"Wenn Reinigungskräfte von einem auf den anderen Tag alles stehen und liegen lassen, würde vieles zusammenbrechen", sagt Arne Söffge, Geschäftsleiter einer Bremer Reinigungsfirma. Die Gesellschaft ist angewiesen auf saubere Krankenhausbetten und Kindergärten, auf gereinigte Schreibtische und Toiletten – und doch begegnet Reinigungsteams im Alltag Geringschätzung.
"Putzen kann jeder", sagt Nils Bogdol, regionaler Innungsmeister des Reinigungshandwerks. Möglicherweise werde der Job deswegen abgewertet. Dass man als professionelle Reinigungskraft mit hohem Know-how auf großen, oft stark verschmutzten Flächen klarkommen müsse, und eben nicht wie zu Hause ein wenig vor sich hinputze, werde gern vergessen. Jobs in der Reinigung gibt es viele: Mit rund 70 000 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ist die Branche laut der Bundesinnung das beschäftigungsstärkste Handwerk in Deutschland.
Mit dem Nachwuchs aber hakt es. Das Unternehmen Söffge etwa musste im Bremer Umland schon Reinigungsaufträge ablehnen, weil das Personal fehlte. Wo früher auf eine Stelle zehn Bewerbungen kamen, müsse man heute Jobinteressenten eigentlich schon beim ersten Telefonat einstellen, erklärt der Geschäftsführer. Bei Söffge überlegt eine Projektgruppe nun, wie man die Stellen wieder attraktiver für Bewerber machen könnte. Begrüßungsgeschenke oder geänderte Arbeitszeiten?
Die Ray Group, das Reinigungsunternehmen von Nils Bogdol, verfolgt einen anderen Ansatz. Vier bis fünf Reinigungsroboter unterstützen das Reinigungspersonal bei der Arbeit. Es wird experimentiert - mit unterschiedlichen Größen und unterschiedlichen Herstellern. Die Technik verdränge nicht die menschliche Arbeitskraft – aber ergänze diese, sagt der Geschäftsführer. "Unsere Mitarbeiter empfinden das als angenehm, weil sie von einigen Leistungsbereichen in der Fläche entlastet werden. Und nicht mehr so schwer arbeiten müssen." Das Saugen und Wischen auf langen Fluren und Industrieflächen übernehmen dann die Automaten, das Kehren unter Regalen und in Randbereichen der Mensch.
Ohne menschliche Begleitung stößt der Roboter ohnehin schnell an seine Grenzen. "Bürogebäude haben Brandschutztüren oder einen Fahrstuhl. Wie kommt das arme Gerät vom ersten Stock in den zweiten? Wie kommt es durch die Brandschutztür?," fragt Nils Bogdol. "Und den Mülleimer, den Frau Müller immer woanders hinstellt, findet der Roboter nicht immer".
Zumindest für Hindernisse wie Türen und Fahrstühle wäre eine intelligente Vernetzung von Bürogebäuden und von Roboter und hauseigenem WLAN eine Lösung. Ganz so weit ist Deutschland noch nicht, dazu kommen kurze Akkulaufzeiten und hohe Anschaffungskosten für die Reinigungsroboter. "Es dauert noch eine ganze Weile, bis die Robotik sich auf dem Markt etabliert hat", lautet deshalb auch das Fazit des Landesinnungsmeisters. "Aber man ist da auf dem Weg."
Bei fehlender Wertschätzung kann allerdings auch die Technik nichts ausrichten. Auch mal ein freundliches Wort für die Reinigungskraft wünschen sich deshalb Branchenvertreter. In den nächsten Jahren könnten sich die Arbeitszeiten für Reinigungsteams ohnehin ändern: Vom unsichtbaren Reinigen in den frühen Morgen- und Abendstunden hin zum tagesbegleitenden Säubern. "Die Reinigungskraft ist nicht mehr fleißiger Mensch im Hintergrund, sondern auch mal im Kontakt zum Kunden, " sagt Arne Söffge. Und mit zunehmender Sichtbarkeit könnte auch die Wertschätzung kommen.