Bassum. Die Erziehungsbranche ist ein umkämpfter Markt. "Derzeit suchen wir keine Kräfte, sodass wir über genügend Fachpersonal für das neue Kita-Jahr verfügen", erklärt Bassums Erster Stadtrat Norbert Lyko. Dass der viel zitierte Erziehermangel auch in der Lindenstadt zuschlägt, kalkuliert Lyko durchaus mit ein. Die komfortable Situation, in der sich Bassumer Kindertagesstätten befinden, könne sich aber – das zeige die Erfahrung – schnell ändern.
Um also den Betrieb aufrechterhalten zu können, müsse man ständig vorausplanen, alle Eventualitäten im Blick haben. Die Stadt ist als Träger für sechs Kindergärten und -krippen zuständig, namentlich für die Kita Bramstedt, das Haus der kleinen Füße in Neubruchhausen, die Waldkindergärten Lindschlag und Dicker Braken, das Haus der kleinen Strolche sowie die Kita Kinderreich. Bei Letztgenannter wird 2022 ein neues zusätzliches Gebäude eröffnet. "Dafür benötigen wir noch Personal. Dieses werden wir rechtzeitig vorher ausschreiben", so Lyko.
Hin und wieder Initiativbewerbungen
Und die städtischen Arbeitsstellen seien durchaus gefragt: "Wir erhalten auch schon mal Initiativbewerbungen", sagt Lyko. Mit einem Auge blickt er in die Zukunft, in der sich die Personallage etwas zuspitzen könnte. Durch die Änderung des niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege könnte in Mehrbedarf entstehen, gerade zu Randzeiten. "Dies prüfen wir derzeit", so Lyko. Sollte es jedoch zu größeren Ausfällen kommen und Stellen unbesetzt bleiben, müsse man Gruppen schließen oder sich mit den Ausnahmeregelungen für Pandemiezeiten helfen. "Wir sind aber glücklich, dass wir diese Situation derzeit nicht haben", freut sich Lyko.
Ähnlich sieht es auch Helmut Meyer vom evangelisch-lutherischen Kindertagesstättenverband Syke-Hoya. Der Verband ist als Träger zuständig für die Kita Rentei in Bassum sowie die Kita Arche Noah in Nordwohlde. Allerdings müsse laut Meyer unterschieden werden: Der Gruppendienst sei voll besetzt. Zwei Erzieherinnen pro Gruppe seien gesetzlich vorgeschrieben. "Rechtlich ist alles sicher", so Meyer, diese Stellen seien besetzt.
Anders und vor allem schwieriger sehe es bei den Zusatzangeboten aus. Der Kitaverband suche noch Bundesfreiwilligendienstleistende (Bufdis). Diese unterstützten das Erziehungspersonal bei allem, was über dessen Aufgabenbereich hinausgeht, so Meyer. Die Bufdis sorgten für kleine Angebote für die Kinder neben der Erziehung und helfen etwa bei der Vor- und Nachbereitung des Essens. "Wir haben die Stellen vor zwei, drei Wochen ausgeschrieben", erklärt Helmut Meyer. Die Resonanz hielt sich jedoch in Grenzen, dabei brauche der Verband im Idealfall zwei Bufdis pro Kita.
Geld ist da, Personal nicht
Ähnlich sei es bei der Sprachförderung: Auch dort fehlten Leute, obwohl sogar das Geld da sei. Das Land Niedersachsen stelle die finanziellen Mittel für das entsprechende Personal bereit, das zusätzlich zur Erzieherausbildung eine Fortbildung im Bereich Sprachförderung absolviere, so Meyer. Die Sprachförderung richte sich vornehmlich an Kinder, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen. Das Programm biete der Verband in Bassum nur in der Kita Rentei an, eine Arbeitskraft benötige er dazu.
Ein weiterer Posten: Vertretungskräfte. "Ideal wäre jemand im Ruhestand, den man morgens bei einem Ausfall anrufen kann", erklärt Helmut Meyer. Er betont noch einmal im Gespräch: Alle Stellen sind besetzt, aber "wir könnten mehr gebrauchen". Bei größeren Ausfällen müssten auch hier Gruppen den Betrieb einstellen, da die Personallage "auf Kante genäht" sei.
Hinzu komme, dass der Zulauf an Bewerbungen nicht so groß sei. Die Fachkräfte fehlten schlicht auf dem Arbeitsmarkt. Der Kitaverband versuche deswegen, die Kräfte frühzeitig zu binden, am besten schon während der Ausbildung. Während der Lehre seien die angehenden Erzieherinnen und Erzieher für zwei bis drei Tage an den Kitas, schon zu diesem Zeitpunkt würde man versuchen, die Kräfte davon zu überzeugen, sich dem Träger zu verpflichten. Derart würden auch andere Träger verfahren, so Meyer. "Da steckt Energie drin", bilanziert er angesichts des umkämpften Markts. Die Lage würde sich zudem zuspitzen, wenn das Gute-Kita-Gesetz angewandt werde: Dann müssten die Kitas die Erziehungskräfte von zwei auf drei pro Gruppe aufstocken.