Im Ausblick auf das kommende Jahr bereiten die steigenden Rohstoffpreise den Handwerksbetrieben zunehmend Probleme. Das ist eines der Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer. Beispielsweise habe sich der Preis für Dämmmaterialien verdoppelt. Dabei sei es schwierig, diese Preise an die Kunden weiterzugeben. "Das erfordert bei jedem Privatkunden aufs Neue ein Gespräch", sagte Handwerkskammerpräses Thomas Kurzke am Donnerstag bei der Präsentation der Umfrage im Glasereibetrieb Friedrich Emigholz in Arsten. Kurzke, der einen Malerbetrieb hat, sagte: "Ich bin zum Jahresende gespannt, wie da meine Bilanz aussehen wird."
Dieses Problem betreffe alle Baubetriebe, die bereits vor einem Jahr ihr Angebot zum Festpreis kalkuliert haben, die Ausführung aber erst in den vergangenen Monaten erfolgte. Gerade bei einigen kleineren Handwerksfirmen könne das unter Umständen in die Insolvenz führen, ergänzte Oliver Kriebel. Er ist der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Bremer Handwerkskammer. "Die müssen damit erstmal umgehen können." Kurzke stellte zu den gestiegenen Preisen fest: "Eine solche Situation habe ich bisher noch nie erlebt." Von einem Betrieb, den er nicht weiter nennen möchte, weiß er, dass dieser einen Auftrag abgegeben hat. Die Verluste, die er durch die gestiegenen Rohstoffpreise gemacht hätte, wären zu hoch gewesen.
Kurzke geht nicht davon aus, dass viele Betriebe ihr Lager vorsorglich mit Material vollgestellt haben. "Bei einer ganzen Reihe von Handwerksbetrieben ist das dafür notwendige Eigenkapital einfach nicht vorhanden", nannte er als Grund. Die Entwicklung der Strompreise machten die Situation momentan auch nicht einfacher.
Zu den gestiegenen Preisen kommen außerdem die Lieferengpässe hinzu. Die Unternehmen konnten einzelne Aufträge nicht oder nur sehr verspätet bearbeiten. Es fehlten einfach standardübliche Materialien, Hilfs- und Betriebsstoffe waren laut Geschäftsführer Kriebel lediglich zu sehr hohen Preisen verfügbar. Die höheren Kosten für die Rohstoffe betreffen auch Bäcker und andere Betriebe aus dem Nahrungsmittelhandwerk. Sie gehen davon aus, dass sie die Kosten an die Kunden weitergeben können und rechnen entsprechend mit steigenden Preisen.
Emigholz-Geschäftsführer Michael Mahn sagte, dass sein Glasereihandwerk weniger von Lieferengpässen betroffen sei. Außerdem habe der Betrieb, der auch Trockenbau macht, einen Vorrat angelegt. Die Metallpreise machten sich indes bemerkbar. Doch viel mehr bereitet der Fachkräftemangel dem Unternehmen Probleme: "Wir haben momentan 22 Mitarbeiter und könnten sofort weitere einstellen." Denn Arbeit gebe es genug. Knapp 92 Prozent aller befragten Firmen bleiben bei ihrer Zahl der Beschäftigten oder wollen zusätzliche Mitarbeiter einstellen.
Damit, wie Michael Mahn die Situation beschreibt, spiegelt er das grundsätzlich positive Klima im Bremer Handwerk wider. Knapp 81 Prozent der befragten Betriebe bezeichneten die aktuelle Geschäftslage als "grundsätzlich zufrieden". Gut 23 Prozent rechnen für das kommende Halbjahr mit einer weiteren Verbesserung. Mit Blick auf alle Gewerke stehe das Bremer Handwerk mindestens so gut wie im Frühjahr da – oder noch besser.
Die Zeit des Lockdowns im ersten Quartal hätten manche Friseure und Kosmetiksalons dazu genutzt, um zu investieren und den Betrieb zu modernisieren. Während über viele Wochen Schüler daheim bleiben mussten, bedeutete das für den Glasereibetrieb Friedrich Emigholz zusätzliche Aufträge, wie Geschäftsführer Michael Mahn erläutert: "Wir arbeiten auch für Immobilien Bremen. Die durch die Pandemie geschlossenen Schulen machten es uns möglich, in mehreren Gebäuden die Fenster zu erneuern."
Mahn warb ebenso wie Kurzke und Kriebel für eine Ausbildung im Handwerk: "Es ist ein unheimlich zufriedenstellendes Gefühl, wenn man am Ende des Arbeitstages sehen kann, was man geschaffen hat. Und bei der Fahrt durch die Stadt sieht man immer wieder die Gebäude, an denen man gearbeitet hat."
Auch wenn die Erwartungen der allgemeinen Geschäftslage aller Bremer Handwerksbetriebe insgesamt von großer Zuversicht geprägt seien, sieht das Kfz-Gewerbe die weitere Entwicklung noch mit Skepsis: Eine Hälfte erwartet ein Wachstum, die andere einen konjunkturellen Abschwung.
Präses Kurzke hofft, dass sich die Kosten für die Rohstoffe im kommenden Jahr wieder normalisieren. Als Beispiel nannte er die Kosten für Bauholz: "Die sind zum Jahresanfang durch die Decke gegangen, haben sich jetzt aber so langsam normalisiert." Er kennt aber ein Beispiel von einem Bekannten, der den Neubau eines Hauses aus Holz geplant hatte und aufgrund der Preisentwicklung zum herkömmlichen Haus aus Stein umschwenkte.