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Landesrechnungshof Bei Radio Bremen wird es finanziell noch enger

Weitere Sparanstrengungen schlägt der Landesrechnungshof Radio Bremen vor, um die finanzielle Situation zu verbessern. Ein höherer Rundfunkbeitrag hätte kaum Effekte für den ARD-Sender.
22.11.2023, 16:38 Uhr
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Bei Radio Bremen wird es finanziell noch enger
Von Peter Hanuschke

Der kleinsten Landesrundfunkanstalt im ARD-Verbund ging es schon immer finanziell schlecht, aber die Situation bei Radio Bremen hat sich noch verschlimmert: Allein die sogenannte Deckungsstocklücke bei den Altersversorgungsverpflichtungen des öffentlich-rechtlichen Senders hat sich zwischen 2017 und 2021 auf etwa 50 Millionen Euro verdoppelt. Das geht aus dem Bericht des Landesrechnungshofs der Stadt Bremen hervor, der an diesem Mittwoch vorgestellt wurde. Der Sender solle weiter sparen, forderte der Rechnungshof darin.

Dem Bericht zufolge würde selbst eine angenommene Erhöhung des Rundfunkbeitrags für Radio Bremen nicht den großen finanziellen Wurf bedeuten. Denn in Bremen gebe es verhältnismäßig viele Menschen, die beitragsbefreit seien. Unterdessen warnt der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) die Länder vor einer Festlegung auf einen gleichbleibenden Rundfunkbeitrag. Hintergrund sind Äußerungen mehrerer Landespolitiker, die eine Erhöhung ab 2025 weiter strikt ablehnen, obwohl die zuständige unabhängige Expertenkommission vorläufig ein Plus von 58 Cent auf dann 18,94 Euro im Monat errechnet hat. Der DJV appellierte an die Landesregierungen, ihrer Verantwortung für den Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht zu werden.

Wie kommt Radio Bremen zu Überschüssen?

Laut dem Rechnungshof wiesen die Jahresergebnisse von Radio Bremen zwar in den Jahren 2017, 2018, 2021 und 2022 einen Überschuss aus, der sei aber zum größten Teil nur durch Einmaleffekte erzielt worden und nicht aus dem laufenden Geschäftsbetrieb heraus, heißt es in dem Bericht. In 2017 sei dafür beispielsweise die Erhöhung der Finanzausgleichsmasse aus dem ARD-Gesamttopf von einem auf 1,6 Prozent verantwortlich gewesen.

Der Rechnungshof sieht mehrere, gleichzeitig einzuschlagende Lösungswege, um die finanzielle Situation zu verbessern: Vornehmlich müsse sich Radio Bremen aber zunächst "an die eigene Nase fassen und weitere Sparanstrengungen unternehmen", sagte Bettina Sokol, Präsidentin des Rechnungshofes. Gerügt hat der Rechnungshof auch Aufwandsentschädigungen und Versorgungsvereinbarungen des Anstaltsdirektoriums.

Kritisiert hat der Landesrechnungshof, der über Radio Bremen zuletzt 2013 einen Bericht geschrieben hatte, unter anderem die Regelung für die Überbrückungsbezüge vor Renteneintritt, die der Sender nach Maßgabe individuell geschlossener Versorgungsverträge für die Intendantin, den Programmdirektor und die Direktorin für Unternehmensentwicklung gewährt. Wie unverhältnismäßig diese Regelung ist, wird besonders an einem Fall deutlich - nach Auskunft von Radio Bremen gegenüber dem Landesrechnungshof auch dem einzigen: Demnach wurden einer Person im Zeitraum vom 1. September 2011 bis 30. September 2022 knapp 900.000 Euro Überbrückungsbezüge gezahlt. "Dies sind etwas mehr als 81.000 Euro pro Jahr, ohne dass hierfür eine Gegenleistung hätte erbracht werden müssen", schreiben die Autoren im Bericht des Landesrechnungshofs. Eingestellt worden sei die Zahlung, weil die Person nach Angaben des Senders wieder tarifvertraglich bei der Anstalt beschäftigt sei.

Wie hoch sind Überbrückungsbezüge sonst bis zum Renteneintritt?

Der Landesrechnungshof erinnerte in diesem Zusammenhang an die Ausführungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KWF): Demnach müssen sich Rundfunkanstalten bei der Bemessung solcher Leistungen den öffentlichen Bereich als Vergleichsmaßstab heranziehen, weil sie als beitragsfinanzierte Anstalten selbst diesem Sektor zuzuordnen sind. Es könne nicht sein  - im Unterschied zu privaten Unternehmen -, Vergütungsleistungen in beliebiger Höhe zu gewähren ohne Rücksichtnahme auf die Regelungen im öffentlichen Dienst. Ehemalige Mitglieder des Bremer Senats würden beispielsweise nach Ausscheiden aus dem Senat Übergangsgelder für höchstens zwei Jahre erhalten, so der Landesrechnungshof. 

Dieser Fall sei aber inzwischen Schnee von gestern, so Bettina Sokol. Darüber hinaus sei Radio Bremen offenbar der Aufforderung nachgekommen, solche Vereinbarungen künftig zu unterlassen. Der Sender habe dem Rechnungshof mitgeteilt, "künftige Verträge der Direktoriumsmitglieder würden keine Überbrückungsgelder mehr vorsehen." Das gelte bereits für den neuen Vertrag der im September wiedergewählten Intendantin Yvette Gerner.

Was die Deckungsstocklücke angeht, machte der Rechnungshof dem Sender den Vorschlag, die aus dem Deckungsstockvermögen gewonnen Zinsen nicht mehr dem Betriebshaushalt - 2020 waren das rund 3,5 Millionen Euro, 2021 etwa 1,2 Millionen Euro -, sondern dem Vermögen zuzuführen. Dazu sagte Radio Bremen auf Nachfrage des WESER-KURIER: Das sei nachvollziehbar, jedoch solange die KEF diese Zuführung nicht als Finanzbedarf anerkenne, müsse der Sender die entsprechenden Mittel für die Finanzierung der programmlichen Aufgaben verwenden.

Wie wird der Rundfunkbeitrag auf die Sender verteilt?

Die Verteilung der vereinnahmten Rundfunkbeiträge richtet sich nicht nach dem jeweiligen Finanzbedarf der Sendeanstalten, sondern orientiert sich laut dem Rundfunkbeitragsstaatsvertag allein am tatsächlichen Beitragsaufkommen im jeweiligen Versorgungsbereich. 2021 lagen die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag bei etwa 8,3 Milliarden Euro. 71 Prozent davon gingen in den  ARD-Topf der neun Landesrundfunkanstalten, also etwa 5,9 Milliarden Euro. Davon erhielt Radio Bremen mit rund 45 Millionen 0,8 Prozent des ARD-Anteils. Ursache sei dafür die verhältnismäßig geringe Anzahl von beitragspflichtigen natürlichen sowie juristischen Person im Land Bremen, so der Landesrechnungshof. Im Vorteil seien zudem größere Anstalten, die zumeist Überschüsse erwirtschafteten. Denn diese Überschüsse wirkten bedarfsmindernd auf den gesamten ARD-Topf, der erst dann auf alle Sendeanstalten verteilt werde.

Da müsse die Politik nachbessern, so der Landesrechnungshof. Radio Bremen versteht diese Feststellungen nach eigener Aussage als Unterstützung für die Bemühungen um eine ausreichende Finanzierung, "auch wenn wir weiterhin um Sparsamkeit und Kooperationen in der ARD bemüht sind", so eine Sprecherin des Senders.

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