Bassum. Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Bertha von Suttner und weitere regionale und überregionale Persönlichkeiten haben eines gemeinsam: Nach ihnen sind in vielen Städten und Gemeinden Straßen benannt. So auch in Bassum. Doch immer wieder kommt es zu Diskussionen über die Straßenbenennung, vor allem auch, wenn es um Parität zwischen Männern und Frauen geht. Noch haben die Männer bei den Straßennamen in der Stadt die Nase vorn, wenn auch nur knapp.
Von den Straßen in Bassum, die nach Personen benannt sind, tragen mehr Straßen die Namen von Männern als von Frauen. Das geht aus dem offiziellen Straßenverzeichnis der Stadt Bassum hervor. Insgesamt gibt es in der Stadt Bassum 143 Straßen, 35 davon sind nach lokalen (wie etwa die Bürgermeister-Lienhop-Straße) und überregionalen Persönlichkeiten (wie etwa die Bertha-von-Suttner-Straße) benannt. "Die Benennung von Straßen verfolgt primär den Zweck, insbesondere den Bürgern, auswärtigen Besuchern, Rettungsdiensten und Behörden das Auffinden von Wohngebäuden, Betrieben, öffentlichen Einrichtungen zu erleichtern", erklärt Lara-Alexandra Kiesling vom Fachbereich Bauwesen der Stadtverwaltung Bassum.
Alternativ könnte eine Straße auch nach einer historischen Flurbezeichnung benannt werden. Gängige Praxis sei auch die Benennung nach einem bestimmten Themengebiet, aus dem die Namen stammen, so Kiesling. Dies ist etwa im Dichterinnenviertel der Fall, oder in der Bussard-, Habicht- und Falkenstraße, die allesamt nach Raubvögeln benannt wurden.
Neben der Ordnungs- und Erschließungsfunktion, die bei der Benennung im Vordergrund stehe, könnten auch die Pflege örtlicher Traditionen und die Ehrung verdienter Bürger legitime Zwecke der Straßenbenennung sein, so Kiesling weiter. 35 Personen wurde laut Register diese Ehre zuteil, 19 davon sind Männer, 16 Frauen. Die Richterstraße wird hier nicht berücksichtigt, da nach Angaben der Stadt nicht abschließend geklärt ist, ob diese tatsächlich nach Jacob Ferdinand Richter benannt sei.
Auch in den 141 Straßen in den Bassumer Ortschaften liegen die Männer vorn: Von den acht Straßen, die dort nach Personen benannt sind, tragen sechs den Namen von Männern und eine den Namen einer Frau. Bemerkenswert: Der Evers-Ring in Nordwohlde ehrt sowohl den ehemaligen Ortsvorsteher Heinrich Evers als auch seine Ehefrau und Amtsnachfolgerin Inge Evers.
Die Benennung von gemeindlichen Straßen ist in Niedersachsen nicht in einem bestimmten Gesetz geregelt. Sie liegt in der Hand der Kommunen gemäß ihres Selbstverwaltungsrechts. So gab es auch in der jüngsten Sitzung des Bassumer Stadtrats vor der Sommerpause eine Abstimmung über den Namen einer neuen Erschließungsstraße in Bramstedt. Eine Formalität. Eigentlich.
Denn die Benennung gestaltete sich schwieriger als gedacht. Davon zeugt auch, dass der Beschluss am Ende nicht einstimmig gefasst wurde. Aber der Reihe nach: Im Bebauungsplan „Vor dem Karrenbruch“ ist besagte Erschließungsstraße festgelegt. Für die Grundstücke daran gibt es bereits Anfragen von Bauwilligen, die Vermarktung der Bauplätze soll bald anlaufen. Für die Stadt ist damit klar: Diese Straße braucht einen Namen.
Schon im Vorfeld hatte sich der Bramstedter Ortsvorsteher Julian Zurmühlen dafür ausgesprochen, die Straße „In der Heide“ oder „Vor der Heide“ zu nennen. Hans-Hagen Böhringer, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Bassumer Stadtrat, schloss sich dem an. Der Vorschlag passe zum Standort der Straße. Für etwas zu idyllisch hielt jedoch die SPD-Fraktion den geplanten Straßennamen, erklärte die stellvertretende Bürgermeisterin Bärbel Ehrich. Schließlich liege die Straße in einem Gewerbegebiet.
Die Sozialdemokraten sprachen sich stattdessen für den Namen Mária-Telkes-Straße aus. Mária Telkes war eine Biophysikerin, Wissenschaftlerin und Erfinderin. Laut der Wirtschaftszeitschrift Brand eins gilt sie unter anderem als Pionierin auf dem Gebiet der Solarenergie. Eine nach ihr benannte Straße wäre zudem eine Chance, innovative Unternehmen anzulocken, fand Christoph Lanzendörfer. Außerdem mache sich der Name einer erfolgreichen Wissenschaftlerin auch gut im Sinne der Geschlechtergleichbehandlung.
Letztlich überzeugte das auch die Mehrheit des Gremiums: Die Mária-Telkes-Straße in Bramstedt gibt es mittlerweile wirklich. Mit 21 zu sieben Gegenstimmen wurde der Beschluss im Juli gefasst, seit 1. August heißt die Straße offiziell so. Der Ausbau der Straße soll nun im September beginnen.