Wulsbüttel. Die Schweinehaltung, gleichgültig in welcher Größenordnung, unterliegt strengen Vorgaben. So wird unter anderem in der Schweinehaltungshygieneverordnung als bauliche Voraussetzung für die Freilandhaltung geregelt, dass diese doppelt eingefriedet werden muss. Auch das Betreten der Freilandhaltung von betriebsfremden Personen mit betriebseigener Schutzkleidung oder Einwegkleidung, die nach dem Verlassen gereinigt oder entsorgt wird, muss der Tierhalter sicherstellen.
Vorschriften, die besonders mit Blick auf die sich ausbreitende Schweinepest verstärkt wurden, haben letztendlich nun dafür gesorgt, dass das Schullandheim Dreptefarm sich für die Abschaffung der eigenen Schweinehaltung entschieden hat. 20 Jahren lang lebten Schweine der Rasse „Bunte Bentheimer“, die als extrem gefährdet auf der Roten Liste gefährdeter Nutztierrassen stehen, auf dem Gelände. „2001 sind wir mit zwei Ferkeln angefangen“, erzählt Sönke Hofmann, seit 20 Jahren ehrenamtlicher Vorsitzender des Schullandheimvereins Dreptefarm und seit 25 Jahren hauptamtlicher Geschäftsführer des Naturschutzbundes (Nabu) Bremen.
Zur Philosophie des Schullandheims gehört die Tierhaltung mit pädagogischem Aspekt. „Unsere Schweine haben nicht nur die Gemüsereste verwertet, sondern auch für manch spannende Kind-Tier-Begegnung gesorgt“, berichtet Sönke Hofmann. Doch die ständig steigenden Auflagen würden Kleinstbetrieben die Haltung zunehmend erschweren. „Den bisherigen doppelten Zaun hätten wir noch mit eingegrabenen Baustahlmatten verstärken können“, so der Heimvorsitzende. Doch mit dem Näherrücken der Afrikanischen Schweinepest würden sich auch die Regeln ändern, und ein Meter Abstand der Zäune zueinander reiche nicht, ärgert er sich über Vorgaben.
Forderung nach Bagatellgrenzen
Hoffmann fordert wenigstens für Hobbyhalter Bagatellgrenzen. Artgerechte Freilandhaltung von Schweinen werde mit überzogenen Auflagen unmöglich gemacht. „Wir haben keine Vernetzung in andere Ställe, der Kontakt ist quasi Null." So sieht er die „Hysterie aufgrund der Schweinepest“, wie er es ausdrückt, sehr kritisch. Auch eine Übertragung durch freilebende Wildschweine, die sich in die Schweinegehege graben könnten, hält er für ausgeschlossen. Die Gefährdung sei zu 99 Prozent auf die Unachtsamkeit der Menschen zurückzuführen, beispielsweise durch weggeworfene Wurstbrote oder entsprechend verschmutzte Schuhe als Überträger des für den Menschen ungefährlichen Keims.
In den beiden Schweinegehegen der Dreptefarm habe es mal zwei, aber auch mal fünf oder sechs Schweine gegeben. Noch vor zwei Jahren hätten zwei Säue nach überraschend erfolgreichem Decken gleich je acht Ferkel innerhalb eines Monats geworfen. „Das war ein bisschen viel“, erinnert sich Sönke Hofmann schmunzelnd. Den Schweinenachwuchs habe man immer so geplant, dass er im Frühjahr geboren wurde und die Kinder, die mit ihrer Klasse zu Gast waren, die Ferkel sehen konnten. Zum Teil seien die Ferkel dann verkauft, zum Teil aber auch geschlachtet und die Wurst intern an Mitarbeiter verteilt worden. „Das Heim ist mittlerweile vegetarisch, wir nutzen ausschließlich Bio-Ware“, erzählt der Heimvorsitzende.
Vor drei Jahren habe man ein zweites Schweinegehege mit einbetonierten Pfählen und einem soliden Zaun gebaut. Das sei bei Schweinen generell besonders wichtig: „Wenn man Schweine hält, hat man sonst schnell Erlebnisse, wie sie sich durch den Zaun wühlen, wenn es nur irgendwo interessant genug riecht“, weiß Sönke Hofmann. Daher habe man einen Elektrozaun und, mit einem Meter Abstand, den festen Zaun errichtet. In das ältere Gehege ziehen nun Schafe ein, das neuere bekommt ebenfalls wieder Bewohner: „Wir werden die Fenster mit Gittern mardersicher machen und den Hühnerbestand erweitern.“ Als Nachfolger sei das Geflügel gut geeignet: Die Hühner müssten als Allesfresser auch ein wenig die Schweinerolle übernehmen, blickt Sönke Hofmann auf die weitere ökologische Verwertung von entsprechenden Nahrungsresten. Auch wenn er wenig Hoffnung auf praxisnahe Regeln sieht: „Bei einer Verbesserung der Vorgaben für Hobby-Schweinehalter würde die Dreptefarm sofort wieder Schweine anschaffen“, sagt Sönke Hofmann.
Seit einem Jahr keine Belegung
Die Dreptefarm, dessen ideeller Träger der Naturschutzbund (Nabu) Bremen ist, kann bereits auf eine gut 60-jährige Geschichte zurückblicken und ist damals überwiegend in ehrenamtlicher Eigenleistung durch eine Bremer Eltern-Lehrer-Initiative entstanden. „Nach der Übernahme durch den Nabu ist die Elternschaft als Hilfe natürlich weggebrochen, doch auch heute unterstützen uns verschiedene Personen und Unternehmen, die uns zum Teil schon über mehrere Jahre die Treue halten“, erzählt der Heimvorsitzende und Nabu-Geschäftsführer Sönke Hofmann. Aufgrund der Corona-Pandemie gebe es seit einem Jahr keine Belegung im Schullandheim. Freizeiten konnten im vergangenen Jahr jedoch stattfinden. „Wir hoffen darauf, dass die Osterfreizeiten möglich sein werden. Man wird sehen, ob die Infektionszahlen das hergeben“, sagt Sönke Hofmann. Dankbar sei er dafür, dass die Stadt Bremen 60 Prozent der Belegungskosten der abgesagten Fahrten der Schulen übernommen habe. „So haben wir genug Geld, um die laufenden Kosten zu decken. Und wir hatten großes Glück, das 2019 ein belegungsreiches Jahr war, sodass wir mit einem finanziellen Polster in 2020 starten konnten“, gibt er einen Einblick in die aktuelle Situation. Die Zeit des Leerstandes habe man mit vielen ehrenamtlichen Kräften genutzt, um die Bäder zu renovieren. Heimleiter und Hausmeister als festangestellte Mitarbeiter seien in Kurzarbeit, den geringfügig Beschäftigten zahle man monatlich 200 Euro, um sie zu unterstützen.
Infos über das Schullandheim gibt es unter www.nabu-dreptefarm.jimdofree.com.