Eine ganze Reihe von Unternehmen hätten gerne zum 1. August oder 1. September einen Auszubildenden eingestellt, finden aber keinen. Doch wenn die Zahl der Azubis sinkt, was bedeutet das für die Berufsschulen in Bremen? Schließlich haben die jungen Menschen im dualen Ausbildungssystem ein Anrecht auf ihre Beschulung. Für die Koordinatoren an Bremens Berufsschulen bedeutet das, dass sie gut planen müssen.
So ist zum Beispiel bei den Gebäudereinigern die Zahl der Auszubildenden rückläufig. Bei den Tischlern haben sich die Zahlen halbiert, wie Thomas Stromiedel beobachten kann. Er ist der Abteilungsleiter für duale Ausbildung am Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße und sagt: "Wir müssen uns hier noch keine Gedanken über die Klassenbildung machen." Auch wenn es in einem Beruf nur einen einzigen Azubis gibt, hat er oder sie Anrecht auf Beschulung. Sollte es also nicht genug geben, regele man das laut Stromiedel so: "Da gibt es dann sogenannte Haupt- und Nebenklassen." Das heißt: Berufe, die sich ähnlich sind, werden in den allgemeinbildenden Fächern wie zum Beispiel Deutsch oder Politik zusammengefasst – das mache man sowieso schon. "In ihrem speziellen beruflichen Bereich schauen die Teams genau, wo können wir gemeinsam unterrichten, und wo können wir sie trennen." Stromiedel erarbeitet zusammen mit der Schulbehörde die entsprechende Zuweisung.
Die Ausbildungsabbrecher mit einplanen
Bei den Dachdeckern kann sich das Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße in Bremen-Nord nicht über zu wenig Azubis beschweren. "Wir konnten hier jetzt mindestens 34 junge Menschen begrüßen und haben eine so große Klasse wie noch nie", sagt Stromiedel. Bei ihm findet der Unterricht für 33 verschiedene Handwerksberufe vom Ausbaufacharbeiter bis zum Zimmerer statt. Doch die Schule werde wohl nicht mit 34 Azubis ins Jahr 2023 gehen. Stromiedels Erfahrungswerte zeigen: "Die Abbrecherzahl in diesem Gewerk ist nicht gering." Die Jahrgänge zuvor lagen zwischen 25 und 30 Auszubildenden, ab 25 ist eine Klasse voll.
Vier Gewerke werden in dem Modell unterrichtet, dass die Azubis einmal pro Woche Berufsschule haben. Die anderen Bauberufe haben Blockunterricht, und da werden die jungen Menschen, die jetzt angefangen haben, das erste Mal erst im November zur Schule gehen. Stromiedel begründet das so: "Die Betriebe möchten die Azubis in der Probezeit gern in der Firma haben. Nach dem Blockunterricht können wir dann noch ein Statement abgeben, was dann manchmal das Zünglein an der Waage ist." Laut Wolfgang Stutzinger, Direktor an der Alwin-Lonke-Straße, besteht eine Berufsschulklasse statistisch gesehen aus 22,5 Schülerinnen und Schülern. Sollten es wesentlich weniger werden, ist für ihn klar: "Die Gewerke mit Blockunterricht kann man schlecht mit den Gewerken kombinieren, die wöchentlichen Unterricht haben."
Zwei Ausbildungsjahre gleichzeitig in einer Klasse
Hannes Ischebeck, Schulleiter der "Europaschule", dem Schulzentrum Utbremen, hat bei sich die Ausbildungen und Dual-Studiengänge in den IT-Berufen: „Hier gibt es einen hohen Zuspruch. Die Frage nach zu wenig Azubis stellt sich hier nicht.“ Angesichts der unterschiedlichen Schwerpunkte bei den Fachinformatikern gibt es hier eine Klassenanzahl im zweistelligen Bereich.
Anders sieht es bei den Berufsschülern in den Berufen Bio- und Lacklaboranten aus. „Da kann es durchaus sein, dass wir im Rahmenschulplan beide Berufe in eine Klasse zusammenlegen, um ressourcenschonend zu planen“, erläutert Ischebeck. Denn der Fachkräftemangel mache auch nicht vor den Berufsschulen halt – auch Berufsschullehrer werden gesucht. Es könne vorkommen, dass man das zweite und dritte Ausbildungsjahr in eine Klasse zusammenlege, um so eine ausreichende Klassenstärke zu erhalten.
Niedersachsens Azubis zur Berufsschule in Bremen
Und dann gibt es da die sogenannten Splitterberufe: Hier verpflichtet sich ein Bundesland, auch die Azubis aus anderen Bundesländern auszubilden. So sind an der Alwin-Lonke-Straße auch niedersächsische Glaser-Azubis, wer Kanalbauer wird, muss dagegen zur Berufsschule nach Rostrup bei Bad Zwischenahn. Ausbildungsleiter Thomas Stromiedel sieht das so: "Das ist ein Geben und ein Nehmen. Wir wünschen uns eigentlich, dass Bremen und Niedersachsen sich da viel stärker Gedanken über eine solche länderübergreifende Ausbildung machen." Das habe natürlich auch mit Geld zu tun. Bei längeren Distanzen ist es laut Stromiedel auch sinnvoll, dass die Berufsschulen über Übernachtungsmöglichkeiten für die Azubis verfügen. Besonders freut sich Stromiedel für alle, die gerade einen Bauberuf erlernen: "Alle Auszubildenden haben hervorragende Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auf Übernahme im ausbildenden Betrieb."