Wulsbüttel. Ein Altar aus dem Jahre 1669, eine Kanzel von 1555, ein Taufbecken, das aus der Zeit um 1700 stammt und ein Kirchenbau, der seit 1240 steht: Die St. Lucia Kirche zu Wulsbüttel ist reich an Geschichte.
„Sie wurde aus Findlingen gebaut, das war das Baumaterial, das in unserer Region reichlich vorhanden war. Die Mauern sind 80 Zentimeter dick und die Fenster sitzen in der Mitte der Mauer, darum sieht man das nicht gleich“, erzählt Hinrich Hannken-Illjes. Der Wulsbütteler bietet Kirchenführungen an und schmückt das Gotteshaus regelmäßig mit seinen christlichen Holzdarstellungen.
Aktuell ist sein Werk zur biblischen Jahreslosung 2020 „Ich glaube, hilf meinem Unglauben" zu sehen. Es zeigt in einer Größe von etwa einem Meter mal 1,10 Meter eine Szene auf mehreren Ebenen und wurde am 5. Juli, zur Aktion „Kirche auf dem Rad“, aufgestellt. „Glaube ist etwas, das man nicht anfassen kann“, sagt Hannken-Illjes. Daher habe er etwas Handfestes, das man vor Augen haben kann, schaffen wollen. Aus verschiedenen Hölzern ist eine Art Collage entstanden. Jedes Bauteil hat dabei seine Bedeutung. Alles ist in mühevoller Kleinarbeit entstanden: „Es dauert seine Zeit und ist ein Prozess der Entstehung. Die Arbeit sieht man nicht und das ist auch gut so“, meint er.
Seine Arbeitszeit habe er nicht bemessen, die ersten Ideen aber schon am Jahresanfang gehabt und Stück für Stück in die Tat umgesetzt. „Die Schöpfung bildet die Grundlage, gibt den festen Boden“, erklärt der 86-Jährige die in Braun gehaltene Untergrund-Darstellung. Der Stall mit der Krippe ist der Ort der Geburt, auf dem Dach steht eine Stütze. Mittig – als Pfosten – steht das Kreuz. Die offene Grabhöhle ist leer, die Rückwand hat der Hobbyhandwerker, der zu Hause eine komplett eingerichtete Werkstatt hat, hell in Gelb gestaltet. Über dem offenen Grab öffnet sich eine Stütze nach oben als Zeichen für die Auferstehung.
Die Pfosten tragen einen Wanderpfad unterhalb von fünf kleineren Baumkronen, die für die fünf Kirchengemeinden der Region Wesermünde-Süd stehen: Bramstedt, Hagen, Sandstedt, Wersabe und Uthlede-Wulsbüttel. Die große Baumkrone bildet eine 150 Jahre alte Eiche aus dem Garten von Hinrich Hannken-Illjes ab. Ein Geländer bietet nicht nur den auf der Brücke stehenden Holzfiguren, darunter auf Wunsch von Pastorin Rita Maier auch eine Familie mit Kindern, Halt: „Damit nehme ich Bezug auf die zehn Gebote, die mir Halt geben und die Grenzen für mein Tun aufzeigen“, sagt er und verrät, dass er schon immer einen Hang zu Holz hatte.
Bis 1968 betrieb er eine eigene Landwirtschaft und wechselte dann in die Verwaltung. 18 Jahre lang war er beruflich im Kirchenkreisamt tätig. Seit 1972 ist er in der Kirche aktiv und baute nebenbei schon immer kleine und große Holzkunstwerke, vorwiegend für die deutschen evangelischen Kirchentage. Auch der spitze obere Aufsatz auf dem gut 350 Jahre alten Altar in der Wulsbütteler Kirche stammt aus seiner Werkstatt: „1970 wurde im Rahmen der Kirchenrenovierung die Decke angehoben, vorher stand der Altar ohne Aufsatz stramm unter der Decke“, erinnert sich Hinrich Hannken-Illjes. In Absprache mit einem früheren Pastor habe er dann das Dreieck geschaffen. „Früher hat dort etwas anderes gesessen, das konnte man an den vorhandenen Zapfen erkennen.“
Die Kanzel von 1555 sei eine ganz schlichte Arbeit, setzt Hinrich Hannken-Illjes die Führung fort. Das Dach, ein sogenannter Schalldeckel, stamme von 1695, an der Vorderseite ist der Name Lüder Mehrtens zu lesen. Das aufwendig aus Holz gearbeitete Taufbecken, bei dem sich das eigentliche Becken unter einem Deckel verbirgt, erinnert in seiner Form an eine Laterne. „Es ist eine handwerkliche Arbeit und sechseckig, aber alle Längen sind unterschiedlich“, so Hinrich Hannken-Illjes. Das Alter des heute noch benutzten Beckens könne anhand der Arbeit und des Aussehens nur geschätzt werden. Selbst bei einer Restaurierung habe man keine versteckten Hinweise auf Daten oder Zeiten finden können.
Ein Schatz mit Geschichte ist auch die sogenannte Prieche von 1614. Eine opulente Sitzgelegenheit für die oberen Stände in der Kirche. Dem Bauherrn von Wersebe kann sie aufgrund ihrer späteren Entstehung allerdings nicht als Sitzplatz gedient haben.
Orgel erst 30 Jahre alt
Jung ist dagegen die Orgel in der St. Lucia Kirche. Sie wurde 1990 eingebaut. Hannken-Illjes kennt die Vorgänger-Geschichte: 1906 habe eine kleine Orgel das zuvor genutzte Harmonium abgelöst und sei bis zur Kirchenrenovierung 1970 bespielt worden. „Eine Reparatur lohnte sich nach Auskunft von Fachleuten nicht mehr, weil viel Leder verarbeitet war, das auf Luftfeuchtigkeit reagierte“, bemerkt er. Lange Zeit habe man ein behelfsmäßiges Instrument genutzt, bis die neue Orgel kam.
In der Wulsbütteler St. Lucia-Kirche finden normalerweise zweimal im Monat Gottesdienste statt. In der Sommerzeit beschränken sich die fünf Kirchengemeinden Bramstedt, Hagen, Sandstedt, Wersabe und Uthlede-Wulsbüttel auf einen gemeinsamen Gottesdienst. Sollte das weihnachtliche Krippenspiel in diesem Jahr in der Kirche stattfinden können, hat Hannken-Illjes bereits den nächsten Auftrag. Wegen des Coronavirus müsste dann eine Trennwand aus Plexiglas her. Für das Holzkunstwerk zur Jahreslosung muss dann ein neuer Platz gefunden werden. Und im nächsten Jahr will er die neue Jahreslosung wieder in Holz umsetzen.
Auf Wunsch bietet Hinrich Hannken-Illjes Kirchenführungen an. Termine können unter der Rufnummer 0 47 95 / 6 23 mit ihm vereinbart werden.