In der Innenstadt sind wieder deutlich mehr Menschen unterwegs als in den vergangenen Jahren. In der zweiten Adventswoche strömten rund 512.000 Menschen durch die Fußgängerzone – ein Plus gegenüber dem Vorjahreszeitraum von fast 200.000 Besuchern. Die Frequenz stieg auch im Vergleich mit dem Jahr vor Corona um 66.000 Passanten. Das zeigen Erhebungen der Bremer City-Initiative. "Wir sind auf einem guten Weg der Erholung", kommentiert der Vorsitzende Jens Ristedt. Die höhere Frequenz sei Voraussetzung für eine gute Umsatzentwicklung.
Die Adventszeit ist für den Einzelhandel besonders wichtig: "Die Städte sind voll. Das ist auch gut für die Stimmung und die Gemeinschaft", sagt der Inhaber eines Modehauses. Einige suchten beim Innenstadtbummel und Weihnachtsmarktbesuch Ablenkung. Die Zeiten seien nicht einfach. "Natürlich sind die Menschen vorsichtig", sagt Ristedt. "Sorgen treiben sie um." Dennoch kauften die Besucher im Zentrum Geschenke und Bekleidung ein.
"Die Frequenzen haben sich wirklich positiv entwickelt", berichtet auch die Leiterin der Bremer Peek & Cloppenburg-Filiale, Kristina Steinmüller. Nach zwei Jahren unter besonderen Bedingungen genössen die Kunden wieder den Einkauf in der Innenstadt mit seiner besonderen Atmosphäre, die auch vom Weihnachtsmarkt bestimmt sei. "Die aktuellen Temperaturen fördern insbesondere die Nachfrage nach Jacken und Strickartikeln, sodass wir weiter positiv auf den Verlauf des Weihnachtsgeschäftes blicken."
Handel profitiert nicht durchgehend
Bisher hat sich das Geschäft der Händler nicht im gleichen Maße erholt wie die Besucherzahlen. „Vor allem der letzte Samstag war von der Frequenz her so stark, wie ich es in meiner Laufbahn bisher selten erlebt habe“, berichtet zwar auch Stefan Brockmann, Vize-Präses der Handelskammer Bremen und dort Vorsitzender des Ausschusses Einzelhandel. Allerdings: In den Einzelhandelsumsätzen schlage es sich bislang noch nicht nieder, dass es in den vergangenen Tagen viele Menschen in die Innenstadt gezogen habe. „Die Kassen platzen noch nicht“, sagt Brockmann. Seiner Ansicht nach fehlt den Konsumenten derzeit noch das Vertrauen, die Energiekrise gut zu überstehen. „Solange diese Ängste noch da sind, sind wir auch für das kommende Jahr verhalten optimistisch.“
Kaufzurückhaltung stellt auch Fachmann Jens Krüger fest. Als Chef des Bremer Unternehmens Bonsai beschäftigt er sich mit dem Einkaufsverhalten der Bevölkerung. "Die Leute haben weniger im Portemonnaie und sind sehr verunsichert", sagt Krüger. Angesichts der Energiekrise und der Inflation sei der Rückgang der Umsätze nicht überraschend. Zu einem kompletten Konsumverzicht führt die Unsicherheit nach seiner Einschätzung nicht: "Die Menschen kaufen weiter ein, sie kaufen nur weniger. Es werden Prioritäten gesetzt." Auf größere Anschaffungen, sagt Krüger, werde momentan oft verzichtet. Selbst im Onlinehandel sei weniger Nachfrage zu spüren: "Die stöhnen auch alle." Einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt mit Glühwein und Bratwurst gönnten sich viele Bürger: "Die Menschen wollen nach den Jahren mit Corona wieder in Gemeinschaft sein und ihre Freunde treffen."
Das Konsumbarometer des Handelsverbandes Deutschland zeigt im Dezember eine Verbesserung der Verbraucherstimmung – jedoch im Mehrjahresvergleich auf niedrigem Niveau. Immerhin: "Vor der Weihnachtszeit lässt die Konsumzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher etwas nach."
Steigende Besucherzahlen im Advent spürt auch das Einkaufszentrum Dodenhof. "Auch das Geschenke-Shopping hat nach einem verhaltenen Start nun deutlich angezogen", sagt Sprecherin Michaela Strube. Das sei beispielsweise auch bei den Umsätzen in der Mode zur spüren. "Wir stellen fest, dass in diesem Jahr neben Beauty- und Technikartikeln auch viel Mode unterm Tannenbaum liegen soll." Im Einkaufszentrum mit seinem Weihnachtsmarkt spiele das Zusammenkommen mit Familie und Freunden ebenfalls eine Rolle.
Stefan Brockmann, selbst Inhaber eines Möbelgeschäfts, spricht von Hoffnungsschimmern. „Wenn die Menschen in den Einkaufsstraßen sind, dann kommen sie irgendwann auch in die Geschäfte.“ Er sieht neben den Einzelhändlern auch den Senat in der Pflicht: Im Sommer sei durch die Aktionen in der Innenstadt „ein zartes Pflänzchen“ gesetzt worden, nun müsse weiter an den Hausaufgaben gearbeitet werden.