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Option für Gasthermen "Verlässlich, erneuerbar und vergleichbar günstig"

Biogasanlagen sind Thema zum Start der Klimaakademie des Umweltzentrums Stuhr-Weyhe am 13. April in Leeste. Referent Joost Kuhlenkamp erklärt im Vorfeld, was die Technik heute und in Zukunft leisten könnte.
10.04.2023, 13:00 Uhr
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Von Sabine Lüers-Grulke

Herr Kuhlenkamp, ist Ihr Vortrag nur für Fachleute oder auch für alle Bürger gedacht?

Joost Kuhlenkamp: Der Vortrag ist als allgemeine Informationsveranstaltung angesetzt: Wie Biogas im Moment schon dabei hilft, dass gerade im ländlichen Raum verlässlich, erneuerbar und vergleichbar günstig Wärme sichergestellt ist. Ich spreche weniger über die technische Ebene, sondern eher darüber: Wie funktioniert das?

Wie ist der aktuelle Stand der Biogasanlagen? Was kommt eigentlich hinein?

Den Großteil der Befüllung deutscher Biogasanlagen machen inzwischen Reststoffe aus der Landwirtschaft oder Abfallprodukte aus: zu mehr als 50 Prozent. Es gibt drei Typen von Anlagen: Zum einen sind das reine Abfallanlagen, die mit Bioabfällen befüllt werden. Dazu zählt Biomüll aus Haushalten, Industrie oder Gastronomie.

Den größten Teil der Anlagen bilden sogenannte Na-Wa-Ro-Anlagen, in denen neben Reststoffen wie Gülle und Mist auch nachwachsende Rohstoffe wie Mais und Rüben mit vergoren werden. Die sind entstanden, weil es eine Zeit lang schwierig war, Getreide zu vernünftigen Preisen zu verkaufen. Auch wenn sich seitdem viel verändert hat, werden diese Stoffe weiter notwendig und sinnvoll sein. Außerdem gibt es noch Gülle-Kleinanlagen, die zumeist auf landwirtschaftlichen Betrieben die eigene Gülle verwerten und daraus Energie für den eigenen Bedarf erzeugen.  

Wie können Biogasanlagen für Wärmenetze in Zukunft genutzt werden? Sollen sie auch weiterhin Strom liefern?

Im Moment ist es fast in jedem Fall so, dass die Abwärme der Biogasanlagen ein Nebenprodukt der Stromproduktion ist. Allerdings in großem Maße; bei normalen Biogasanlagen kommt schon eine Menge rum an Wärme. Es gibt aber auch die Option, dass man das Biogas genauso verwertet wie das Gas in einer normalen Gastherme. Das wird in Zukunft sicher noch ein bisschen wichtiger in der aktuellen Diskussion. Der Normalfall ist aber, dass durch die Verbrennung des Biogases im Motor Strom produziert wird und Abwärme anfällt und nutzbar gemacht wird.

Kann die Wärme auch ohne entsprechende Fördergelder genutzt werden?

Im Moment ist das schwerlich umzusetzen. In der normalen wirtschaftlichen Realität der Anlagen ist die Stromvermarktung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) schon maßgebend. Im Wärmebereich ist das Marktniveau zu gering, um das umsetzen zu können. In Zukunft könnte sich dies aber ändern und auch Bioerdgas wichtiger werden.

Welche Rolle kann diese Energiequelle für haushaltsnahe Wärmenetze spielen? Müssten endlos viele Leitungen gebaut werden?

Im Moment wird in Niedersachsen 26 Prozent der „grünen“ Wärme unter anderem durch Biogasanlagen bereitgestellt. Das ist schon ein sehr großer, relevanter Anteil. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass überall Leitungsnetze von einer Biogasanlage zu Gebäuden führen. Da, wo Biogasanlagen entstehen, sollte das möglichst so sein. Es ist aber leider illusorisch, dass das flächendeckend im ländlichen Raum passieren kann.

Wie können Biogasanlagen die Wärmeplanung unterstützen?

Eine Zukunftsoption kann sein, immer mehr Biomethan – das ist aufbereitetes Biogas, das ins Erdgasnetz gespeist wird – einzuspeisen. Solche Anlagen gibt es schon, allerdings noch sehr wenige. Im Moment stellen in Deutschland Biomethananlagen ein Prozent des Gasbedarfs bereit. Das ist noch sehr wenig. Aber das wird natürlich interessanter. Denn das ist eine Option, wie man bestehende Gasthermen in Zukunft mit „grünen“ Gasen weiterbetreiben kann.

Das Gas, das wir zurzeit in den Motoren verbrennen, besteht nur zu gut 52 oder 53 Prozent aus Methan. Im Erdgasnetz ist aber hundertprozentiges Methan unterwegs. Das muss auch so sein. Im Moment wird deshalb mancherorts überlegt, ob sich vielleicht mehrere Biogasanlagen zusammenschließen und eine gemeinsame Aufbereitung betreiben könnten. Für einzelne Anlagen ist das – Stand jetzt – schwer darstellbar.

Das Interview führte Sabine Lüers-Grulke.

Zur Person

Joost Kuhlenkamp (26) aus Hannover ist Energietechniker und in Wietzen im Landkreis Nienburg aufgewachsen. 

Zur Sache

Neue Klimaschutz-Reihe

Der Auftakt einer ganzen Reihe von Veranstaltungen im Zuge der Klimaakademie des Umweltzentrums Stuhr-Weyhe findet am Donnerstag, 13. April, um 19 Uhr in der Leester Kulturscheune statt. Dann spricht Joost Kuhlenkamp aus Hannover, Referent für Bioenergie und Wärme im Landesverband Erneuerbare Energien (LEE), über die Möglichkeiten der Wärmeversorgung durch Biogasanlagen. Die Chancen für den Einsatz von Wärmepumpen und Geothermie in innovativen Wärmenetzen werden am 11. Mai durch Holger Jensen vom LBEG Geothermie-Zentrum in Hannover aufgezeigt. Am 8. Juni folgt dann Franziska Materne von der Klimaschutzagentur Mittelweser, die den Einsatz von Solarenergie für diese neuartigen Netze näher beleuchtet. Fortgeführt wird die Vortragsreihe im Laufe des Jahres durch Exkursionen ins Klimadorf Steyerberg, nach Neustadt am Rübenberge, ins Museumsdorf Wilsede, zum Bremer Deichverband und in die Waffelfabrik Meyer in Venne. Dabei können innovative Ansätze der Wärmeversorgung direkt vor Ort in Augenschein genommen werden. Moderiert wird die Klimaakademie durch Dr. Ingrid Kreiser-Saunders vom Umweltzentrum Stuhr-Weyhe. Anmeldungen erfolgen unter kreiser-saunders@subww-leeste.de.

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