Den Solarstrom vom Dach mit staatlicher Hilfe zu Geld machen – seit 35 Jahren ist das die Idee hinter der Förderung von Solaranlagen und anderen erneuerbaren Energiequellen. Geht es nach dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU), soll damit bald Schluss sein. Auf seinem Verbandstag diese Woche in Berlin forderte der Stadtwerke-Verbund, dass Solaranlagen auf dem Dach des Eigenheims keine staatliche Förderung mehr erhalten sollen. Der Vorschlag beträfe Millionen von Hausbesitzern, die sich eine PV-Anlage anschaffen wollen.
Welche Rolle spielen erneuerbare Energien in den Koalitionsverhandlungen?
Wer den Strom seiner Solaranlage auf dem Dach nicht selbst verbraucht, kann ihn nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ins Stromnetz einspeisen. Für eine kleine Anlage mit einer Spitzenleistung von bis zu zehn Kilowatt, die im ersten Halbjahr 2025 installiert wird, gibt es 7,94 Cent pro Kilowattstunde – und das 20 Jahre lang. In Berlin verhandeln die potenziellen Regierungspartner CDU/CSU und SPD derzeit über einen Koalitionsvertrag, in dem es auch um die Zukunft des EEG geht. Die Union hatte sich im Wahlkampf für ein Auslaufen der Vergütungen ausgesprochen. Die SPD hat sich dazu in ihrem Wahlprogramm nicht klar positioniert.
Was fordert der Stadtwerke-Verband?
In einem Positionspapier, das der VKU zu seiner Verbandstagung diese Woche in Berlin veröffentlicht hat, wird jetzt ein „Neustart für die Energiewende“ gefordert. Die Politik müsse sich mit ihren Maßnahmen mehr als bisher an der Kosteneffizienz orientieren, sonst sei die Energiewende nicht zu bezahlen. Der Verband fordert in dem Papier unter anderem eine Kürzung der Ausbauziele für Offshore-Windparks. Der Verband vertritt vor allem Stadtwerke, die viele Menschen mit Strom und Wärme versorgen, und gilt als aufgeschlossen gegenüber erneuerbaren Energien.
Warum sollen Solaranlagen nicht mehr gefördert werden?
Durch den starken Ausbau der Solarenergie in den vergangenen Jahren drängt an einem sonnigen Tag um die Mittagszeit mitunter mehr Strom in die Leitungen, als an anderer Stelle verbraucht wird. „Solarstrom in der Mittagsspitze ist schon jetzt oft wertlos oder hat sogar einen negativen Wert“, kritisiert Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU. Der Solarstrom belaste immer häufiger die Netze. Das Solarspitzengesetz, das der Bundestag kurz vor der Wahl noch verabschiedet hat, schränkt die Vergütung für diesen überschüssigen Strom bereits ein. Der VKU fordert, dass es für Solaranlagen, die ihren Strom nicht direkt an der Energiebörse vermarkten, gar keine staatliche Förderung mehr geben soll. Neue Fotovoltaikanlagen seien bereits jetzt – zumal in Kombination mit Batteriespeichern – auch ohne garantierte Einspeisevergütung wirtschaftlich.
Was sagt der Bremer Energieversorger SWB dazu?
Auch beim Bremer Energieversorger SWB sieht man in der Einspeisung überschüssiger Strommengen in die Verteilnetze nicht mehr den entscheidenden Faktor für die Wirtschaftlichkeit der Anlagen. „Mittlerweile ist es üblich, PV-Anlagen mit Batteriespeichern zu kombinieren, um mögliche Überschussmengen selbst nutzen zu können“, sagt SWB-Sprecher Jean-Paul Berndt. Dass sich eine Solaranlage auf dem Dach des Eigenheims nur rechnet, wenn man den Großteil des Stroms selbst verbraucht, ist unter Fachleuten unumstritten. Bei Strompreisen von durchschnittlich 35 Cent pro Kilowattstunde lohnt es sich für Besitzer einer Solaranlage eher, den Strom vom Dach selbst zu nutzen, als ihn für acht Cent ins Netz einzuspeisen.
Was spricht für eine Beibehaltung der Förderung?
Für das Bremer Umweltressort bleiben staatliche Förderangebote ein wichtiger Anreiz, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzutreiben. „Die Wirtschaftlichkeit der Anlagen tritt nicht sofort ein, vielmehr muss zunächst Geld investiert werden“, sagt Ramona Schlee, die Sprecherin des Ressorts. „Eine staatliche Förderung kann hier eine positive Lenkungswirkung haben.“ Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält die staatlich garantierte Einspeisevergütung vorerst für unverzichtbar. „Ohne die EEG-Förderung würde aus der schwarzen Null für den Betreiber eine rote werden“, befürchtet Klaus Prietzel, Vorsitzender des BUND-Landesverbands Bremen.
Wie ließe sich die Erzeugung von überschüssigem Strom vermeiden?
Überproduktion drückt den Preis für Strom an den Energiebörsen in den Keller. „Er ist aber deshalb nicht wertlos“, beharrt Prietzel. „Man muss nur technische Lösungen finden, ihn zu nutzen.“ Das könnten Speicher sein, Produktion von Wasserstoff per Elektrolyse oder intelligente Verbrauchssteuerung – etwa bevorzugtes Laden von E-Fahrzeugen in Spitzenzeiten. „Der Strombedarf wird steigen“, so Prietzel. „Jede Kilowattstunde, die sich erneuerbar produzieren lässt, ist gut.“