Nun wird das Bremer Vorhaben, einen Raketenstartplatz in der Nordsee bauen zu wollen, doch noch vom Bund finanziell unterstützt. In der am Mittwoch von der Bundesregierung verabschiedeten Raumfahrtstrategie tauchte das Projekt nicht auf. Dafür gab es Kritik aus Bremen. Nun will der Bund für den Bau der Raketenabschussrampe nun aber doch zwei Millionen Euro bis 2025 zur Verfügung stellen, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der FDP-Bundestagsabgeordneten Volker Redder und Frank Schäffler.
Der Raketenstartplatz ist für sogenannte Microlauncher vorgesehen, die Kleinsatelliten auf Erdumlaufbahnen transportieren können. Die Abschussrampe soll auf einem dafür umgebauten Schiff stehen. Sie soll in der Nordsee Starts etwa 460 Kilometer entfernt von der Küste ermöglichen. Bremerhaven soll der Standort für den Spaceport werden.
An dem Projekt wird bereits seit vier Jahren gearbeitet. Das Bremer Konsortium besteht aus dem Raumfahrtindustrieunternehmen OHB, der Reedereigruppe Harren & Partner, Media Mobil Communication, die Tractebel DOC Offshore GmbH, BLG Logistics und dem Versicherer Lampe & Schwartze. Das Konsortium nennt sich German Offshore Spaceport Alliance (Gosa)
Wie groß der Transportbedarf für Kleinsatelliten ist
Das Engagement von Gosa kommt nicht von ungefähr. Dem Markt für Kleinsatelliten werden enorme Wachstumspotenziale vorausgesagt. Laut der Unternehmensberatung Euroconsult werden allein bis 2028 weltweit etwa 10.000 Satelliten ins All befördert – 90 Prozent davon sind Kleinsatelliten. Das seien viermal mehr Satelliten als sie im vergangenen Jahrzehnt in den Orbit geschossen wurden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) geht in seiner Prognose noch weiter: Der Bedarf an Mini-Raketen wird allein bis 2030 würden weltweit knapp 15.200 Satelliten ins All befördert. 90 Prozent dieser Satelliten seien Kleinsatelliten.
Bereits vier europäische Raketenhersteller haben in der Vergangenheit ihre Absicht bekräftigt, mit Gosa zusammenzuarbeiten und die Möglichkeit von Starts vom geplanten Spaceport in der Nordsee intensiv zu untersuchen. Bei den Unternehmen handelt es sich um das britische Raumfahrtunternehmen Skyrora, die niederländische Firma T-Minus, sowie die beiden deutschen Unternehmen Hy-Impulse aus Neuenstadt am Kocher und Rocket Factory Augsburg - Tochterunternehmen des Bremer Technologie- und Raumfahrtkonzerns OHB.
Warum die Förderung überraschend kommt
In den vergangenen Monaten hatte Anna Christmann (Grüne), die Luft- und Raumfahrtkoordinatorin der Bundesregierung, mehrfach Bedenken gegen den geplanten Weltraumbahnhof in der Nordsee geäußert: Es sei nicht entscheidend, dass die Startplätze in Deutschland seien, es könnte auch ein anderes europäisches Land sein. Es gebe Standorte wie Schweden und Norwegen. Außerdem führte die Luft- und Raumfahrtkoordinatorin Umweltbedenken für das Projekt in der Nordsee an. Dass das Projekt nicht in der neuen Raumfahrtstrategie der Bundesregierung aufgenommen wurde, hatten Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) und Bremens Landesraumfahrtkoordinator Siegfried Monser kritisiert.
Laut FDP-Mitteilung hatte sich umgehend FDP-Haushaltspolitiker Schäffler federführend für das Projekt eingesetzt. "Wir schließen so an Hochtechnologieländer wie den USA, Südkorea oder Israel an", so der Bundestagsabgeordnete. Für seine Bremer Parteikollegen Redder, der sich im Vorfeld für das Vorhaben eingesetzt habe, werde mit den zwei Millionen innovative Technologie made in Bremen gefördert. „Microlauncher sind eine absolute Zukunftstechnologie und werden weitere Innovationen ermöglichen. Gleichzeitig stärkt das Vorhaben die strategische Autonomie Deutschlands und der EU."
Warum die Förderung mehr als zwei Millionen Euro wert ist
"Die Entscheidung des Haushaltsausschusses zur Förderung von Startmöglichkeiten für kleine Trägerraketen von Schiffen ist wirklich ein starkes Signal für den Offshore-Spaceport", sagte OHB-Vorstand Sabine von der Recke auf Nachfrage. Das ganze Team habe sich riesig gefreut, "und wir sehen es auch als klares Zeichen, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Wir haben bereits viel Arbeit und auch eigenes Investment in das Projekt gesteckt und sind auf dem besten Weg zu unserem ersten Teststart."
"Zwei Millionen hört sich vielleicht nicht viel an, aber das wichtige daran ist, dass nun ein Titel im Haushalt steht, was viel besser ist als eine Strategie, weil konkret mit Mitteln hinterlegt", so Landesraumfahrtkoordinator Monser. Darüber hinaus belege ein verabschiedeter Haushaltstitel, dass die Bundesregierung insgesamt hinter dem Vorhaben stehe.
Mit einer Startplattform in der Nordsee sind nach früheren Angaben der Gosa bis zu 25 Starts pro Jahr möglich. Das Investitionsvolumen bis zum Erststart würde bei etwa 27 Millionen Euro liegen.