Stuhr. Abschied nach 37 Jahren – Jan-Alfred Meyer-Diekena hat die Debatten im Stuhrer Gemeinderat über lange Zeit mitgeprägt. Zunächst für die SPD, dann zwei Jahre parteilos und seit 1998 schließlich für die FDP gestaltete er die Entwicklung in der Gemeinde mit. Nun räumt der Anwalt aus Brinkum seinen Sitz dort ebenso wie im Vorstand des Ortsverbandes für die nächste Generation.
Die Zuschreibungen "sozial und liberal" lassen sich dabei nicht nur seinem politischen Lebenslauf entnehmen. Auch in seinen Haltungen spiegeln sie sich immer wider. „Die Kitas, Horte und Schulen sind ein Aushängeschild für die Gemeinde“, antwortet er auf die Frage einer persönlichen Bilanz: „Ich freue mich, daran mitgewirkt zu haben.“ Das Bild, das Meyer-Diekena von Stuhr zeichnet, ist eines von einer Gemeinde, die sich über weite Strecken zum Besseren entwickelt hat. „Ich habe gesehen, dass meine Mitarbeit zu positiven Veränderungen geführt hat“, zieht er auch eine für sich zufriedenstellende Bilanz.
Vor allem über den Ausbau des Gewerbegebietes Brinkum-Nord habe die Gemeinde die Wirtschaft vorangebracht, etwa mit dem Ochtum-Park: „Das hat die Gemeinde stark gemacht.“ Auf dieser Grundlage seien eben auch die Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen entstanden. Durch Verträge mit Bremen zum Flughafen oder der stärkeren Unabhängigkeit vom Landkreis Diepholz habe die Gemeinde weiter an Stärke gewonnen. Der Status als Mittelzentrum an der Grenze zu Bremen sei für Stuhr eine wichtige Sache. „Ich war da nicht immer entscheidend“, betont der langjährige Lokalpolitiker. Vom Gemeinderat insgesamt spricht er voller Anerkennung. Das Ziel, etwas Gutes für die Gesellschaft zu erreichen, stehe auch bei so mancher emotionsgeladener Debatte stets vor persönlichen Befindlichkeiten.
Als Nachrücker eingezogen
Im Jahr 1984 zog Meyer-Diekena als Nachrücker in den Gemeinderat im gerade neu gebauten Rathaus ein. Bereits als Jura-Student bei den Jusos und später bei der SPD in Peterswerder aktiv, zog es ihn zunächst nach Seckenhausen, wo er sich für die Sozialdemokraten weiter engagierte. Als seinen ersten Erfolg – noch vor Einzug in den Rat – wertet er, einen Arzt und Apotheker in den Ortsteil geholt zu haben. „Es war nicht einfach, die Verbände zu überzeugen“, erinnert sich der inzwischen 74-Jährige. Doch heute sei die ärztliche Versorgung gesichert.
Doch in der SPD verlor Meyer-Diekena Mitte der 1990er Jahre seine politische Heimat. Manche hätten mehr die eigene Karriere im Kopf gehabt, sich rechthaberisch gezeigt, sagt er. „Ich konnte mich auf die Kollegen nicht einstellen“, erklärt er rückblickend. Es folgten zwei schwierige Jahre als Parteiloser ohne Stimmrecht – bis die FDP anklopfte. „Andere Meinungen wurden akzeptiert, das hat mir gefallen. Es war ein angenehmer Umgang miteinander“, sagt er. Zumal die FDP Paragraph eins des Grundgesetzes, die Menschenwürde, in den Vordergrund rücke und den sozialen Aspekt nicht vernachlässige. „Sie lässt nicht bestimmte Schichten im Stich“, sieht er in der möglichen Ampel-Koalition als künftige Bundesregierung großes Potenzial, das Leiden schwächerer Gruppen unter den wirtschaftlichen Folgen einer ambitionierteren Klimapolitik abzufedern.
In den 37 Jahren seines lokalpolitischen Wirkens hätten sich Gesellschaft wie auch Gemeinderat verändert, hat Meyer-Diekena beobachtet. Als entscheidend beschreibt er, sich gegenseitig zuzuhören, andere sinnvolle Meinungen zu respektieren und gegebenenfalls die eigene anzupassen. „Manchmal ist das nicht einfach, manche haben eine ziemlich feste Haltung und Zielrichtung“, weiß er. So habe er sich beim Straßenbahn-Ausbau nicht mit dem von ihm bevorzugten Ringschluss über Dreye durchsetzen können. Auch den Ausbau des Brinkumer Ortskerns, des Radwegenetzes oder das neue Schwimmbad hätte er gerne schneller umgesetzt gesehen. Mit Stephan Korte als Bürgermeister und Bettina Scharrelmann als Erste Gemeinderätin habe Stuhr laut Meyer-Diekena dafür aber jetzt zwei engagierte Personen an der Spitze.
Trotz so mancher Auseinandersetzung spricht Meyer-Diekena von einer bereichernden Zeit im Stuhrer Gemeinderat: „Es hat Spaß gemacht, viele Menschen zu treffen und von ihnen zu lernen.“ Das in Einklang mit der Familie zu bringen, sei nicht immer einfach gewesen. Doch dafür habe er die Gemeinde mitgestalten können. Gerne hätte er auch noch die 40 Jahre voll gemacht, sagt er. Doch der Wiedereinzug in den Rat gelang ihm mit 178 Stimmen nicht.
Die nun gewonnene Freizeit wolle er daher für Familie, Garten und Angeln nutzen. Genauso wolle er das politische Geschehen weiter verfolgen. „Ich werde weiter an den Sitzungen teilnehmen und interessierter Bürger bleiben“, sagt Meyer-Diekena. Doch seinen Rat werde er nur auf Nachfrage geben. Denn auch wenn er den jungen Elan und die Ideen schätze, könnten die Älteren mit ihren Erfahrungen ebenso weiterhelfen. „Das wirkt manchmal dämpfend, kann aber zeigen, was machbar ist“, sagt er.