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"Sie hätten mich jederzeit töten können" Chloe-O'Brian-Darstellerin Mary Lynn Rajskub über die finale Staffel der Echtzeitserie "24" (letztmals Montag, 20.12., 22.30 Uhr, bei kabel eins, ab 26.11 auf DVD und Blu-ray Disc)

Seit 2003 spielte Mary Lynn Rajskub eine der raren Vertrauten von Kiefer Sutherland alias Terroristenjäger Jack Bauer. Warum ihre Figur Chloe O'Brian zu einer langlebigen Sympathieträgerin reifte, weiß sie auch nicht.
19.11.2010, 00:00 Uhr
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Von Jens Szameit

Seit 2003 spielte Mary Lynn Rajskub eine der raren Vertrauten von Kiefer Sutherland alias Terroristenjäger Jack Bauer. Warum ihre Figur Chloe O'Brian zu einer langlebigen Sympathieträgerin reifte, weiß sie auch nicht.

"24" - im Grunde war das immer eine One-Man-Show. Gewiss, der von Kiefer Sutherland gespielte Anti-Terror-Agent Jack Bauer hatte Helfer, Verbündete, ja sogar Frauen. Die meisten von ihnen starben im Verlauf von acht Serienstaffeln, wechselten die Seiten, erwiesen sich als Verräter - im schlimmsten Fall sogar alles zusammen. "Ich weiß auch nicht, warum ich so viel Glück hatte", zeigt sich Mary Lynn Rajskub, die seit 2003 die treue Datenanalystin Chloe O'Brian an der Seite des Terrorfahnders spielte, aufrichtig ratlos: "Sie hätten mich jederzeit töten können." Dass die 39-jährige Schauspielerin nun nach London geschickt wurde, um die DVD- und Blu-ray Disc-Veröffentlichung (26.11.) der achten und letzten "24"-Staffel zu promoten, spricht für sich.

Das englische Wetter sei nicht ganz das, was sie aus L.A. gewohnt sei, klagt Mary Lynn Rajskub. Jetlag sei aber kein Thema. Ehrensache bei einer Schauspielerin, die mit einer Figur berühmt wurde, die 24 Stunden ohne Verschnaufpause ermitteln muss. Weniger gleichgültig denkt sie an das beschlossene Ende der einst als revolutionär gefeierten, mehrfach Emmy-prämierten Echtzeitserie: "Es war sehr emotional, sich von den Charakteren zu verabschieden. Genauso wie von den Kollegen, wirklich traurig."

Mit ein wenig Distanz dürfte auch der aus Detroit, Michigan, stammenden Schauspielerin nicht entgangen sein, dass die Agentenserie immer mehr inhaltliche Abnutzungserscheinungen offenbarte. Steigende Kosten und sinkende Einschaltquoten nannte die Produktionsfirma Fox als Gründe für den Ausstieg. Wenngleich die Resonanz beim US-Publikum deutlich stabiler blieb als bei den deutschen Zuschauern. kabel eins, das die letzten beiden Folgen am 20. Dezember, ab 22.30 Uhr, zeigt, war hierzulande der letzte Verbündete des einsamen Helden Jack Bauer. Fast so, wie dies die Computerspezialistin Chloe O'Brian in der Serie ist.

"Ja, wir verstehen uns auch abseits des Sets blendend", antwortet Rajskub auf die nahe liegende Frage, ob zwischen ihr und Kiefer Sutherland über die Jahre ein ähnliches Vertrauensverhältnis gewachsen sei: "Aber wir gehen nicht ständig miteinander aus." Der Familienmensch Rajskub und der Partylöwe Sutherland, das passt wohl nur begrenzt: "Ich begleite ihn nur eine Weile durchs Nachtleben. Dann gehe ich nach Hause, und er zieht weiter."

Seit 2008 ist Mary Lynn Rajskub Mutter, 2009 heiratete sie ihren langjährigen Lebensgefährten Matthew Rolph in Las Vegas. Sie malt, war Teil eines Comedy-Duos namens Girls Guitar Club, scheut aber auch hier den Vergleich mit dem begeisterten Gitarrensammler Sutherland: "Kiefer spielt viel besser Gitarre als ich", bei ihrem musikalischen Comedy-Duo liege die Betonung klar auf "Comedy".

