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Weltkulturerbe Der Ratskeller bekommt einen neuen Meister

Karl-Josef Krötz kommt von der Mosel. Er ist seit 33 Jahren Bremer Ratskellermeister. Jetzt folgt in dem hoch angesehenen Amt ein Mann aus Bremen. Wer ist dieser Frederik Janus?
27.05.2022, 19:15 Uhr
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Der Ratskeller bekommt einen neuen Meister
Von Jürgen Hinrichs

Wer ist wirklich wichtig in Bremen? Der Bürgermeister? Die Senatoren? Leute aus der Wirtschaft oder der Kultur? Gut möglich, kann sein, aber auf eine Person trifft das allemal zu – und das ist der Ratskellermeister. In einer Stadt mit jahrhundertealter Weintradition kann die Bedeutung dieser Position gar nicht überschätzt werden. 33 Jahre lang hat sie Karl-Josef Krötz besetzt, und nun gibt es einen Nachfolger, wie der WESER-KURIER erfahren hat. Sein Name: Frederik Janus, ein gebürtiger Bremer, der mit seiner Familie vor neun Jahren ein Weingut in der Pfalz gegründet hat. Er wird im Oktober in die Heimat zurückkehren und ein Amt übernehmen, das in Deutschland und der Welt bei Weinkennern enormen Klang hat.

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Krötz geht in den Ruhestand, er scheidet zum Jahreswechsel aus und hinterlässt mit seiner Fachkunde, seinem Ansehen bei den Experten und nicht zuletzt auch mit seiner jovialen, lebensfrohen Art große Fußstapfen. Der Mann von der Mosel war in mehr als 600 Jahren, seitdem es den Ratskeller mit seinem Schatz an deutschen Weißweinen gibt, erst der 19. Kellermeister. Als er nach 25 Jahren sein Dienstjubiläum feierte, stieg der Bürgermeister höchstselbst hinunter ins Gewölbe, damals war das Jens Böhrnsen (SPD). „Dieser Posten ist eine Lebensaufgabe, der Sie, verehrter Herr Krötz, stets in vollem Maße gerecht werden“, erklärte er so ernst und gemessen, dass der Schluck Wein danach eine Erlösung war.

Ungewöhnlicher Geburtstagswunsch

So lange wie Krötz als Ratskellermeister gedient hat, könnte sein Nachfolger auch im Amt bleiben. Janus ist 34, das würde passen – jung an Jahren, aber schon mit viel Erfahrung, wie aus seinem Werdegang hervorgeht. Mit 13 sei Janus gefragt worden, was er sich zum Geburtstag wünsche, wird auf der Homepage des Weinguts erzählt. Die Antwort: “Zwei Reben und eine gute Flasche Wein.” Ein Spleen, dachten die Eltern, doch da kannten sie ihren Sohn schlecht. Er fuchste sich hinein, fing an, im Keller Wein zu lagern und wartete ab, bis er im Wert gestiegen war, um die Flaschen wieder zu verkaufen. Die beiden Reben wurden eingepflanzt und stehen bis heute – doch ernsthaft Weinanbau betreiben lässt sich in Bremen nun mal nicht. Was also tun, wenn die Leidenschaft so groß ist?

Auf der Homepage wird der Weg von Janus beschrieben: "2005 war Frederiks erste Weinlese. Der Weinhändler seines Vertrauens vermittelte ihm noch zu Schulzeiten ein Praktikum auf einem Weingut in Rheinhessen." So ging das los. Zwei Jahre später, nach dem Abitur, zog er für die Ausbildung zum Winzer von der Weser an den Rhein  und machte sein Hobby zum Beruf. Danach das Studium der Oenologie an der Hochschule in Geisenheim, der Kaderschmiede aller deutschen Winzerinnen und Winzer.

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Viele der angehenden Weinbauer kommen aus elterlichen Betrieben und kehren nach der Ausbildung dorthin zurück, um die Familientradition fortzuführen. Für Janus war das nicht möglich, also tourte er zusammen mit seiner Frau Katharina, die auch vom Fach ist, durch mehrere Winzereien in verschiedenen Anbaugebieten, um am Ende zu dieser Erkenntnis zu gelangen: "Wir wussten nun, dass die Weinherstellung neben der romantischen Weinbergsvision vor allem ein Knochenjob ist." Daher der Wunsch, so die beiden, "dass nach der Arbeit eines ganzen Weinjahres am Ende auch unser Name auf dem Etikett stehen sollte".

Sechseinhalb Hektar Weinberge

Es wurde vor neun Jahren ein Weingut in der Pfalz, in Herxheim am Berg. Der Eigentümer hatte keine Nachfolger und wollte nicht schnöde an den Meistbietenden verkaufen. Ihm gefielen die jungen Leute; er gab ihnen die Chance, einen Teil des Guts zu pachten, um erste Erfahrungen mit den Böden und Rebsorten zu sammeln. Am Ende war alles in Besitz der neuen Winzer, sechseinhalb Hektar Weinberge. Das Startkapital für die Finanzierung des ersten eigenen Jahrgangs haben sie sich privat besorgt, von Menschen, die als Zins den Wein nahmen.

Ganz verzichten müssen Katharina und Frederik Janus in Zukunft nicht darauf, mit Wein nicht nur zu handeln, sondern ihn auch anzubauen. Bremen und sein Ratskellermeister betreiben seit mehr als 20 Jahren einen Weinberg an der Mosel. Aus dem „Erdener Treppchen“, wie der Tropfen heißt, den die Ernte bringt, wird der Bremer Senatswein. Das ist eine der Sorten, die im Keller liegen, eine von rund 1200. Der Ratskellermeister muss ein Händchen haben, mehr noch aber die Zunge und den Gaumen, um richtig zu wählen und den Bestand im Keller mit Qualität zu mehren. Das war schon immer so, wie Karl-Josef Krötz vor Jahren zum Besten gab, eine seiner vielen Geschichten: „Bei mir im Dorf erzählte man sich von einem ,Herrn aus Bremen’, der früher zu uns kam und die Hälfte der Weinernte aufkaufte. Der war wie von einem anderen Stern – und bezahlte mit Gold!“

20 Bewerbungen für die Stelle

Frederik Janus freut sich mit seiner Familie über einen "sehr spannenden, neuen Weg", wie der 34-Jährige am Freitag im Gespräch mit dem WESER-KURIER sagte. Dass ihm die Aufgabe des Ratskellermeisters enorm wichtig sei, zeige schon, was er dafür hinter sich lasse: "Wir geben eine ganze Menge auf." Sein Weingut in der Pfalz werde zwar auf jeden Fall weiter bestehen, aber definitiv ohne ihn: "Nur meine Frau wird sich dort weiter engagieren." Das Ehepaar, beide gebürtig aus Bremen, hat zwei kleine Kinder.

Für die Stelle im Ratskeller hat es nach Auskunft von Hans Peter Schneider knapp 20 Bewerbungen gegeben. Schneider ist Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft M3B, zu der neben Großmarkt, Messe und ÖVB-Arena auch der Ratskeller gehört. Er nennt drei Gründe, warum Janus ausgewählt wurde: "Seine Zunge, die hervorragend Weine erkennen kann. Die guten Studienabschlüsse. Und dass er Winzer und zugleich Hanseat ist, ein verrückter, schöner Zufall."

Der Ratskeller, betont Schneider, sei als Teil des Weltkulturerbes eine bremische Institution: "Den muss jemand übernehmen, der sich dieser Tradition bewusst ist." Janus habe dafür über seine Expertise hinaus die richtige Persönlichkeit.

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