Das Musical Aladdin feiert in Hamburg Premiere. Zwischen bunten Kostümen und beeindruckendem Bühnenbild bleibt auch noch Zeit für Anspielungen auf Helene Fischer und Angela Merkel.
Bei „Aladdin“ wurde offensichtlich an nichts gespart. Nicht beim Ensemble, nicht an der Ausstattung, nicht an der Technik, nicht an den Kostümen und Requisiten, nicht am Bühnenbild. Nirgendwo. Entsprechend opulent ist das Ergebnis. Es ist bunt, es ist schmissig, es ist spektakulär, es lässt keine Wünsche offen. Am Sonnabend wurde in Hamburg die Europapremiere des Disney-Musicals im Theater „Neue Flora“ gefeiert. Das Musicalunternehmen Stage Entertainment GmbH hat für Deutschland die Aufführungsrechte an der Show erworben, die seit rund anderthalb Jahren am New Yorker Broadway für Begeisterungsstürme sorgt. Es ist mit „Phantom II – Liebe stirbt nie“, „Der König der Löwen“ und „Das Wunder von Bern“ die vierte Show, die Stage Entertainment derzeit parallel in Hamburg zeigt.Erzählt wird die Geschichte vom Habenichts Aladdin aus den orientalischen Märchen von 1001 Nacht, der eine magische Lampe aus einer Höhle bergen soll. Statt sie seinem Auftraggeber zu überlassen, untersucht er sie selbst und lässt ihr den mächtigen Geist Dschinni entsteigen, der in der Lage ist, Aladdin drei Wünsche zu erfüllen. Sie drehen sich vor allem um Prinzessin Jasmin, die Tochter des Sultans, deren Herz Aladdin erobern will. Disney wäre nicht Disney, wenn das Musical nicht gut ausginge.
Die Musik stammt aus dem gleichnamigen Animationsfilm, den Disney vor 23 Jahren in die Kinos brachte. Komponiert wurde sie von Alan Menken, der acht Oscars für seine Mitwirkung an Disney-Filmproduktionen gewann. Auch „Aladdin“ wurde mit Oscars für die beste Filmmusik und den besten Song (in der deutschen Musicalversion: „In meiner Welt“) sowie mit Golden Globes ausgezeichnet. Dirigiert wird sie in Hamburg von Klaus Wilhelm.
In der Rolle des Aladdin schlüpft Richard-Salvador Wolff. Es ist seine erste Musical-Hauptrolle, und das merkt man. Es mag auch in der Rolle des jugendlichen Liebhabers begründet liegen, die nicht mit der des Geists Dschinni (Enrico De Pieri) konkurrieren kann, aber Wolff bleibt etwas blass. Ähnliches gilt für die Frau an seiner Seite, Jasmin, dargestellt von Myrhtes Monteiro: Sie ist die fleischgewordene Disney-Prinzessin aus den Zeichentrickfilmen – zuckersüß und ein bisschen langweilig.
Ganz anders als der Bösewicht Dschafar, dessen Darsteller für Bremer Musicalfans ein alter Bekannter ist: Ethan Freeman, einst Hauptakteur des Bremer Musicals „Jekyll & Hyde“. An seiner Seite steht Jago – devoter Gehilfe und Clownsfigur in Personalunion, herausragend personifiziert von Eric Minsk. Der Star der Show ist indes Dschinni alias Enrico de Pieri – eine Art orientalischer Dirk Bach: rundlich, frech, komisch. Das Publikum ist hingerissen.
Die Szene in der magischen Höhle, in der Dschinni der Wunderlampe entsteigt, gehört zweifellos zu den funkelnden Höhepunkten der Show. Ein Rausch aus Farben, Lichtern, Effekten, Tanz und Gesang mit Anlehnungen an die Mütter zeitgenössischer Musicals mit goldenen Fräcken, Zylindern, Gehstöcken und Stepp-Einlagen. Selbst die Szene, in der Aladdin und Jasmin wie von Zauberhand auf einem fliegenden Teppich über die Bühne schweben, kann da kaum mithalten.
Die deutsche Version des Musicals soll nach den Wünschen der Disney Theatrical Group quasi bis aufs Jota der Broadway-Version gleichen. Allerdings hat man sich um das deutsche Publikum bemüht, es gibt immer wieder kleine Anspielungen und Verweise auf hiesige Verhältnisse. Dschinni stimmt „Atemlos“ von Helene Fischer an, Jago erwähnt die Kanzlerin, die Fernsehshow „Let’s Dance“ wird genauso zitiert wie Hape Kerkeling und Bruce Darnell. Das ist mal ganz charmant, mal etwas albern. Neben viel Kitsch gehört ein bisschen Klamauk zu Disney-Produktionen eben auch dazu.
Der Perfektion eines Zeichentrickfilms können Produktionen mit Menschen meist nicht mal nahekommen. „Aladdin“ kann. Es ist nicht nur die imposante Bühnentechnik, deren Möglichkeiten dieses Spektakel grandios ausnutzt. Es ist auch eine geniale Choreografie, deren Raffinesse und Präzision dem Ensemble Höchstleistungen abverlangt – dem Zuschauer dagegen nichts als stummes Staunen.