Lange haben führende Politiker eine Impfpflicht abgelehnt. Doch angesichts der immer weiter steigenden Infektionszahlen verändert sich nun die Debatte stark. Die Stimmen von Politikern, die sich für eine allgemeine Impfpflicht aussprechen, werden immer mehr – bundesweit und auch in Bremen. Nun unterstützt auch der Landesvorstand der Bremer CDU die Forderung, die Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff zuvor als erster Bremer Politiker befürwortet hatte.
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte sich zuletzt offen für eine Debatte über das Thema gezeigt. Man könne eine allgemeine Impfpflicht mit Blick auf die bundesweite Situation "sicherlich nicht ausschließen", so der Bürgermeister: "Wir müssen sehr ernsthaft darüber diskutieren."
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Jetzt spricht sich die Bremer CDU-Spitze für die Impfpflicht aus: Die deutliche Mehrheit der Bevölkerung im Land Bremen und in Deutschland habe sich schnell impfen lassen und sich auch zuvor an Hygiene-Regeln und Testpflichten gehalten, betont CDU-Landeschef Carsten Meyer-Heder. "Diese Menschen zeigen sich seit mehr als 20 Monaten solidarisch und sind dennoch in einigen Bundesländern erneut mit schärferen Corona-Maßnahmen konfrontiert." Wenn diese Solidarität einseitig von denjenigen ausgenutzt werde, die sich einer Impfung verweigerten, müsse man auch über eine Impfpflicht nachdenken. Sie könne "das mildere Mittel gegenüber allgemeinen Lockdown-Maßnahmen" sein, so Meyer-Heder.
Und auch die Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft teilte am Montagnachmittag mit, dass sie nun eine allgemeine Impfpflicht fordert.
Bundesweit werden die Forderungen nach einer Impfpflicht ebenfalls lauter: Ministerpräsidenten wie Daniel Günther (CDU, Schleswig-Holstein), Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt) und Markus Söder (CSU, Bayern) haben sich offen dafür gezeigt. In der CSU gebe es eine große Zustimmung zur Impfpflicht, sagte Söder.
Für eine Impfpflicht für Erwachsene plädiert der Präsident des Kinderschutzbundes Heinz Hilgers: Kinder und Jugendliche hätten in der Pandemie auf sehr vieles verzichtet, betonte Hilgers. "Es ist respektlos, wenn wir uns als Erwachsene nicht impfen lassen." Ähnlich hatte sich zuvor der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte geäußert.
Auch mehrere Krebs-Organisationen wie zum Beispiel die Deutsche Krebshilfe fordern eine verpflichtende Corona-Immunisierung. Sie verweisen darauf, dass nicht nur Corona-Erkrankte, sondern auch viele andere Patienten, die dringend eine medizinische Behandlung benötigen, in Gefahr gebracht werden, wenn die Krankenhäuser voll sind.
Grüne fordern schärfere Maßnahmen
Die Grünen-Fraktion in Bremen fordert nicht nur eine Impfpflicht, sondern insgesamt schärfere Maßnahmen des Senats. "Bremen ist keine Insel, da hilft allein die gute Bremer Impfquote nicht weiter", sagt Vize-Fraktionssprecherin Ilona Osterkamp-Weber. Die geltende Warnstufe 0 signalisiere der Bevölkerung "ein völlig falsches Bild vom Infektionsgeschehen" und der "jetzt schon kritischen Lage in den Bremer Krankenhäusern", heißt es in einem Positionspapier. Die Hansestadt solle mindestens eine Warnstufe höher gehen. Die Quote freier Intensivbetten sei in Bremen niedriger als in anderen Bundesländern, argumentieren die Grünen. Zudem erfasse die Hospitalisierungsrate nicht die vielen niedersächsischen Patienten in Bremer Kliniken. Die Fraktion fordert strengere Kontrollen der Corona-Auflagen. Zudem wollen die Grünen drei Tests pro Woche für Schulkinder (bislang sind zwei Pflicht) und eine Wiedereinführung der PCR-Lollitests in Kitas.
Auch auf Parteiebene wollen die Bremer Grünen über schärfere Maßnahmen diskutieren. Für prominente Grüne gehen die Pläne der Ampel-Koalition im Bund nicht weit genug. Dafür setzen sich unter anderem die grüne Landesvorsitzende Alexandra Werwath sowie die Vize-Fraktionssprecherinnen in einem Antrag für den Landesparteitag der Grünen am 4. Dezember ein. Angesichts der aktuellen Infektionszahlen verböten sich "wohlfeile Äußerungen über Lockerungen oder zum Pandemieende", heißt es in dem Antrag. Bremen solle sich trotz seiner relativ hohen Impfquote "nicht in trügerischer Sicherheit wiegen".
Zu den Antragstellern gehören auch Landesvorstandsmitglied Sona Terlohr, Ex-Fraktionschef Matthias Güldner, Ex-Landesvorstandssprecher Hermann Kuhn sowie die Ex-Senatorin und Ex-Europa-Abgeordnete Helga Trüpel.
Sie fordern, es müsse weiterhin eine "Grundlage für verfassungskonforme Eingriffe in Grundrechte" geben, zum Beispiel für Kontaktreduzierung, Einschränkungen privater Treffen und Veranstaltungsverbote. Diese Maßnahmen sind jedoch ohne Zustimmung des Bundesrates nicht mehr zulässig, wenn die epidemische Lage nach dem Willen der künftigen Ampel-Koalitionäre am Donnerstag ausläuft.