Sturmtief "Xavier" hat Norddeutschland mit enormer Wucht getroffen. Die orkanartigen Böen erreichten eine Geschwindigkeit von bis zu 113 Kilometern pro Stunde, auf dem Brocken sogar 180 Stundenkilometer. Die Folge sind mindestens sieben Tote, aber auch Verkehrschaos mit ausgefallenen Zügen und Flügen. Feuerwehren und Polizeien sind in den Nordländern im Dauereinsatz.
In Hamburg ist eine Frau ums Leben gekommen, weil ein Baum auf ihr Auto stürzte. In Mecklenburg-Vorpommern ist ein Lkw-Fahrer von einem umstürzenden Baum erschlagen worden. Im Berliner Stadtteil Tegel wurde eine Frau getötet, als ein Baum auf ihr Auto stürzte. In Brandenburg sind vier Menschen ums Leben gekommen: Nahe Gransee nördlich von Berlin fiel ein Ast in eine Windschutzscheibe und tötete einen Menschen. Zudem wurde in derselben Region eine Frau in einem Auto von einem Baum erschlagen. Ein 72-Jähriger starb an der B1 zwischen Müncheberg und Hoppegarten. Er wurde von einem Baum erschlagen, als er Äste von der Straße entfernen wollte. Ein weiterer Mensch ist laut Polizei bei Müllrose ums Leben gekommen.
Schwerverletzte in Bremen
In Bremen hat es bislang keine Todesopfer gegeben. Allerdings ist in Bremen-Osterholz eine 65 Jahre alte Frau von einem Ast am Kopf getroffen und lebensgefährlich verletzt worden. Die Feuerwehr und Polizei in Bremen rückten zu mehr als 340 Einsätzen aus. „Die vielen Einsätze innerhalb kürzester Zeit haben uns alle überrascht“, kommentierte ein Polizeisprecher die Situation am Abend. Alle 19 freiwilligen Feuerwehren seien bei der Beseitigung der Sturmschäden eingebunden, teilte die Feuerwehr mit. Durch den Amtsleiter der Feuerwehr wurde für die Stadtgemeinde der öffentliche Notstand erklärt.
Zahlreiche Straßen und Wege waren in Bremen wegen umgeknickter Bäume blockiert. Im Feierabendverkehr blieb die Kurfürstenallee in Richtung Vahr wegen Aufräumarbeiten ab der Kreuzung Schwachhauser Heerstraße komplett gesperrt. In Gröpelingen krachte ein Baum auf die Oberleitung der Straßenbahn, die Gröpelinger Heerstraße musste vorübergehend gesperrt werden. Auf der Autobahn 27 Richtung Hannover stürzte ein Baum auf ein vollbesetztes Auto. Keiner der Insassen wurde verletzt. In Huchting in der Straße "Wardamm" musste die Feuerwehr einen Gastank sichern, der sich gelöst hatte. Im Blockland stürzte am Vormittag eine mächtige Birke um und verfehlte ein Ferienhaus nur knapp.

Der Zugverkehr am Bremer Hauptbahnhof ist derzeit beeinträchtigt.
Zugverkehr wegen des Unwetters eingestellt
Wie die Deutsche Bahn meldete, ist der Zugverkehr in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen seit dem Nachmittag komplett eingestellt. Umgestürzte Bäume blockieren zahlreiche Strecken (zur Fahrplanauskunft). Auf zunächst unbestimmte Zeit fahren keine Züge
- zwischen Osnabrück und Bremen Hbf
- zwischen Bremen Hbf und Bremerhaven-Lehe
- zwischen Bremen Hbf und Hannover Hbf
Die Metronom Eisenbahngesellschaft meldete am Abend, dass es am Donnerstag auf den Strecken des Metronom, des Erixx und des Enno keine Fahrten mehr geben werde. Es seien sehr viele Bäume auf die Gleise oder Oberleitungen gefallen. Am Hauptbahnhof Bremen mussten laut Feuerwehr 250 bis 300 Reisende vom Deutschen Roten Kreuz versorgt werden, die ihre Fahrt nicht fortsetzen konnten.
Für den Berufsverkehr am Freitag wird mit starken Beeinträchtigungen gerechnet, genaue Informationen will die Metronom-Gesellschaft am frühen Freitagmorgen ab 5 Uhr auf ihrer Homepage veröffentlichen. Auf der Strecke Lüneburg-Dannenberg würden die ersten Züge erst ab Freitagmittag wieder fahren. Zugtickets von Donnerstag behielten am Freitag ihre Gültigkeit. Auf den Strecken der Regio-S-Bahn und Weser-Ems der Nordwestbahn ist der Verkehr ebenso bis auf Weiteres komplett eingestellt. Zwischen Bremen und Osnabrück, Oldenburg, Bremerhaven und Verden sind Busse im Einsatz. Eine Liste aller Ersatzbusse finden Sie hier.