Ein bisschen Lachen zur Ablenkung schadet wohl nicht, wenn man in einer praktisch humorfreien Serie spielt, in der es um Terroranschläge, Folter, Verrat, Korruption und Ämtermissbrauch geht. "Das Schöne an '24' ist, dass es bestimmte Dinge reflektiert, die in der Gesellschaft passieren", sagt Rajskub. "Genau deshalb wurde in New York gedreht. Es gibt der Serie eine andere Qualität, weil die Ereignisse von 2001 den Menschen noch gegenwärtig sind."

Lange Jahre hatten sich die Produzenten gescheut, die 9/11-Stadt zum Schauplatz eines fiktiven Terrorszenarios zu machen. Fast ein Jahrzehnt nach den verheerenden Anschlägen schien ihnen die Zeit gekommen. "Die Stadt ist wieder zum Leben erwacht", findet auch Rajskub. "Aber die Erinnerung und das Trauma sind immer noch spürbar, das wird wohl auch immer so sein." Eine Diagnose, die auch nach dem Ende der Bush-Ära auf das ganze Land trifft: "Es ist seltsam. Wir haben uns von der Terrorangst befreit, und trotzdem ist sie noch da."

Zwiespältig fällt seit jeher auch die Rezeption der Serie aus. Lange Jahre vor Barack Obama inthronisierten die Macher einen afroamerikanischen Präsidenten als uneingeschränkt positive Identifikationsfigur. Dennoch gab es viel Kritik von liberaler Seite, die sich vor allem an Jack Bauers freizügiger Anwendung von Gewalt entfachte. Folter, Erpressung, Mord, alles ist erlaubt, wenn's um das Verhindern einer Katastrophe geht.

"Die Autoren gehen sehr sensibel mit dem Thema Folter um, wollen sich davor aber auch nicht drücken", erläutert Rajskub den Zwiespalt. Sie weiß: "Es ist ein provokatives Thema. Niemand würde dulden, dass durch Folter Informationen erpresst werden." Die Darstellung sei fraglos zugespitzt, es handele sich halt um ein "dramaturgisches Mittel".

Immerhin, mit Chloe O'Brian stand seit Staffel drei eine Frau im Auge des Gewaltorkans, der erfrischenderweise Waffen zuwider waren. "Chloe arbeitet mit ihrem Intellekt, soziale Kompetenzen sind bei ihr nicht so stark ausgeprägt, damit kann ich mich sogar ein wenig identifizieren", nennt Rajskub eine weitere Gemeinsamkeit zwischen ihr und der Figur: "Ich bin aber nicht so geschickt wie sie. Nicht mit technischen Dingen."

Chloes trotzige Dickköpfigkeit und Beharrlichkeit scheinen aber auch der Wahlkalifornierin eigen zu sein. Während sie auf ihre Chance in Hollywood lauerte, hielt sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. "Hätte ich es nicht geschafft, würde ich vermutlich immer noch kellnern und Tickets abreißen", glaubt Rajskub: "Schauspielerin zu werden, war eine Entscheidung, die nichts mit den Werten zu tun hatte, mit denen ich aufwuchs. Man muss Risiken eingehen, die bei näherer Betrachtung eigentlich ein bisschen lächerlich sind. Es gibt keine Garantie, dass es sich am Ende auszahlt."

Nein, Garantien gibt's wohl wirklich nicht im Diesseits. Schon gar nicht bei "24", wo die Darsteller todgeweihter Figuren gewöhnlich "ein oder zwei Wochen vorher einen Wink mit dem Zaunpfahl bekommen, dass sie's nicht mehr so lange machen werden". Dass Jack den Kopf mal wieder aus der Schlinge ziehen konnte, ist längst ein offenes Geheimnis. Schließlich wurde bekannt, dass er 2011 auf der Kinoleinwand Europa vor Anschlägen retten soll. "Habe ich auch von gehört", sagt Rajskub, die inständig hofft, dass Chloe mit von der Partie ist. Garantieren kann ihr das natürlich keiner: "Bei solchen Konversationen sind wir Schauspieler leider außen vor."

kabel eins zeigt die achte "24"-Staffel, freitags, 22.15 Uhr, in Doppelfolgen, letztmals am 20. Dezember, leicht zeitversetzt um 22.30 Uhr. Auf DVD und Blu-ray Disc ist die finale Season bereits ab 26. November zu haben.

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