Der Wirtschafts- und Strukturrat Bremen-Nord (WIR) schaltet sich in die Debatte um die Frühchenversorgung im Klinikum Bremen-Nord ein. Wie berichtet, hält Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt an den Plänen fest, die Versorgung von frühgeborenen Babys in Mitte zu zentrieren.
Der Wirtschaftsrat stellt sich jetzt gegen diese Pläne. Er fordert, die Überlegungen zur Frühchenversorgung neu zu bewerten. In einer Presseerklärung heißt es, der Wirtschaftsrat unterstütze die Forderungen des Regionalausschusses Bremen-Nord sowie der Initiative „Kindgerecht“.
Gleichzeitig weist der WIR darauf hin, dass die von der Gesundheitssenatorin beabsichtigte Auflösung der Level II-Versorgung am Klinikum Bremen-Nord wesentlichen Ausführungen und Zielsetzungen des erst im Februar vom Senat verabschiedeten Gesamtkonzeptes Bremen-Nord widerspreche.
In der Einteilung der Frühgeborenen umfasst der Level II Schwangere, die ein Baby mit einem Gewicht zwischen 1250 und 1499 Gramm erwarten, meist von der 29. bis zur 31. Schwangerschaftswoche. Level I bezeichnet die Babys unter 1250 Gramm, Level III über 1500 Gramm.
Im „Integrierten Struktur- und Entwicklungskonzept Bremen-Nord“ (Isek) werde im Kapitel „Stärkung der Gesundheitswirtschaft“ unter anderem darauf verwiesen, dass „dieser Wirtschaftsbereich ein wesentliches Standortmerkmal ist, das auch für die Weiterentwicklung der Region eine tragende Rolle spielt".
Im weiteren Verlauf des Kapitels komme der Senat zur Zielsetzung, „die positiven Entwicklungsmöglichkeiten der Gesundheitswirtschaft für den Bremer Norden zu nutzen.“ Der drohende Kompetenzverlust im Bereich der Level-II-Geburtenhilfe wäre nach Ansicht des Wirtschaftsrats aber eine deutliche Schwächung der Gesundheitswirtschaft in Bremen-Nord und damit das Gegenteil der Zielsetzung, die im Nord-Konzept formuliert wird.
Der WIR-Vorsitzende Rainer Küchen spricht noch einen weiteren Punkt an, in dem die Pläne der Gesundheitssenatorin dem Strukturkonzept für Bremen-Nord widersprächen. Er bezieht sich dabei auf die Bevölkerungsentwicklung.
Im Isek werde festgestellt, dass sich „gerade in den zurückliegenden zwei Jahren ein rapider Anstieg der Bevölkerung im Bremer Norden entwickelt. Damit einhergehend ergibt sich auch eine massive Verjüngung des Bremer-Nordens – die Zahl der Kinder wächst überproportional.“ Auch das spricht Küchen zufolge eindeutig gegen einen Level-II-Abbau in Bremen-Nord.
Darüber hinaus verweist der Wirtschaftsrat wie der Regionalausschuss der Nordbremer Beiräte auf die überregionale Bedeutung des Klinikums im Bereich der Kinderheilkunde, der Geburtshilfe sowie der Neonatologie.
„Da das Integrierte Struktur- und Entwicklungskonzept die enge Verflechtung unseres Stadtbezirks mit den Umlandgemeinden betont, muss das auch und gerade auf dem Gebiet der Geburtshilfe im hiesigen Klinikum berücksichtigt werden“, sagt Bernhard Wies, Sprecher des Wirtschaftsrats.
Die Aktion „Kindgerecht“ um den Kinderarzt im Ruhestand Jürgen Bachmann will zunächst mit Flyern und Unterschriftenlisten gegen die Pläne der Gesundheitssenatorin vorgehen. Auch über die Gründung eines Vereins denken die Mitglieder nach. Sie gehen unter anderem davon aus, dass die Betten in der künftigen Frühgeborenen-Station in Mitte nicht ausreichen werden, um alle Mütter mit entsprechenden Risikoschwangerschaften aufnehmen zu können.