Stefan Haake ist ein Mann der Tat. Der Biolandwirt aus dem Werderland hat seinem Besuch gerade den neuen Kuhstall gezeigt. Hat erklärt, wie die Futteranlage funktioniert, wofür die Laufbänder unter der Decke gut sind und wie und wann hier was eingestreut wird. Jetzt braucht der Fotograf nur noch ein Bildmotiv, aber das ist das Problem: Es sind keine Kühe im Stall. Die Tiere, Deutsch Angus, sind weit vom Hof entfernt auf mehreren Weiden in der Umgebung verteilt. Und nun?
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„Dann nehmen wir eben die Sommergruppe“, sagt Haake. Die Sommergruppe sind ein Bulle, neun Kühe und acht Kälber, die vergleichsweise spät geboren sind und auf der Weide eines Nachbarn grasen. Gesagt, getan. Rüber über den Elektrozaun, „keine Sorge, ist kein Strom drin“, hin zu den Tieren, die neugierig näherkommen, muhen und sich hinter dem Chef des Hofes in Position bringen. Bitte einmal recht freundlich - und das Foto ist im Kasten.
So pragmatisch wie Haake den Fototermin mit dem WESER-KURIER angeht, hat er auch die Entscheidung getroffen, ob er den Betrieb von konventionell auf Bio umstellen sollte. Ein neuer Stall musste her, das war vor drei Jahren. Eine Investition von mehreren Hunderttausend Euro. Das wollte wohlüberlegt sein. Also machte sich Haake schlau, sprach mit mehreren Kollegen, und irgendwann zeichnete sich ab: Wenn er auf Bio umstellte, müsste sich das rechnen. Die Förderung, die er für diesen Schritt bekäme, würde den Stallneubau absichern. Auch hier: gesagt, getan.

Viel Platz für viele große Tiere: Die Angus-Rinder von Stefan Haake sind von Mai bis Mitte November auf der Weide, deshalb ist der Stall im Sommer leer.
Seit 2021 ist der Betrieb von Stefan Haake nun einer von 43 Biohöfen im Land Bremen. Das ist mittlerweile jeder dritte Hof im Land. Republikweit ist Bremen die Nummer eins, wenn es um den Ökolandbau geht. 37,1 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen werden in Bremen laut neuer Zahlen des Bundesamtes für Landwirtschaft nach Bio-Standards bewirtschaftet. Zum Vergleich: Auf dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik sind es nur 11,4 Prozent aller bewirtschafteten Felder und Weiden.
Haake verzichtet auf seinen Grünlandflächen auf Spritzmittel und setzt auch keinen Kunstdünger ein. Seine Rinder haben im Stall heute mehr Platz als früher. Haake ist kein Missionar in Sachen Bio. Er will Kollegen und seine Mitmenschen nicht bekehren oder über die Vorteile von Bio belehren. „Bio ist schön und gut“, sagt er, „aber es müssen alle satt werden.“ Und dafür braucht es weiterhin die konventionelle Landwirtschaft, das ist für ihn gar keine Frage.
Klar ist aber auch: Bio ist erwünscht. Die Bundesregierung will, dass bis Ende dieses Jahrzehnts 30 Prozent aller landwirtschaftlich genutzten Flächen in Deutschland „öko“ sind. Das Land Bremen hat beschlossen, den Öko-Anteil bis 2035 sogar auf 50 Prozent zu erhöhen. Für Haake heißt das, dass er auf der richtigen Fährte ist. Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln erreichte im vergangenen Jahr bundesweit einen neuen Rekordwert. „Wir merken, dass immer mehr Gastrobetriebe und Kantinen auf Bio umstellen“, sagt er. Die Nachfrage nach Biofleisch von Tieren wie seinen Deutsch Angus ist also vorhanden.
Das gibt Stefan Haake, der im Herbst 50 wird, und seiner Frau das gute Gefühl, dass der Hof eine Zukunft hat. Das Paar hat zwei Söhne. Beide können sich vorstellen, den Betrieb in ein paar Jahren zu übernehmen. Damit sind die Haakes in einer glücklichen Lage. Denn die Zukunft vieler anderer Bauernhöfe in Deutschland steht auf dem Spiel, weil es immer schwieriger wird, Nachfolger zu finden.
Bei den Haakes funktioniert der Betrieb auch nur deshalb so gut, weil zu Hause alle mit anpacken, inklusive Haakes Eltern. Den Senior nennt Stefan Haake „den Haus- und Hofmeister“, die Mutter hat ein ausgesprochenes Händchen für die Tiere. Stefan Haakes Frau Ina kümmert sich um die Pferde auf dem Hof und ist Springreiterin - genau wie der jüngste Sohn Tjark. Dessen Bruder Jannis hat gerade seine Landwirtschaftsausbildung abgeschlossen.
Wie sein Vater betreibt Stefan Haake den Hof in Burglesum im Nebenerwerb. Eine Festanstellung hat Haake, gelernter Industriemechaniker, seit 32 Jahren nebenan bei Arcelor Mittal, dem Stahlriesen. „Das sichert uns Brot und Butter“, sagt er. Die Landwirtschaft ist für ihn eine Art Bonus. „Ich bin total gerne die acht Stunden auf Schicht im Werk“, sagt er, „und dann freue ich mich jeden Tag, wenn ich nach Hause komme, dass ich noch den Hof und die Tiere habe.“
Die Haakes müssen nicht von der Landwirtschaft leben. „Das nimmt viel Druck und ist gut für den Kopf“, sagt Haake, der genau weiß: „Druck ist in der Landwirtschaft ein großes Thema.“ Kollegen leiden. Trotzdem ist es denkbar, dass auch aus seinem Hof irgendwann einmal ein Vollerwerbsbetrieb wird. „Mit der Umstellung auf Bio und dem neuen Stall haben wir den ersten Schritt getan“, sagt Haake. Platz für mehr Tiere, heute sind es 70 Mutterkühe, wäre vorhanden, die Selbstvermarktung des Fleisches der nächste Schritt. Aber so weit ist es noch nicht. Darum könnten sich in Zukunft vielleicht die Söhne kümmern.