem Niveau befinde. So liege der Umsatz um mehr als 50 Prozent über dem Niveau von 2014.
Fachkräftemangel belastet Unternehmen
Dass die Unternehmen im kleinsten Bundesland bei den Handelskammer-Umfragen stets betonten, mehr investieren und zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu wollen, sei grundsätzlich positiv zu bewerten, so Fonger. „Der Investitionswille und die Nachfrage nach zusätzlichem Personal sind beides Indikatoren für eine insgesamt stabile wirtschaftliche Situation im Land Bremen. Allerdings werde zu einem echten Wachstumshemmnis für die bremische Wirtschaft zunehmend der Fachkräftemangel. Fonger: „In einigen Bereichen ist der Fachkräftemarkt nahezu leer gefegt.“ Der Fachkräftemangel werde von den Unternehmen in den Konjunkturbefragungen auch weiterhin am häufigsten als eines der größten Geschäftsrisiken benannt. „Uns melden die Unternehmen, dass sie vakante Stellen in vielen Fällen längerfristig nicht adäquat besetzen können, weil sie keine geeigneten und häufig sogar gar keine Bewerbungen erhalten. Und das obwohl Bremen weiterhin das Bundesland mit der höchsten Arbeitslosenquote ist und schlimmer noch: Der Abstand zum Bund vergrößert sich. Vielfach verfestigen fehlende Qualifikationen die Langzeitarbeitslosigkeit.“
Einer der Wachstumsmotoren in der bremischen Wirtschaft sei im vergangenen Jahr das Baugewerbe gewesen, so Fonger. Die Wertschöpfung habe preisbereinigt um 7,4 Prozent zugelegt. Insgesamt habe sich die Zahl der Baufertigstellungen mit einem plus von 13,2 Prozent deutlich erhöht. Allerdings gebe es Anzeichen, dass sich diese Entwicklung in diesem Jahr nicht fortsetze: „Die Zahl der erteilten Baugenehmigungen war hingegen seit mehreren Jahren erstmalig wieder rückläufig, und zwar mit einem Minus von 16,3 Prozent.“
Der Handel konnte im Jahr 2018 nach Angaben der Handelskammer leichte Umsatzzuwächse mit einem Plus von 2,8 Prozent im Einzelhandel und einem Plus von 1,1 Prozent im Großhandel verbuchen. Der Einzelhandel profitierte danach auf Grund des hohen Beschäftigungsstands und steigender Einkommen von anhaltend hohen Konsumausgaben der Verbraucher.
Bremer Häfen verlieren weiterhin Marktanteile
Dass der Seegüterumschlag der bremischen Häfen 2018 mit insgesamt 74,4 Millionen Tonnen in etwa auf dem Niveau des Vorjahres ( plus 0,3 Prozent) lag, bereitet der Handelskammer Sorgen. Der Containerumschlag, gemessen in Standardcontainern, (minus 1,1 Prozent) und auch die Zahl der umgeschlagenen Kraftfahrzeuge (minus 4,1 Prozent) war allerdings etwas geringer als noch im Jahr zuvor. „Denn insgesamt haben die bremischen Häfen, genauso wie Hamburg, im Wettbewerb mit den anderen großen Nordrange-Häfen Rotterdam und Antwerpen erneut Marktanteile verloren.“
Während der Umschlag in den beiden deutschen Häfen konstant bis leicht rückläufig war, konnten die Wettbewerber aus Belgien und den Niederlanden erneut signifikante Zuwächse verzeichnen. „Wir müssen die Rahmenbedingungen für die deutschen Seehäfen insgesamt verbessern“, fordert Fonger. So bestehe beispielsweise dringender Handlungsbedarf bei der Einfuhrumsatzsteuer. Gegenüber anderen EU-Ländern bestünden da klare steuerliche Nachteile. Außerdem müsste noch mehr in die Hinterlandanbindungen investiert werden.
Weiterhin kräftig wuchs ist in Bremerhaven die Kreuzschifffahrt. Gegenüber 2017 gab es einen Zuwachs von knapp 44 Prozent. Damit hat sich die Zahl der Kreuzfahrtpassagiere seit 2014 mehr als verdreifacht.