Straßenbahn- und Linienbusverkehr teilweise unterbrochen
Im Bremer Nahverkehr war es ebenfalls zu Störungen gekommen. Die Straßenbahnlinien 1, 4 und 8 fielen für rund zwei Stunden aus. Die Linien 2, 3 und 10 mussten zeitweise über den Bremer Westen umgeleitet werden. Laut Bremer Straßenbahn AG (BSAG) fahren alle Linien wieder, allerdings nicht immer pünktlich. In Bremen-Nord war zeitweise die Buslinie 94 unterbrochen. Dort fiel bei der Haltestelle "Auf dem hohen Ufer" ein Baum auf einen Bus. Als die Strecke wieder freigeräumt war, kippte allerdings ein weiterer Baum um und blockierte die Straße. Auch der Fährverkehr zwischen Vegesack und Lemwerder war zwischen 15 und 17 Uhr eingestellt.
Sturm sorgt für Flugausfälle im Norden
Wegen des heftigen Sturms mussten auch etliche Flugverbindungen am Donnerstag ausfallen. Der Flughafen Bremen meldete drei gestrichene Flüge von und nach Amsterdam sowie eine abgesagte Maschine aus Istanbul. Auch in Hannover fielen Verbindungen mit der niederländischen Hauptstadt sowie nach Istanbul aus. Obwohl der Airport nach Angaben einer Sprecherin grundsätzlich angeflogen werden konnte, mussten mehrere Piloten ihre Landeversuche abbrechen und durchstarten.
In Wilhelmshaven hat Xavier einen rund 1000 Tonnen schweren Hafenkran aus den Angeln gehoben und ins Fahrwasser der Jade gestürzt. Orkanböen der Stärke 12 hätten den auf Schienen laufenden Kran am Mittag angehoben, gedreht und umgekippt, sagte ein Sprecher der Wasserschutzpolizei. Hafenarbeiter wurden nicht verletzt. Der Kran wurde völlig zerstört, der Gesamtschaden wird auf mehr als eine Million Euro geschätzt. In Bremerhaven kam es zu einem ähnlich dramatischen Unfall: Ein Schwimmkran rammte eine Megayacht. Der Kran im Fischereihafen war vom Sturm losgerissen worden und beschädigte zuerst einen Fischtrawler und danach die teure Yacht. Mitarbeiter einer ansässigen Werft konnten den Kran sichern, teilte die Feuerwehr Bremerhaven mit.
Schäden in Diepholz und Verden
Auch in Niedersachsen richtete "Xavier" massive Schäden an: Im Braunschweiger Hafen wurde ein Mensch von einem herabstürzenden Gegenstand schwer verletzt. Ebenfalls schwere Verletzungen erlitt eine 25 Jahre alte Autofahrerin im Kreis Diepholz. Sie musste von der Feuerwehr aus ihrem Wagen befreit werden, nachdem sie frontal gegen einen umgestürzten Baum gefahren war. Der Baum war zuvor auf ein fahrendes Auto gestürzt. Die drei männlichen Insassen konnten sich unverletzt befreien.
Im Landkreis Diepholz entwurzelte "Xavier" einige Bäume. Die B6 blieb in beiden Richtungen in Höhe Grützmacherstraße in Weyhe gesperrt, nachdem ein großer Baum umgefallen und große Äste auf die Fahrbahn gefallen waren. Bei der Polizeiinspektion Osterholz-Verden gingen in nur drei Stunden 96 Meldungen über umgestürzte Bäume ein. Im Kreis Osterholz zählte die Polizei 44 abgeknickte Bäume, die Straßen versperrten, im Kreis Verden waren es 52. Auch in Grasberg war kein Durchkommen mehr: Hindernisse versperrten die Fahrbahn. Verletzte gab es in Osterholz und Verden laut Polizei nicht.
Fährverkehr eingeschränkt
Das Sturmtief "Xavier" behinderte außerdem den Fährverkehr zu den Nordseeinseln. Fünf Katamaran-Verbindungen nach Borkum wurden am Donnerstag abgesagt. Auch im Schiffsverkehr mit Norderney und dem Fährverkehr nach Wangerooge wurden Einschränkungen erwartet. Wegen erwarteter hoher Wasserstände wurden für den Freitag bereits mehrere Verbindungen nach Wangerooge abgesagt.
(bul/butt/cah/hek/dpa)
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