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Kriminalitätsstatistik 2018 Zahl der Straftaten in Bremen leicht rückläufig

In Bremen hat es 2018 etwas weniger Straftaten gegeben als 2017. Besonders beim Raub und bei den Wohnungseinbrüchen waren die Zahlen rückläufig. Doch ein dicker Wermutstropfen trübt die Bilanz der Polizei.
05.03.2019, 15:45 Uhr
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Zahl der Straftaten in Bremen leicht rückläufig
Von Ralf Michel

Die Zahl der Straftaten in Bremen ist erneut leicht rückläufig. Besonders deutlich fiel der Rückgang beim Raub und bei den Wohnungseinbrüchen aus. Das freut Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der am Dienstagnachmittag die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2018 vorstellte. Insgesamt präsentierte Mäurer eine Jahresbilanz ohne echte Höhen und Tiefen. Wo die Zahlen stark vom Vorjahr abwichen, hatte dies in der Regel nichts mit höherem oder niedrigerem Kriminalitätsaufkommen zu tun, sondern andere Erklärungen. Bis hin zu den Bearbeitungsrückständen, die in einigen Deliktfeldern so hoch sind, dass sie sich statistisch bemerkbar machen.

74524 Straftaten wurden 2018 im Land Bremen registriert, im Jahr zuvor waren es 81176. In der Stadt Bremen allein sank die Zahl von 68343 auf 62101 Fälle. Aufgeklärt wurde landesweit fast jede zweite Straftat. 49,3 Prozent lautet die Quote für 2018. Ein Jahr zuvor wurden landesweit 48,5 Prozent der Fälle aufgeklärt. In der Stadt Bremen stieg die Aufklärungsquote von 47,3 auf 49,2 Prozent.

Aufklärungsquote gestiegen

Auffallend in der Jahresbilanz ist vor allem die Veränderung bei der Zahl der versuchten Tötungsdelikte, denn die hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. 51 Fälle wurden 2018 registriert, 2017 waren es 24. Tatsächlich geändert hat sich jedoch nur die Einstufung der Gewalttaten, insbesondere der Tritte gegen den Kopf, die zuvor meist als gefährliche Körperverletzung betrachtet wurden. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei hätten eine noch genauere Betrachtung besonders gefährlicher Gewalthandlungen im Hinblick auf einen möglichen Tötungsvorsatz vereinbart, erläuterte der Leiter des Landeskriminalamtes, Daniel Heinke. „Dies hat dazu geführt, dass wir einen starken Anstieg bei der Anzahl der registrierten versuchten Tötungsdelikte verzeichnen.“

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Ebenfalls für den deutlichen Anstieg der versuchten Tötungsdelikte verantwortlich waren zwei junge Männer, die Steine und Nagelbretter auf Autobahnen und Bundesstraßen legten, ergänzte Polizeipräsident Lutz Müller. Allein 17 Taten gingen auf das Konto dieser beiden Täter, die geschnappt und auch schon verurteilt wurden.

Höhere Anzeigenbereitschaft

Die Zahl der vollendeten Tötungsdelikte betrug 2018 sechs Taten, eines mehr als im Jahr zuvor. Ebenfalls fast unverändert blieben die Fallzahlen bei den Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen in der Stadt Bremen. 2018 waren es 127, im Jahr davor 128. Im Vergleich zu den Jahren davor hätten die „Me too-“ und „Nein heißt Nein“-Debatten allerdings zu einer höheren Anzeigenbereitschaft geführt, vermutet Innensenator Mäurer. Und auch die Veränderungen im Sexualstrafrecht zugunsten der Opferseite hätten wohl mehr Anzeigen zur Folge gehabt. 2015 wurden 81 Sexualdelikte angezeigt, 2016 waren es 118.

Beim Raub ging die Zahl der registrierten Fälle 2018 zum vierten Mal in Folge zurück, zuletzt von 868 (2017) auf 816 im Jahr 2018. Rückläufig ist diese Zahl vor allem beim Straßenraub, dagegen gab es mehr Raubüberfälle auf Geschäfte.

Eine positive Entwicklung „ohne Wenn und Aber“ sah Mäurer bei den vollendeten Wohnungseinbrüchen in der Stadt. Auch deren Zahl sank zum vierten Mal in Folge. 1618 Einbrüche wurden im vergangenen Jahr angezeigt, 2017 waren es 2249. Für 2014 standen sogar 3057 Fälle zu Buche. "Diese Zahl haben wir damit fast halbiert", freute sich Mäurer. Die Zahl der gescheiterten Wohnungseinbrüche stieg in diesem Zeitraum von 40,5 Prozent (2014) auf 44,5 Prozent (2018).

