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Beratung im Ausschuss Stuhr: Kita-Konzept in Stuhr setzt auf Flexibilität und Quereinsteiger

Die Gemeinde Stuhr will ihr Betreuungsangebot in den Kitas flexibler gestalten und auch die Beschäftigung von Quereinsteigern ermöglichen. Das neue Konzept war jetzt Thema im Ausschuss. Die Details.
06.12.2024, 12:39 Uhr
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Stuhr: Kita-Konzept in Stuhr setzt auf Flexibilität und Quereinsteiger
Von Claudia Ihmels

Die Gemeinde Stuhr möchte in Sachen Kinderbetreuung neue Wege gehen. Flexiblere Betreuungszeiten, Einsatz von Tagesmüttern und Quereinsteigern und Abschaffung des jährlichen Anmeldeverfahrens sind nur einige Punkte in einem neuen Konzept, das am Dienstagabend im Ausschuss für Jugend, Freizeit und Kultur vorgestellt wurde. Wobei: Neu ist das Konzept eigentlich nicht, vielmehr ist es eine Fortschreibung des Kita-Entwicklungskonzepts, das 2018 unter anderem zunächst zu einer Reduzierung der Betreuungszeiten in den kommunalen Kitas geführt hatte. Die aktualisierte Version sorgte nun im Ausschuss für große Begeisterung, Daniel Biermann (CDU) prognostizierte sogar, dass es "Maßstäbe über Stuhr hinaus" setzen wird.

Wie andere Kommunen auch, hat Stuhr seit vielen Jahren gerade auch im Kita-Bereich mit Fachkräftemangel zu kämpfen. Betreuungszeiten in den Randlagen ließen sich immer schwieriger gewährleisten. 2016 beschloss der Rat daher, das damalige System auf den Prüfstand zu stellen. Vertreter aus Politik, Verwaltung, Kita-Leitungen, Elternvertreter, der Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte bildeten zur Suche nach Lösungen eine Arbeitsgruppe (AG), das Ergebnis mündete Ende 2018 in der Vorstellung des Kita-Entwicklungskonzepts. Als Ziele wurden eine gute pädagogische und verlässliche Betreuung für die Kinder und ihre Familien sowie gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten ausgegeben.

Zeiten gekürzt

Zur Umsetzung beinhaltete das Konzept eine Kürzung der Betreuungszeiten. Statt wie bisher bis 17 Uhr wird ab dem Kita-Jahr 2019/2020 nur noch eine Betreuung bis 16 Uhr, freitags nur bis 15 Uhr angeboten. Der Anspruch auf die Länge der Betreuung ist seitdem auch an die Stundenzahl der Berufstätigkeit der Eltern gekoppelt. "Die Maßnahmen des Konzepts sind ein Kompromiss", sagte Kerstin Frohburg, damals Fachdienstleiterin für Bildung, Jugend und Sport, vor dem Beschluss im Stuhrer Rat.

Mittlerweile ist Frohburg Fachbereichsleiterin für Bildung, Soziales und Freizeit, und stellte am Dienstagabend die Fortschreibung des Konzepts vor. "Wir haben einen umfangreichen Weg hinter uns", leitete sie ihren Vortrag ein. Wie auch schon 2018 gab es eine AG mit Beteiligten aus allen Bereichen, auch die formulierten Ziele decken sich. Angegangen werden soll nun die Schaffung eines Netzwerks für Bildungs- und Beratungsangebote für Eltern und pädagogische Fachkräfte, Vor-Ort-Informationen über niedrigschwellige Hilfsangebote für Eltern und die Erstellung eines Konzepts zur Umwandlung einzelner Kitas zu "Häusern der Familie" mit einem breiten Angebot. "Da haben sich auch schon Kita-Leitungen gefunden, die richtig Lust dazu haben", so Frohburg zu Letzterem.

Alle Bedarfe berücksichtigen

Als neue Zieldefinition kommt jetzt hinzu: "Für alle Kinder sollten Betreuungszeiten angeboten werden, die den Bedarfen der Eltern und Kinder entsprechen", zitierte Frohburg aus dem Konzept. Dazu läuft bereits eine Umfrage unter Eltern. Frohburg räumte ein, dass das Ziel immer schwieriger zu erreichen sei, auch aufgrund von Fachkräftemangel. Ebenso gebe es Herausforderungen "durch mehr Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf ohne ausreichende Förderkapazitäten oder Ressourcen".

