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Das Verhältnis zu Israel Solidarität statt Nibelungentreue

Deutschlands besondere Verantwortung für Israel verpflichtet die Bundesregierung geradezu, der Politik von Premier Benjamin Netanjahu kritisch zu begegnen, meint Joerg Helge Wagner.
20.05.2025, 05:00 Uhr
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Solidarität statt Nibelungentreue
Von Joerg Helge Wagner

Was ist Deutschlands Staatsräson, also überragend im Sinne des Gemeinwohls? Sicher nicht die bedingungslose Unterstützung jeder israelischen Regierung, ungeachtet, was diese gerade tut oder lässt. Aber so hat es Angela Merkel auch niemals gemeint, sondern viel grundsätzlicher: Ihr ging es um das Existenzrecht des jüdischen Staates, das Deutschland schon aus Verantwortung für seine eigene dunkle Geschichte garantieren müsse. Schwierig wird dies, wenn die einzige seit Jahrzehnten funktionierende Demokratie im Nahen Osten von der eigenen Regierung gefährdet wird.

Es ist bezeichnend, wenn der deutsche Bundespräsident bei seinem Staatsbesuch von Vertretern der israelischen Opposition gebeten wird, er möge doch den Premierminister an Prinzipien wie Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz erinnern. Und da ist das Wort Gaza noch gar nicht gefallen. Aber Benjamin Netanjahu ist eben auch Chef einer Regierung, in der es einige Minister für legitim halten, die Bevölkerung des Gazastreifens auszuhungern. Da man dies auch in der Realität tut, bekommt Masha Gessens umstrittener Vergleich mit den Ghettos im von Nazis besetzten Polen wieder Gewicht.

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Dabei bleiben die Ghetto- und Völkermord-Verdikte natürlich schief und krumm. Das Deutsche Reich ist nicht von polnischen Juden angegriffen worden, umgekehrt war deren totale Vernichtung das erklärte Ziel des NS-Regimes. Dazu muss man nicht Historiker sein, Fußball-Profi reicht: Wenn Gary Lineker den Anstand hat, sich für das Verbreiten von antisemitischen Stereotypen zu entschuldigen, sollte das Akademikern umso leichter fallen.

Israel will sichere Grenzen. Und alle Israelis, auch die erbittertsten Gegner von Netanjahus Regierung, wollen nie wieder Opfer sein. Der 7. Oktober 2023 hat ihnen aber gezeigt, dass auch die beste Armee des Nahen Ostens das nicht garantieren kann. Köpfe und Infrastruktur der libanesischen Hisbollah konnte man noch halbwegs präzise treffen. Im Gazastreifen produziert man jedes Mal grauenvolle Bilder, die trotz scharfer Zensur um den Globus gehen. Und schon wegen des inneren Friedens im eigenen Land ist es deutsche Staatsräson, gemeinsam mit den europäischen Partnern Israel auf humanitäre Mindeststandards zu verpflichten.

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