Für Bremens Regierung wird es schwer, die selbst gesteckten Wohnbauziele zu erreichen. Das geht aus einer Mitteilung des Bauressorts an den WESER-KURIER hervor. Laut Koalitionsvertrag wollte Rot-Grün-Rot bis 2023 in der Hansestadt die Zahl von 8000 Sozialwohnungen erreichen. Im vergangenen Jahr kam Bremen jedoch auf 6160 Einheiten. „Die sich seit 2020 verändernden Rahmenbedingungen, ausgelöst durch Corona, aber auch durch andere Faktoren, stellen die Wohnungswirtschaft vor immense Herausforderungen. Gleichwohl entsteht in Bremen signifikant neuer Wohnraum“, sagt Ressortsprecherin Linda Neddermann.
Einige Projekte schlimmstenfalls auf Eis gelegt
Einer der Gründe für die Entwicklung: In den vergangenen Jahren sind laut Bauressort eine Reihe von Sozialwohnungen aus der Bindung herausgefallen. Es seien aber Projekte auf dem Weg, mit denen es wieder mehr öffentlich geförderten Wohnraum geben soll. Laut Koalitionsvertrag wollte die Regierung außerdem bis 2023 die Voraussetzungen für 10.000 neue herkömmliche Wohnungen schaffen. „Mit den sich dramatisch verändernden Rahmenbedingungen, insbesondere in Bezug auf die Preisentwicklung, Kapazitätsengpässe und vielem mehr, haben sich die Voraussetzungen verändert. Das hat auch Auswirkungen auf die Realisierung von Bauvorhaben, die schlimmstenfalls auf Eis gelegt werden“, ergänzt Neddermann.
Die Flächen für die zusätzlichen Wohnungen seien aber identifiziert, und auch die Förderung von Wohnungen sei darauf ausgerichtet. Entsprechend begrüßt das Ressort von Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) das bundesweite Bündnis für bezahlbares Wohnen. Am Mittwoch hatte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) in Berlin das Bündnis zu Gesprächen eingeladen.
Bundesweit 400.000 neue Wohnungen pro Jahr
Die Bundesministerin hält trotz der Probleme in der Baubranche an ihrem Ziel fest, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen. Das zu erreichen, sei durch Lieferengpässe und explodierende Preise für Baustoffe und Energie noch deutlich ambitionierter geworden, sagte die SPD-Politikerin. Zugleich würden die Wohnungen viel dringender gebraucht. Die Bauwirtschaft dagegen hält das Ziel inzwischen für „illusorisch“, wie zum Auftakt der Gespräche des Bündnisses für bezahlbares Wohnen deutlich wurde.
In dem Bündnis versammelt Ministerin Geywitz die Immobilienwirtschaft, kommunale Spitzenverbände und Interessenvertreter – vom Behindertenbeauftragten bis hin zu Naturschutzverbänden. Sie sollen gemeinsam dafür sorgen, dass mehr bezahlbare und klimafreundliche Wohnungen in Deutschland entstehen. Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrie-Verbands, Tim-Oliver Müller, sieht das Wohnungsbauziel der Bundesregierung in Gefahr. Inzwischen müsse man sogar davon ausgehen, dass es zu einem Rückgang beim Wohnungsneubau kommen könne.
3127 Baulücken im Stadtgebiet
Derzeit sind laut Geywitz fast 800.000 Wohnungen bewilligt, aber noch nicht gebaut. Ziel sei es, Baulücken zu schließen. Da fehlt es manchen Kommunen allerdings an einem Überblick. Bremen dagegen führt seit 1990 ein Baulücken-Kataster, das seit 2017 online verfügbar ist. Hier sind momentan 3127 Baulücken verzeichnet – die meisten befinden sich in Blumenthal, Vegesack und Obervieland.
Die Arbeitsgruppe Baulücke bei der Bausenatorin aktualisiert die Datenbank täglich. Das Team um den Architekten Eberhard Mattfeldt sieht im Kataster die größten Chancen für diejenigen, die eine Fläche suchen, um privat bauen zu können. Allein 2018 seien 72 Prozent aller gemeldeten fertigstellten Wohneinheiten in solchen Bebauungslücken entstanden. Gewöhnlich bewege sich ihr jährlicher Anteil mit großen Schwankungen bei etwa 50 Prozent.
Ebenso entstehen neue Wohnungen auf ehemaligen Gewerbeflächen. Bremens aktueller Bericht für Wohnbauflächen verweist hier zum Beispiel in Woltmershausen auf das ehemalige Gelände der SWB sowie des früheren Zigarettenherstellers Brinkmann.