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Antriebs-Modul für US-Raumschiff Zum Mond und noch viel weiter

Mit Technik von Airbus Defence and Space Bremen soll das US-Raumschiff Orion künftig zu bemannten Mond- und Marsmissionen aufbrechen. Das entsprechende Modul ist am Freitag an die Nasa ausgeliefert worden.
02.11.2018, 13:00 Uhr
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Zum Mond und noch viel weiter
Von Peter Hanuschke

Seit dem 14. Dezember 1972 hat kein Mensch mehr den Mond betreten. Das könnte sich in naher Zukunft ändern – und an der notwendigen Technik wäre dann maßgeblich der Bremer Standort von Airbus Defence and Space beteiligt. An diesem Freitag ist am Bremer Airport das erste Europäische Servicemodul (ESM) für das Nasa-Raumschiff Orion ausgeliefert worden. Und das Made-in-Bremen-Modul ist beim Orion-Programm von entscheidender Bedeutung, denn ohne das ESM kann das Raumschiff nicht fliegen: Es ist für Antrieb, Energie und Thermalkontrolle zuständig und soll künftig Astronauten auf ihren Missionen mit Wasser und Sauerstoff versorgen. Mit den geplanten Missionen zum Mond und tiefer ins All hinein will die Nasa Fähigkeiten aufbauen, Menschen zum Mars zu bringen. Es wäre der Aufbruch in eine neue Ära der Weltraumforschung.

Zunächst soll das sogenannte Multi-Purpose-Crew-Vehicle (MPCV) 2020 vom Kennedy Space Center in Florida mit der neuen Schwerlastrakete der Nasa, dem Space Launch System SLS, zu einem unbemannten Flug zur ersten Mission starten. Dabei soll Orion den Mond mehrfach umrunden und das Raumfahrzeug auf eine Entfernung von mehr als 64000 Kilometern über den Erdtrabanten hinaus bringen – so weit wie nie zuvor ein Raumschiff. Für 2022 ist Exploration Mission 2 geplant, der erste Flug mit Astronauten an Bord. Die Nasa hat Orion so entwickelt, dass es für unterschiedliche Zwecke im Erd-, Mond- oder auch Marsorbit eingesetzt werden kann.

Deutschland wichtigster Partner der ISS-Nationen

2014 wurde Airbus DS von der Europäischen Raumfahrtbehörde für die Entwicklung und Fertigung des systemrelevanten Versorgungsmoduls als Hauptauftragnehmer ausgewählt. „Die Bereitstellung des ESM durch Europa ist Teil eines transatlantischen Tauschhandels“, so Johannes Weppler, ESM-Programmleiter im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Es diene als Kompensation der Kosten für Betrieb und Versorgung der Internationalen Raumstation (ISS), der durch die Nasa erfolge. Deutschland sei von den europäischen Mitgliedsstaaten der wichtigste Partner für die weiteren an der ISS beteiligten Raumfahrtnationen USA, Russland, Japan und Kanada.

„Wir haben schon auf der Esa-Ministerratskonferenz 2012 in Neapel das Programm federführend unterstützt, Deutschland finanziert rund 40 Prozent des europäischen ISS-Programms und trägt mit etwa 37 Prozent den höchsten Anteil an den Kosten des ESM-Programms der Esa“, so Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das Raumfahrtmanagement und in dieser Funktion für die deutschen Esa-Beiträge zuständig. „Dass die NASA uns Europäern bei so einem zentralen Zukunftsprojekt ein so kritisches Element übergibt, ist ein enormer Vertrauensbeweis. Ich freue mich besonders, dass wir in Deutschland mit dem ESM auch auf die Expertise der fünf ATV-Transporter aufbauen und uns hier weiterentwickeln können.“ Die ATV-Raumfrachter – die Automated Transfer Vehicles wurden bei Airbus DS in Bremen entwickelt und gebaut – hatten die Internationale Raumstation ISS von 2008 bis 2015 regelmäßig mit Nachschub versorgt.

Module werden in Florida zusammengesetzt

„Die Auslieferung des ersten europäischen Servicemoduls für das Nasa-Raumfahrzeug Orion ist ein herausragender Moment, und die bahnbrechende Nasa-Mission in die Tiefen des Alls nimmt nachhaltig Fahrt auf", sagte Oliver Juckenhöfel, Leiter von On-Orbit Services and Exploration bei Airbus DS in Bremen. "In Kürze treffen das Crew-Modul und das Service-Modul zum ersten Mal im Kennedy Space Center in Florida aufeinander, und die Integration und die Testkampagne kann dann starten.“ Mit den Auftraggebern Esa und Nasa sowie dem US-Industriepartner Lockheed Martin Space Systems habe man im Rahmen des Orion-Projekts eine außergewöhnliche, effiziente und sehr direkte Kooperation aufbauen können. "Wir werden das Vertrauen in unser Know-how und unsere Kompetenz, das ESA und NASA bereits für die Entwicklung und den Bau des ersten europäischen Servicemoduls in uns gesetzt haben, mit hoher Motivation weiter stärken: Die Integration des zweiten Servicemoduls in unseren Reinräumen hat bereits begonnen.“

Das ESM, das sich bei der Wiederkehr von der Crewkapsel trennt und in der Erdatmosphäre verglüht, enthält mehr als 20 000 Bauteile und Komponenten, von elektrischer Ausrüstung bis zu Triebwerken, Solarpaneelen, Tanks für Treibstoff und Lebenserhaltungssystemen sowie mehrere Kilometer Kabel und Rohrleitungen. Das ESM ist ein Zylinder mit einer Höhe und einem Durchmesser von je etwa vier Metern. Es verfügt wie schon das ATV über einen markanten, vierflügeligen Solargenerator mit 19 Metern Spannweite nach Entfaltung, der genug Energie liefert, um zwei Haushalte mit Strom zu versorgen. Die 8,6 Tonnen Treibstoff des Servicemoduls versorgen ein Haupttriebwerk und 32 kleinere Antriebe. Das ESM hat ein Gesamtgewicht beim Start von etwas mehr als 13 Tonnen.

Ein paar Tage wird das Servicemodul noch in Bremen bleiben: Das ESM-1 soll am 5. November mit einer Antonov-Frachtmaschine zum Kennedy Space Center (KSC) geflogen werden. Im KSC wird das europäische Service-Modul dann mit der Orion-Crewkapsel – sie ist für vier Astronauten ausgelegt – und ihrem Adapter verbunden und auf den ersten unbemannten Testflug vorbereitet.

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