Ein Eingriff in ein Naturschutzgebiet bleibt ein Eingriff in ein Naturschutzgebiet. So könnte die Ablehnung in Kurzform des Naturschutzverbandes BUND Bremen gegenüber den jüngsten Plänen aus dem SPD-geführten Häfenressort lauten, die ein Nachfolgeprojekt für den gescheiterten Schwerlasthafen OTB in Bremerhaven beinhalten. Wie berichtet, setzt sich das Ressort nun für den sogenannten "Energy Port" ein – ein Projekt, das „wesentlich zum Gelingen der Energiewende und auch zur künftigen Versorgungssicherheit in Deutschland beitragen soll“. Aus Sicht der mitregierenden Grünen-Fraktion ist die Studie zum "Energy Port" zunächst einmal eine gute Grundlage, die mehrere Optionen beinhaltet.
„Kurz vor der Wahl springt der OTB wieder aus der Kiste", sagt Martin Rode, Geschäftsführer des BUND-Landesverbandes Bremen, im ausführlichen Statement zu den Plänen. Die Natur an der Wesermündung werde weiter von Hafenplanungen bedroht. Nach wie vor handele es sich wie beim OTB um Planungen in einem Naturschutzgebiet von europäischem Rang. "Mittlerweile ist allerdings noch viel klarer als zu Beginn der OTB-Planungen vor eineinhalb Jahrzehnten, dass neben der Klimakrise die Biodiversitätskrise eine ebenso große globale Herausforderung ist."
„Die Zeichen stehen auf Aufbruch, das Wettrennen um die ökonomische Teilhabe am Offshore-Boom hat begonnen", sagt Robert Bücking, Vorsitzender des städtischen Hafenausschusses und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, zur "Potenzialanalyse Energy Port". "Bremerhaven ist mit seiner Lagegunst und seinen Kompetenzen im Bereich Wind-Energie gut aufgestellt." Mit der Potenzialstudie sei ein Auftakt für einen intensiven Arbeitsprozess gemacht. Hier müsse das Hafenressort nun zügig liefern. "Die Anforderungen sind klar: vertiefte Prüfung verschiedener Standorte, schlüssiger Bedarfsnachweis, belastbares Finanzierungskonzept." Beim Geld werde es ohne Unterstützung des Bundes nicht gehen. "Die Gutachter haben bereits aufgezeigt, was kein gangbarer Weg ist: Genehmigungsrechtlich ist ein tideoffenes Dock zum Scheitern verurteilt, aufgrund der massiven Belastungen in dem ökologisch hochrangigen Gebiet des Blexer Bogens." Für alle weiteren Entwicklungsideen, die nun auf dem Tisch liegen, sei ein enger Dialog mit den Naturschutzverbänden unerlässlich.
Dass Bremerhaven am Boom der erneuerbaren Energien teilhaben möchte, dafür zeigt der BUND Verständnis. Die Energy-Port-Studie enthalte auch Planungsvorschläge, mit denen die Seestadt von dieser Entwicklung profitieren könnte und das Naturschutzgebiet an der Unterweser unberührt bleibe. Doch die Wahl sei auf die Maximalvariante gefallen. "Der Senat wäre gut beraten, sich auf das Unstreitige und Machbare zu konzentrieren", so Rode. Davon abgesehen, würde das alleine Investitionsbedarfe erfordern, die Bremen kaum stemmen könne. Zudem müsse es vorneweg darum gehen, vorhandene Infrastruktur optimal zu nutzen. Davon seien viele Hafenbereiche Bremerhavens weit entfernt, zumal überall Sanierungsstau bestehe.
Für die Maximalvariante veranschlagen die Gutachter von "Energy Port" – neben Schiffsanlegern sollen auch Gewerbefächen im Süden des Fischereihafens hergerichtet werden – rund eine halbe Milliarde Euro. Eine Summe, die ohne die Unterstützung des Bundes nicht finanzierbar sei, so Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD).
Aus Sicht des BUND war der eigentliche Zweck der Studie immer, den Bau des vor Gericht in allen Instanzen gescheiterten OTB wieder zurück auf die politische Agenda zu hieven. "Wen wundert es, dass exakt die OTB-Planung erneut als Lösung aller Probleme aufgemalt wird – und sogar noch mehr, nämlich zusätzlich gleich südlich anschließend ein tideoffenes Dockbecken", so Rode.