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Amoklauf an Schule in USA Motiv bleibt im Dunkeln

New York. Knapp ein Jahr nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut liegt das Motiv des Todesschützen Adam Lanza weiter im Dunkeln. Jetzt haben die Justizbehörden ihren Ermittlungsbericht veröffentlicht.
27.11.2013, 06:30 Uhr
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Von Frank Herrmann

Knapp ein Jahr nach dem Amoklauf an der Sandy-Hook-Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut, bei dem 20 Kinder und acht Erwachsene ums Leben kamen, liegt das Motiv des Todesschützen Adam Lanza weiter im Dunkeln. Am späten Montag veröffentlichten die zuständigen Justizbehörden ihren Ermittlungsbericht.

Zuletzt verhängte Adam Lanza sogar die Fenster mit schwarzen Mülltüten, um ganz für sich zu sein in seinem Zimmer. Mit seiner Mutter Nancy sprach er da schon nicht mehr, sie durfte sein Reich nicht betreten, die beiden schickten sich E-Mails, wenn es etwas mitzuteilen gab. Wie ein Eremit hockte der 20-Jährige tage- und nächtelang vor seinem Computer und der Konsole mit den Videospielen, die er wie ein Süchtiger gespielt haben muss, populäre wie „Call of Duty“ und „Grand Theft Auto“ und ein abseitiges mit dem Titel „School Shooting“. In einer Tabelle verzeichnete er die tödlichsten Amokläufe der amerikanischen Geschichte. Zu den Zeitungsartikeln, die er sammelte, gehört einer aus dem Jahre 1891, in dem es um Schüsse auf Schulkinder ging.
Gut elf Monate hat es gedauert, bis die Ermittler im Bundesstaat Connecticut einen Abschlussbericht über Lanza vorlegen konnten. Basierend auf unzähligen Gesprächen und Polizeiprotokollen, ist es im Wesentlichen eine Charakterstudie, die Skizze eines Außenseiters. Am Morgen des 14. Dezember 2012 marschierte Lanza in die Sandy-Hook-Grundschule der idyllischen Kleinstadt Newtown, wo er in knapp zehn Minuten 154 Mal feuerte und 20 Erstklässler und sechs Lehrer erschoss, nachdem er daheim bereits seine Mutter getötet hatte.
Der Schütze, schreibt Staatsanwalt Stephen J. Sedensky, sei regelrecht besessen gewesen von Massenmorden, besonders von dem Blutbad, das Eric Harris und Dylan Klebold 1999 an der Columbine High School in Colorado anrichteten. Dennoch, auf die Frage nach dem Motiv gebe es keine schlüssigen Antworten, „es fehlt an klaren Anhaltspunkten, warum er es tat und wieso er die Sandy-Hook-Schule ins Visier nahm“. Umso detaillierter zeichnet Sedensky das Bild eines Einzelgängers, dem es materiell zwar an nichts fehlte, der aber mit der Zeit immer mehr vereinsamte, der ärztliche Hilfe brauchte, sich aber nicht helfen lassen wollte. Adam Lanzas Vater Peter, hoch bezahlter Steuerexperte beim Konzern General Electric, verließ die Familie, als der Junge neun Jahre alt war. Später zog auch Ryan aus, Adams älterer Bruder, sodass Nancy mit ihrem jüngsten Sohn allein lebte. In dem Bericht liest es sich, als habe sie ihn gewähren lassen, sich ratlos seinen Launen gefügt, statt ihn aus seinem Kokon zu reißen und unter Leute zu bringen. Der Eigenbrötler hasste Geburtstage ebenso wie Feiertage, an Weihnachten wehrte er sich mit Erfolg dagegen, dass daheim, im geräumigen Einfamilienhaus in der gepflegten Yogananda Street, ein Tannenbaum aufgestellt wurde. Zu seinen Marotten gehörte, dass er Türgriffe nicht anfassen konnte, sich immerzu die Hände wusch und häufig die Kleidung wechselte. Besucher wurden gebeten, nicht an der Haustür zu klingeln, weil Adam laute, zumal überraschende, Geräusche nicht vertrage.
Freunde hatte er keine, der Kontakt zu Gleichaltrigen scheint zum Schluss völlig abgerissen zu sein. Eine Weile, bis zur siebten Klasse, spielte er noch in der Schulband, Saxofon, dann zog er sich noch mehr in sein Schneckenhaus zurück. 2005 diagnostizierten Ärzte das Asperger-Syndrom, eine milde Form des Autismus, die sich durch Probleme mit der Verarbeitung von Reizen, durch sensorische Überempfindlichkeit und Schwierigkeiten im sozialen Umgang äußert. Psychologen nahmen sich des stillen Teenagers an, sie empfahlen Medikamente und Therapien, worauf sich der Patient allerdings nicht einlassen wollte – die überforderte Mutter konnte oder wollte ihn nicht vom Gegenteil überzeugen.
Selber Waffenliebhaberin, nahm sie den Heranwachsenden stattdessen mit zu Schießkursen und ließ ihn bedenkenlos mit den Gewehren und Revolvern ihrer Privatsammlung hantieren, wobei unklar bleibt, ob sie wusste, welche morbide Faszination Adam für Amokläufer entwickelte. Zum vorigen Weihnachtsfest wollte Nancy Lanza ihrem Sohn Geld für den Kauf einer Pistole schenken, einer tschechischen CZ-83. Den Scheck dafür hatte sie bereits ausgestellt.

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