Stuhr. Wie kann die Gemeinde Stuhr mit Festsetzungen in Bebauungsplänen dazu beitragen, dass anstatt fossiler Energieträger vermehrt erneuerbare Energien beim Neu- oder Umbau von Gebäuden zum Einsatz kommen? Mit dieser Frage hat sich am Dienstagabend der Stuhrer Ausschuss für Klima- und Naturschutz, Naherholung und Tourismus bei seiner Sitzung im Stuhrer Rathaus beschäftigt. Die Verwaltung hatte dafür verschiedene Eckpunkte für Bauvorschriften ausgearbeitet, die dann teils kontrovers diskutiert wurden.
Annika van Bebber von der Bauleitplanung der Gemeinde stellte die drei Vorschläge zunächst vor. Im ersten ging es dabei um den Ausschluss von fossilen Energieträgern. Ziel dieser Festsetzung sei, dass Bauwillige dann nur noch auf klimafreundliche Energien wie zum Beispiel Solarthermie, Wärmepumpen oder Erdwärme zurückgreifen können. Für diese Festsetzung müsse es aber jeweils eine "gute Begründung" geben, so van Bebber. So müsse die Nutzung alternativer Energien im Plangebiet überhaupt möglich sein und vorher geprüft werden. Der Ausschluss könnte dann aber nicht nur bei Neubauten zum Tragen kommen. "Auch im Bestand ist Klimaschutz möglich", betonte van Bebber. Heizungen könnten zum Beispiel umgestellt werden. Allerdings könnte es bei Arbeiten im Bestand auch schwierig werden. Daher schlägt die Gemeinde eine Ausnahmeregelung für Bestandsbauten vor.
Der zweite Bereich sieht einen Photovoltaik-Anlagen-Pflicht auf Dachflächen vor. Dabei stehe vor allem die klimafreundliche Erzeugung von Strom im Fokus, so van Bebber. Ab dem Jahr 2025 sind Wohngebäude nach der niedersächsischen Bauordnung bereits verpflichtend mit einer PV-Anlage auszustatten, sodass die Gemeinde dann auf die Festsetzung verzichten könnte. Die Bauordnung beinhalte allerdings auch Ausnahmen dieser Pflichten, "sobald ihre Erfüllung im Einzelfall anderen öffentlich-rechtlichen Pflichten widerspricht, technisch unmöglich ist, wirtschaftlich nicht vertretbar ist oder soweit auf der Dachfläche solarthermische Anlagen errichtet sind", heißt es von der Gemeinde. Bei Arbeiten im Bestand könne es ebenfalls Ausnahmen geben.
Der dritte Punkt beschäftigt sich mit der Dachbegrünung. Dabei stehe die Reduzierung von sogenannten Hitzeinseln im Fokus, teilte van Bebber mit. Die Gemeinde begrenzt sich dabei vor allem auf Dachflächen von Nebenanlagen wie Garagen oder Carports, die mit einem geeigneten Flachdach auszustatten wären. Der Vorschlag sieht mindestens 80 Prozent Begrünung oder mindestens 50 Prozent Photovoltaikmodule vor.
In Bebauungsplänen könnten dann eine Kombination oder auch einzelne Festsetzungen getroffen werden. Stuhrs Erste Gemeinderätin Bettina Scharrelmann betonte, dass die Ausführungen "Vorschläge" seien, die zeigen, "was man tun könnte".
Ralph Ahrens (CDU) erkundigte sich nach einer Begründung für den Vorschlag einer Dachneigung von 30 Grad, inwieweit Bestandgebäude von Regelungen betroffen werden und ob eine zusätzliche Festsetzung der PV-Pflicht überhaupt nötig sei, wenn diese sowieso von Landesseite geregelt werde. Annika van Bebber antwortete, dass die gemeindliche Regelung dann für den Übergang von 2022 bis 2025 gelten könnte. Stuhrs Stadtplaner Christian Strauß ergänzte, dass eine gewisse Neigung für Solaranlagen nötig sei. Außerdem orientiere sich dies an den "traditionellen Bauweisen" vor Ort. Bei Änderungen im Bestand könne vor allem die Umstellung der Heizung im Fokus stehen. Strauß betonte auch, dass alle Festsetzungen "immer ein Abwägen örtlicher Belange" seien.
Sebastian Koch (SPD) sprach sich für eine PV-Pflicht aus. "Es schadet nicht, wenn Stuhr vorangeht", sagte er. Er erkundigte sich auch nach einem möglichen Förderprogramm für Menschen, die sich eine PV-Anlage nicht leisten können. Laut Bettina Scharrelmann sei so ein Fördertopf bisher nicht geplant.
Heiner Lampe (CDU) war "heilfroh", dass die Dachbegrünung für Wohnhäuser "vom Tisch ist". Auch die Dachbegrünung für Nebengebäude kritisierte er. Er zog das Baugebiet Lärchenweg in Fahrenhorst als Beispiel heran. Eine Begrünung im Wald vorzuschreiben, mache keine Sinn. "Ich halte von der Dachbegrünung auch auf Nebengebäuden gar nichts", betonte er. Christian Strauß entgegnete, dass die Festsetzungen "kein Automatismus" seien. "Die Feinjustierung kann in den konkreten Plänen vorgenommen werden", sagte er. Ähnliches gelte auch für den Einwand von Uwe Schweers (CDU), der befand, dass eine PV-Anlagen-Pflicht für Wohnhäuser in Kombination mit einer Pflicht für Nebengebäude zu viel sei. "Wir müssen in der Abwägung besonders gewichtige Gründe finden", die eine Ausnahme bringen könnten, so Strauß.
Für Britta Buttelmann (Grüne) war klar, dass der "Weg aus den fossilen Energien" gefunden werden muss. "Vielleicht gibt es ja ein Entweder-Oder?", fragte sie. Auch Dragan Miletkovic (CDU) versuchte zu vermitteln: "Wäre es vielleicht sinnvoll, die Nebenanlagen rauszulassen?" Gerd-Wilhelm Bode (Besser) wollte die "Sache nicht komplizierter machen, als sie ist". Es seien nur "Handlungsanweisungen", sagte er weiter.
Am Ende stellte Heiner Lampe den Antrag, die Dachbegrünung aus dem Paket herauszustreichen. So empfahl der Ausschuss bei sieben Ja-Stimmen aus den Reihen der CDU, der FDP und der Grünen, in zukünftigen Bebauungsplänen und örtlichen Bauvorschriften den Ausschluss fossiler Energieträger und eine PV-Anlagen-Pflicht festzuschreiben. Die SPD-Mitglieder enthielten sich.