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Corona und der Warentransport Lieferengpässe sind nicht ausgeschlossen

Omikron verschärft den Mangel an Lkw-Fahrern. Verbände schließen deshalb Lieferengpässe nicht aus. Der Lebensmittelhandel sieht aber derzeit keinen Grund für Bevorratungseinkäufe.
24.01.2022, 17:22 Uhr
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Lieferengpässe sind nicht ausgeschlossen
Von Peter Hanuschke

Der Verkehr auf der Straße wird vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als kritische Infrastruktur eingeordnet. Funktioniert der Transport von Waren nicht, dann ist davon die Gesellschaft insgesamt betroffen. Noch gebe es keine Lieferengpässe, aber der Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) schließt bei zunehmenden Corona-Ausfällen von Lkw-Fahrern Versorgungslücken nicht aus. Aktuell verschärfe sich der Fahrermangel, sagt der Verein Bremer Spediteure. Einen Grund für Bevorratungseinkäufe sehen Lebensmittelhändler wie Rewe aber nicht.

"Die Situation ist sehr angespannt, weil uns immer mehr Fahrer fehlen", sagte der BGL-Vorstandsprecher Dirk Engelhardt der Nachrichtenagentur Reuters. "Der Krankenstand ist wegen Corona deutlich erhöht." Die Situation sei derzeit mit einer sehr großen Grippewelle vergleichbar, sagte Robert Völkl, Geschäftsführer des Vereins Bremer Spediteure, auf Nachfrage des WESER-KURIER. "Und wenn nach Ansicht der Virologen die Corona-Infektionszahlen Mitte Februar ihren Höhepunkt erreichen und vielleicht mehrere Hundert neue Fälle täglich zu verzeichnen sind, wird sich der Mangel gewiss auch in den Lieferketten bemerkbar machen."

Kein Grund zur Sorge

Nach Ansicht von Rewe gibt es derzeit keinen Grund zur Sorge: "Die Lieferketten sind stabil, die Warenversorgung ist gesichert, die Läger sind gut gefüllt", so Sprecher Thomas Bonrath auf Nachfrage. "Sollte es zeitweise ein Produkt nicht geben, stehen in aller Regel Alternativartikel zur Verfügung." Ähnlich sehen das auch Aldi und Edeka.

"Derzeit scheint es noch so, dass so gut wie alles, was gefahren werden muss, abgefahren werden kann", so Völkl. Eklatante Engpässe in der Versorgung der Industrie und des Handels aufgrund eines Fahrermangels seien noch nicht erkennbar. "Das kann sich in zwei Wochen aber anders darstellen."

Natürlich werde die momentane Entwicklung der Inzidenzzahlen auch von den Einzelhandelsbetrieben mit einer gewissen Sorge betrachtet, so Mark Alexander Krack, Hauptgeschäftsführer vom Handelsverband Niedersachsen-Bremen. "Denn es ist schließlich nicht auszuschließen, dass sich eine geringere Einsatzfähigkeit von Lkw-Fahrern und -Fahrerinnen aufgrund von Corona-Fällen auch hinsichtlich der Logistikketten bemerkbar zu machen droht." Allerdings seien bislang – auch angesichts von Vertretungsplänen oder der Aktivierung von Einsatzreserven – noch nicht in signifikantem Ausmaß derlei Problemfälle als flächendeckendes Phänomen zu verzeichnen.

Höherer Krankenstand

Der Krankenstand liege derzeit um etwa fünf bis zehn Prozentpunkte höher im Vergleich zu dieser Jahreszeit in Vorkrisenzeiten, so Engelhardt.
Noch seien die Lieferketten stabil, "leere Regale drohen noch nicht. Aber wenn die Infektionszahlen weiter so durch die Decke gehen, sind sie gefährdet."

"Die Entwicklungen durch die Omikron-Variante verfolgen wir sehr genau", sagte ein Sprecher von Aldi Nord auf Nachfrage. Die Warenverfügbarkeit in den Aldi-Märkten sei sichergestellt – "nicht zuletzt auch, weil wir die Nachfrageentwicklungen sehr genau verfolgen, den Lagerbestand bei wichtigen Artikeln erhöht haben und in engem Austausch mit unseren Lieferanten und Logistikpartnern stehen." Die Maßnahmen in den Bereichen Personal und Logistik würden fortlaufend überprüft und man werde sie wenn nötig auch im Hinblick auf die weitere Infektionswelle der Omikron-Variante weiter anpassen. Bei Edeka Minden-Hannover werde vor allem auf ein umfassendes Impfangebot und Testzentren insbesondere an den Logistik- und Produktionsstandorten sowie an den großen Verwaltungsstandorten gesetzt, so die Unternehmenssprecherin der Regionalgesellschaft.

"In enger Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten können wir eine ausreichende Versorgung mit allen Produkten des täglichen Bedarfs sicherstellen und blicken auf eine stabile Versorgungslage", so die Edeka-Sprecherin und verweist bei fehlenden Produkten eines Herstellers auf Alternativartikel etwa durch Eigenmarken. "Was wir inzwischen beobachten, sind Lieferverzögerungen beispielsweise bei Non-Food-Produkten, die aus Übersee importiert werden müssen." Lieferverzögerungen könnten an einigen Stellen auch durch die derzeit laufenden Preisverhandlungen mit verschiedenen Herstellern und damit verbundenen gelegentlichen Unterbrechungen der Lieferbeziehungen auftreten.

Mangel an Lkw-Fahrern

Dass steigende Infektionszahlen und damit auch verbundene Quarantäne im Transportwesen schneller negative Folgen als eventuell in anderen Bereichen haben kann, dafür gibt es aus Sicht der Branchenvertreter einen einfachen Grund: "Wir haben schon heute in Deutschland einen eklatanten Mangel an Lkw-Fahrern", so Völkl. "Schätzungen zufolge fehlen 80.000 Fahrer." 

Laut BGL gehen jährlich 30.000 bis 35.000 Lkw-Fahrer in den Ruhestand. Es kämen aber nur 15.000 bis 20.000 nach, so Engelhardt. Zusammen mit Industrie, Lebensmittelhändlern, Politik und anderen Akteuren müsse man sich nach Corona zusammensetzen und nach Lösungen suchen. "Generell muss die Gesellschaft den Lkw-Fahrern und -fahrerinnen deutlich mehr Wertschätzung entgegenbringen und die Transportbranche die Rahmenbedingungen für die Fahrer weiter verbessern", so Völkl. Das werde sich auf die Transportpreise auswirken. "Aber anderenfalls können Versorgungsengpässe in der Zukunft nicht mehr ausgeschlossen werden, erst recht nicht in Zeiten kritischer epidemischer Lagen."

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Zur Sache

Um mögliche Engpässe bei der Warenversorgung durch die Omikron-Welle zu vermeiden, spricht sich der Handelsverband Deutschland (HDE) für eine Aussetzung von Lieferbeschränkungen aus. So sollten nach Ansicht des HDE das Verbot von nächtlichen Lieferungen in Innenstädten und das Sonntagsfahrverbot für Lkw vorübergehend aufgehoben werden. „Die nächtlichen Einfahrverbote für Lkw in viele Städte stehen einer Belieferung der Filialen des Handels entgegen“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Daher sollten diese nächtlichen Anlieferbeschränkungen aufgehoben werden, zumindest solange eine angespannte Lage in den Lieferketten bestehe.

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