Herr Schneider, Sie sind jetzt nicht mehr nur für die Messe und die ÖVB-Arena zuständig, sondern haben auch noch den Großmarkt und den Ratskeller dazubekommen. Wie wollen Sie das alles schaffen?
Hans Peter Schneider: Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Das sind ja alles Bereiche, die bereits funktionieren. Die Messe haben wir in 16 Jahren überhaupt erst wieder richtig aufgebaut. Den Ratskeller gibt es seit 600 Jahren, er ist für Bremen eine ganz starke Marke, vor allem aber verkauft er erfolgreich Wein. Und der Großmarkt schreibt sowieso schwarze Zahlen.
Gutes Stichwort: der Großmarkt gewinnt Geld, die Messe verliert es. Das ist ja der Grund für die Fusion. Die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) wollte die Messe aus den Büchern haben, um von der Stadt nicht mehr so viel Zuschuss zu benötigen.
In den Büchern stehen nur die betriebswirtschaftlichen Größen. Regionalwirtschaftlich betrachtet, sieht es ganz anders aus. Untersuchungen belegen, dass Messe und ÖVB-Arena enorm viel Kaufkraft nach Bremen holen. Das liegt im Bereich von 64 Millionen Euro pro Jahr in der Stadt Bremen und 80 Millionen Euro in Bremen und umzu.
Mag sein. Politisch begründet wird der Zusammenschluss trotzdem mit den finanziellen Auswirkungen. Gibt es auch inhaltliche Gründe?
Aber natürlich, sie sind entscheidend. Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört, um einen Satz von Willy Brandt zu gebrauchen. Gemeinsam werden wir neue Märkte erobern, denn im Kern betreiben Messe und Großmarkt ja das gleiche Geschäft – ob bei Eintrittskarten oder Standgebühren, es geht immer um die kleinen Abnehmer. Kulturell ist die Nähe viel stärker als zur WFB.
Darf ich raten? Es sind die Synergien!
Genau. Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele. Warum soll der Ratskeller seine Weine nicht auch bei den Sixdays verkaufen oder bei der Bremen Classic Motorshow? Oder unsere großen Kongresse – die festlichen Abschlussabende könnten im Ratskeller stattfinden. In den Tagungsunterlagen lassen sich außerdem Hinweise auf den Schatz unterbringen, den wir im Keller unterm Rathaus haben.
Und beim Großmarkt?
Dort gibt es im Frischezentrum in der Überseestadt viele Mieter, die auch bei den Messen und Veranstaltungen mitmachen. Fisch-Bodes zum Beispiel, Blumen-Schröder oder das Fruchthaus Hulsberg. Das wollen wir intensivieren. Umgekehrt können wir Messekunden auf den Großmarkt aufmerksam machen und sie für den Einkauf zum Frischezentrum lenken.
Die einzelnen Marken bleiben erhalten, richtig?
Absolut! Der Ratskeller bleibt selbstverständlich der Ratskeller, so wie die Messe die Messe bleibt. Nur dass sie jetzt ein gemeinsames Dach bekommen.
Und der Name dafür?
Es ist die m3b GmbH. Das steht für Messen, Märkte und Menschen in Bremen.
Mit Ihnen als Geschäftsführer.
Ja. Meine Aufgabe wird es sein, neue Aufgaben und Ideen zu finden und sie mit neuen Zielgruppen zusammenzubringen. Angebot und Nachfrage, normales Geschäft. Noch einmal: Wir wollen Märkte erobern. Wir sind Märkte-Eroberer.
Dann erobern Sie mal den Domshof. Der Markt dort ist ein Graus, er wirkt an vielen Tagen vollkommen zerfleddert und unansehnlich.
Sie haben recht, gut sieht er nicht aus. Aber liegt das nur am Markt selbst oder auch an der Umgebung? Schauen Sie sich auf dem Domshof doch mal um, wo sind da die Schaufenster und Cafés? Vom Alex mal abgesehen. Das wirkt wie ein Verwaltungsviertel in Brüssel. Die Banken allein – abgeschottet wie mittelalterliche Burgen. Wenn der Landesdenkmalpfleger immer von einer Pufferzone zum Schutz des Altstadtkerns spricht, spreche ich lieber von einer Kartoffelpufferzone. Bremen braucht mehr Leben in seinem Kern, dann entwickelt sich auch ein Wochenmarkt ganz anders.
Wir sitzen hier bei Ihnen im Messegebäude. Der Blick geht hinaus auf die Bürgerweide, dem Ort von Freimarkt und Osterwiese. Wie kann es sein, dass Sie mit Ihrer neuen Veranstaltungsgesellschaft just für diese beiden Großveranstaltungen nicht zuständig sind? Auch nicht für den Weihnachtsmarkt, wohl aber für den Schlachtezauber in unmittelbarer Nachbarschaft.
Die Schausteller, so sagen sie es jedenfalls immer, haben die Sorge, dass ihre Märkte stärker kommerzialisiert werden, wenn sie unserer Gesellschaft angehören.
Gut, aber kann sich die Stadt solche Widerborstigkeit gefallen lassen? Es sollten doch eigentlich alle Veranstaltungen unter ein gemeinsames Dach, was ja auch seine Logik hat. So steckt Ihnen von Anfang an ein Pfahl im Fleisch.
Gemach, so schlimm ist das nicht. Sie haben vorhin selbst gesagt, dass wir mit der neuen Gesellschaft genug zu tun haben. In so einer Stunde null wollen wir uns nicht verheben. Ich bin deswegen ganz froh, mich nicht auch noch um die Volksfeste kümmern zu müssen. Wie das in Zukunft sein wird, muss man sehen.
Das Gespräch führte Jürgen Hinrichs.
Zur Person:
Hans Peter Schneider ist seit 16 Jahren Chef der Messe in Bremen und leitet als Geschäftsführer auch die ÖVB-Arena. Der Volkswirt war vorher bei der Messe in Erfurt beschäftigt. In Zukunft verantwortet er die Geschicke der neuen Bremer Veranstaltungsgesellschaft mit dem Namen m3b GmbH.