Bruchhausen-Vilsen. Ein neues Gemeindehaus, das hat sich die Kirchengemeinde Vilsen lange gewünscht – und ebenso lange geplant. Doch die Überlegungen sind vom Tisch, einen Neubau wird es nun doch nicht geben. So entschied die Kirchengemeinde. Pastor Mathias Hartewieg und Ulrike Thalmann, Vorsitzende des Vilser Kirchenvorstands, haben jüngst über die konkreten Gründe für diese Entscheidung gesprochen.
Der Kirchenvorstand hat viele Jahre lang die Vor- und Nachteile eines neuen Gemeindehauses abgewogen und dabei viel Zeit und Engagement investiert. Im vergangenen Jahr gab sie schließlich bekannt, dass ein Neubau an der Ecke Assessorstraße und Vilser Schulstraße geplant sei. Die Entscheidung, diese Pläne aufzugeben, sei allen Beteiligten nicht leicht gefallen, wie Thalmann erklärt: "Zu Beginn war es eine rationale Entscheidung, die auf verschiedenen Fakten basierte. Aber ich hoffe, dass es auch eine Herzensentscheidung wird."
Thalmann und Hartewieg führen eine Reihe von Gründen an, weshalb der Neubau nun doch nicht infrage kommt. So weist Thalmann auf die gestiegenen Baukosten hin. 20 bis 30 Prozent hätte die Kirchengemeinde auf die bereits eruierten Kosten draufschlagen müssen. Problematisch wäre außerdem die Größe des neuen Gemeindehauses gewesen. Den Kirchengemeinden stünden eine bestimmte Quadratmeterzahl für ihre Gemeinderäume zur Verfügung. Sie orientiert sich an der Zahl der Gemeindemitglieder. An dieser Stelle kommt der geplante Zusammenschluss der beiden evangelischen Kirchengemeinden in Broksen und Vilsen zum Tragen, der am 1. Januar 2024 wirksam wird (wir berichteten). Die neue Gesamtkirchengemeinde verfügt dann über 4613 Mitglieder, für die 432 Quadratmeter vorgesehen sind. Mit einem Neubau lägen die Kirchengemeinden zusammen etwa 170 Quadratmeter über dem Soll.
Pastor Hartewieg sagt: "Alles wird durch Kirchensteuern finanziert. Jede Gemeinde erhält einen Grundbetrag und zusätzlich einen Betrag pro Gemeindeglied." Dabei wies er auf das Solidaritätsprinzip hin: "Bruchhausen hat kürzlich sein Gemeindehaus saniert. Da der Neubau für Bruchhausen-Vilsen zu groß wäre, würde Vilsen weniger Geld vom Kirchenkreis erhalten als geplant."
Hartewieg und Thalmann sind sich der langfristigen Auswirkungen der aktuellen Entscheidung bewusst. Es habe zahlreiche Gespräche gegeben, bei denen auch die künftigen Entwicklungen der bald entstehenden Gesamtkirchengemeinde berücksichtigt wurden. "Es wird erwartet, dass die Kirchengemeinden bis 2033 weitere 15 Prozent ihrer Mitglieder verlieren werden", sagt Hartewieg und ergänzt: "Was wäre, wenn wir heute bauen und in zehn oder 15 Jahren das neue Gebäude aufgeben müssten?" Dieses Risiko möchte der Vorstand nicht eingehen.
In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen rückt daher die Alte Diakoniestation in den Fokus der Planungen. Das historische Backsteingebäude, das sich direkt gegenüber der St.-Cyriakus-Kirche befindet und im Jahr 1860 erbaut wurde, sollte verkauft werden. Die Kirchengemeinde wollte mit dem Erlös den Neubau finanzieren. Stattdessen gibt es im Kirchenvorstand nun die Überlegung, welche Umbau- und Energieoptionen für das Gebäude infrage kommen.
Aktuell wird das historische Haus bereits als Gemeindehaus in Vilsen genutzt, der Betrieb soll vorerst fortgesetzt werden. Der Kirchenvorstand möchte das Gespräch suchen, sowohl mit dem Kirchenamt als auch mit dem Amt für Bau- und Kunstpflege, das für den Denkmalschutz in kirchlichen Gebäuden verantwortlich ist.
In die neuen Planungen sollen auch die Stärken und Schwächen der beiden Gemeinden Broksen und Vilsen einfließen. Hartewieg betont, dass die Energiekosten eine wichtige Rolle im Haushalt spielen und die Kirche sich auch für den Klimaschutz engagiert.
Anfang des Jahres hat die Vilser Kirchengemeinde ihr altes Gemeindehaus, das sich Am Hohen Kamp befand, bereits an den Flecken Bruchhausen-Vilsen veräußert. Derzeit kann die Ausgabestelle der Tafel dort den Betrieb noch weiter laufen lassen, muss sich aber nach einem neuen Standort umsehen. Die Alte Diakoniestation komme dafür jedoch nicht infrage. "Es wird dazu Gespräche geben", versichert Thalmann. Zudem hat die Kirchengemeinde vor rund anderthalb Jahren an der Brautstraße ein neues Pfarrhaus errichtet.
Das alte Pfarrhaus am Kirchplatz 3 steht indes leer und soll nun verkauft werden. Das alte Gebäudekonzept sah vor, dass unten die Diakoniestation einzieht und oben Wohnraum entsteht. Entsprechende Arbeiten zur Instandsetzung übersteigen jedoch die finanziellen Mittel des Kirchenvorstandes. Deswegen wird der Verkauf in Erwägung gezogen.
Die Entscheidung des Kirchenvorstands zum neuen Gebäudekonzept hätten gemischte Reaktionen in der Gemeinde ausgelöst. Während einige Kritik äußerten, hatten andere hohe Erwartungen an das neue Gemeindehaus. Hartewieg und Thalmann sind jedoch zuversichtlich, dass das überarbeitete Gebäudekonzept schneller umgesetzt werden kann als das ursprüngliche.