In der Baubranche ist Recycling ein großes Thema: Wie können Materialien mehr als bisher wiederverwendet werden? Der Konzern Strabag will in Bremen dazu im größeren Stil arbeiten und forschen: Auf einem Grundstück am Ölhafen soll ein Technologiezentrum zur "nachhaltigen Nutzung urbaner Ressourcen" entstehen. Das teilte die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) am Mittwoch mit.
Worum geht es genau?
Die Strabag Umwelttechnik GmbH investiert bei diesem Projekt rund 23 Millionen Euro, um ein "nachhaltiges Technologiezentrum für Urban Mining und Bauschuttaufbereitung zu errichten". Künftig sollen am Standort etwa 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sein. Auch Kooperationen mit Prüfanstalten und Hochschulen sollen fester Bestandteil des Vorhabens sein. Wann genau die Eröffnung des Zentrums sein wird? Wer die Kunden sein werden? Welche Materialien hier verarbeitet werden? Zum jetzigen Zeitpunkt wollte sich Strabag zur Bekanntmachung der WFB und des Senats laut einer Konzernsprecherin nicht weiter äußern.
Was heißt denn Urban Mining?
Der Begriff lässt sich mit "Stadtschürfung" übersetzen. Dahinter steht die Idee, dass eine Stadt quasi auch eine Art Rohstofflager ist. Denn die Gebäude halten viele Materialien vor, die wieder für einen neuen Zweck genutzt werden können.
Warum ist Recycling für die Zukunft der Branche von Bedeutung?
Die Verwendung von sogenannten Sekundärrohstoffen ist wichtig, weil natürliche Ressourcen durch das Recycling geschützt werden können. Der Umstieg auf solche Rohstoffe ist auch laut dem Geschäftsführer der Strabag Umwelttechnik Dirk Brozio für das Erreichen jeglicher Klimaziele "dringlicher denn je". Strabag verfolge als führender Bautechnologiekonzern schon seit Jahren intensiv das Ziel, "zukünftig ressourcenschonend und klimaneutral bauen zu können".
Was sagt die Industrie?
Die Bauindustrie begrüßt das neue Technologiezentrum als außerordentlich wichtige Investition. "Es wird mit seiner Forschung und Entwicklung wichtige Beiträge zum Recycling von Baustoffen leisten", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Niedersachsen-Bremen Jörn P. Makko. "Baustoffe sind knapp und werden immer teurer. Das macht innovative Ansätze erforderlich." Der Wiederverwertung von Baustoffen komme wachsende Bedeutung zu.
Was hat es mit dem Grundstück im Ölhafen auf sich? Wieso wird es derzeit nicht genutzt?
Die WFB hat das rund 13,7 Hektar große Grundstück am westlichen Ende des Ölhafens im Auftrag des Bremer Klima- und Bauressorts verkauft. Das Gelände kann nicht sofort genutzt werden, sondern muss zunächst saniert werden: Früher wurde das Grundstück als Großtanklager genutzt und ist deshalb massiv mit Mineralöl verunreinigt. „Für Bremen ist dieser Grundstücksvertrag sehr wertvoll. Denn damit ist sichergestellt, dass ein stark mit Schadstoffen kontaminiertes Grundstück seriös saniert wird“, sagt Senatorin Maike Schaefer (Grüne) zum Verkauf.
Was bringt das Technologiezentrum für Bremen?
Der Chef der Wirtschaftsförderung Andreas Heyer erhofft sich vom Projekt "einen wertvollen Beitrag für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Bremens". Das Technologiezentrum greife "ein brandaktuelles Thema unserer Zeit" auf. Die künftige Nutzung im Bereich der Wiederaufbereitung von Ressourcen sei für Bremen "wirtschafts-, arbeitsmarkt- und natürlich umweltpolitisch ein großer Zugewinn", sagt auch Maike Schaefer. Insgesamt entstehen durch das Zentrum mittelfristig 70 neue Arbeitsplätze. Denn etwa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat das Unternehmen in Bremen schon.
Wo hapert es derzeit noch beim Recycling?
Jörn P. Makko vom Bauindustrieverband sieht bei den Auftraggebern noch Nachholbedarf: Bauherren und Planer müssten mutiger werden und Sekundärbaustoffe bewusst in die Ausschreibungen und Vergaben aufnehmen. "Gerade die öffentliche Hand kann hier als Auftraggeber mit gutem Beispiel vorangehen. Noch immer wird viel zu oft neues Material ausgeschrieben, obwohl es qualitätsvolle Recycling-Alternativen gibt."
Was macht Bremen selbst, um Recycling zu fördern?
In Bremen hat sich gerade im April eine Runde zusammengefunden, um Abfall auf dem Bau künftig besser zu vermeiden. Schirmherrin des „Bremer Ressourcen-Effizienz-Tisch für das Bauwesen“ ist Maike Schaefer. Dem Zusammenschluss gehören unter anderem Branchenvertreter sowie etwa auch die Hochschule Bremen an. Die Runde soll noch wachsen, um sich zum Thema regionale Ressourcenschonung auszutauschen und Erkenntnisse umzusetzen. „Ziel ist es künftig, die Stadt als Rohstoffmine zu verstehen und regionale Kreisläufe zu schaffen“, sagt dazu Senatorin Schaefer.
Wer steht hinter dem Unternehmen?
Die Strabag Umwelttechnik GmbH gehört zum Bautechnologiekonzern Strabag mit insgesamt rund 74.000 Beschäftigten. Die Tochter hat in Deutschland mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist unter anderem auf die Altlastensanierung und das Flächenrecycling sowie Leistungen im Deponiebau spezialisiert.