Dauerhafte Herausforderung

Als "dauerhafte Herausforderung" sieht der Polizei die Straftaten gegen ältere Menschen. Deren Zahl ist gegenüber 2017 im vergangenen Jahr leicht gesunken, von 1488 auf 1480. Dabei sank allerdings die Zahl der vollendeten Betrugsdelikte um 59 auf 341 Taten. In 1139 der gemeldeten Fälle scheiterten die Betrüger an misstrauisch gewordenen älteren Bremerinnen und Bremern. Gleichwohl sorge auch der bloße Versuch oft für große Beunruhigung unter den Betroffenen, betonte Mäurer. "Wir sind in Bremen bei diesen Delikten ein Hotspot. Deswegen müssen und werden wir weiter einen polizeilichen Schwerpunkt darauf legen.“ Wie erfolgreich die Täter auch in Bremen waren, verdeutlicht eine weitere Zahl der Polizei: In den 341 erfolgreichen Fällen betrug der Schaden 1920000 Euro.

Einen deutlichen Anstieg verzeichnete die Polizei 2018 bei den Fahrraddiebstählen. 6080 Fälle wurden im vergangenen Jahr angezeigt, 1179 mehr als 2017. Polizeipräsident Müller nannte dafür zwei mögliche Gründe: Die lang anhaltende Schönwetterperiode, die dazu führte, dass die Bremerinnen und Bremer länger und häufiger als im Vorjahr mit dem Rad unterwegs waren. Sowie eventuell auch die Möglichkeit der Anzeige per Onlin ewache.

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Bearbeitungsrückstände

Rückgänge sind statistisch dagegen bei den Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikten festzustellen. Diese Zahlen müssten jedoch, ebenso wie bei anderen einfach gelagerten Deliktfeldern wie etwa Beleidigungen und Sachbeschädigungen mit einem kritischen Blick betrachtet werden, erläuterte Mäurer. Fakt sei, dass die Bearbeitungsrückstände gegenüber dem Vorjahr um etwa 4600 Fälle auf über 15000 angestiegen seien. Bearbeitet würden die Fälle selbstverständlich dennoch, nur deutlich später als gewünscht. In der Kriminalstatistik tauchen sie allerdings nicht auf, denn hier werden nur die bearbeiteten und erledigten Fälle aufgeführt. "Die Rückstände verändern die Statistik", räumte Mäurer ein.

Diese Entwicklung verdeutliche, wie sich Fehlstellen bei der Kriminalpolizei, eine überaus dünne Personaldecke über die ganze Polizei hinweg sowie große Sonderkommissionen auswirkten, wie insbesondere für die Ermittlungen zu den vermuteten Unregelmäßigkeiten in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). 25 Ermittler sind seit August hierfür abgestellt. "Das tut uns wirklich weh", so Mäurer. Er ginge aber davon aus, dass diese Arbeit im Sommer größtenteils erledigt sein wird. Da die Kripo zudem bereits in den nächsten Wochen 13 weitere Ermittler bekäme und im August noch einmal zehn, würden die Rückstände aber zumindest perspektivisch abgebaut, versicherte der Innensenator.

Polizeipräsident Lutz Müller differenzierte die Zahl der unerledigten Fälle. Etwa 12500 Ermittlungsakten wurden schlicht noch nicht bearbeitet, weitere etwa 3000 seien zwar bei der Kriminaltechnik in der Bearbeitung, aber hier fehlten noch die Untersuchungsergebnisse. "Eine so hohe Halde ist indiskutabel."

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„Skrupellose Brandstifter“

In Bremerhaven war 2018 – analog zur Größe der Stadt – bei den meisten Kriminalitätsphänomenen eine sehr ähnliche Entwicklung festzustellen, berichtete der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven, Harry Götze, am Dienstagnachmittag. Eine Ausnahme stelle die nicht abreißen wollende Serie der Brandstiftungen in der Seestadt dar. „Es ist bittere Realität, dass wir in Bremerhaven eine dubiose Szene skrupelloser Brandstifter haben, die an Parzellenhäuschen, Papierkörben, Autos und Kinderwagen in Hausfluren offenbar alles ansteckt, was ihnen unter die Finger kommt“, betonte Götze. Auch 2019 werde deshalb die Sonderkommission hierzu aufrechterhalten.

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