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Was den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz angeht, sei das Ziel erreicht, es gebe jedoch Einschränkungen hinsichtlich Umfang der Betreuungszeiten und wohnortnaher Kitas. Die Sicherstellung eines Anspruchs auf sechsstündige Betreuung bezeichnete Frohburg als zum Teil "herausfordernd". Es gibt aber Vorschläge, wie eine Umsetzung gelingen kann. Die Fachbereichsleiterin nannte die Umwandlung der verbliebenen vier Halbtagsgruppen in Gruppen mit verlängerter Betreuungszeit und ab sofort die Einführung von Platzsharing in Randzeiten vor 8 Uhr und nach 14 Uhr. Ebenso soll das jährliche Anmeldeverfahren zum Kitajahr 2025/2026 abgeschafft werden. "Man muss das Kind dann nur noch ein Mal zur Krippe und ein Mal zum Kindergarten anmelden", sagte Frohburg. Das bedeute weniger Verwaltungsaufwand und "ich denke, wir rennen damit offene Türen bei den Eltern ein". Anfang des kommenden Jahres soll außerdem eine Bedarfsplanung für den Bau oder die Erweiterung bestehender Kitas erstellt werden. Auch soll zeitnah geprüft werden, wie weitere Räume für Differenzierung, Essen und Beschäftigte in den Kitas geschaffen werden können, denen dafür bislang Kapazitäten fehlen.

Neue Beschäftigte gewinnen

Viele Gedanken hat sich die AG zum Thema Gewinnung von neuen Beschäftigten gemacht. Dazu wurde ein Konzept entwickelt, das den Einsatz von Tagespflegepersonen "als selbstständiges, an die Betriebszeit der Kindertagesstätte anschließendes Betreuungsangebot" schon ab dem kommenden Kindergartenjahr möglich machen soll. Frohburg nannte eine Kooperation mit der Volkshochschule als Möglichkeit zur Ausbildung der Tagespflegepersonen, für 20 derartig Beschäftigte rechnete sie mit Kosten von 400.000 bis 450.000 Euro für Ausbildung und Lohn pro Jahr. Die Tagespflegepersonen könnten während der regulären Betreuungszeit schon im Einsatz und damit in Kontakt mit den Kindern sein und schließlich darüber hinaus. "Bis 18 Uhr oder eventuell auch am Samstag", sagte Frohburg.

Ebenso möchte die Gemeinde in den Ausbau der nebenberuflichen Ausbildungskapazitäten zur sozialpädagogischen Assistenz und zur Erzieherin/Erzieher insbesondere für Quereinsteiger investieren. Eine bezahlte nebenberufliche Ausbildung für 25 Personen kalkulierte die Fachbereichsleiterin mit 600.000 Euro pro Jahr.

"Arbeitsbedingungen verbessert"

Was sich bereits positiv auswirken würde, sei das Kita-Karriereportal der Gemeinde. "Wir haben mehr und wir haben gute Bewerbungen", verkündete Frohburg. Die Steigerung der Gemeinde als Arbeitgeber war auch ein Ziel aus 2018. "Wir haben die Arbeitsbedingungen durch das Konzept verbessert", sagte sie und nannte etwa die Erhöhung des Vertretungspools. Mehr gehe aber natürlich immer, auch dafür enthalte das aktualisierte Konzept Maßnahmen wie die Prüfung und Umsetzung flexibler Arbeitszeitmodelle.

Insgesamt betonte Frohburg jedoch, dass der bundesweite Fachkräftemangel eine vollständige Zielerreichung erschwere, das neue Konzept jedoch Lösungskonzepte ermöglichen würde. Frohburg ging zur Umsetzung des Konzepts von Kosten in Höhe von einer Million Euro jährlich aus, inklusive der Kosten für Tagespflege und nebenberufliche Ausbildung.

Viel Lob von der Politik

"Das ist alles ambitioniert und mutig, aber genau richtig in dieser Zeit", sagte CDU-Fraktionsmitglied Daniel Biermann, der auch in der AG mitgewirkt hat. Seine Fraktion freue sich, dass wie 2022 von CDU und FDP in einem Antrag gefordert, das Konzept den aktuellen Anforderungen angepasst wurde. "Das konnte nur mit allen Beteiligten gelingen", so Biermann. Ähnlich äußerte sich auch Britta Buttelmann (Grüne), ebenfalls Mitglied der AG. "Die letzten 15 Monate waren intensiv, aber alle haben sich mit großem Engagement eingebracht. Es war nicht einfach, aber wir haben es geschafft", sagte sie. Ob Platzsharing oder die Förderung von Quereinsteigern, das Konzept setze klare Impulse.

Auch AG-Mitglied Sebastian Koch (SPD) befand, dass "wir alle ein bisschen stolz sein können". Dem früher oft angeführten Stuhrer Standard könne man so "einen neuen Anstrich verleihen". Alexander Carapinha Hesse (FDP) sprach von "emotionalen Sitzungen". Er freue sich, dass einige Punkte von 2018 wieder aufgegriffen wurden, wie etwa die "Häuser der Familie".

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Der Ausschuss sprach sich einstimmig für die Fortschreibung des Kita-Entwicklungskonzepts aus. Es wird jedoch noch im Verwaltungsausschuss und im Gemeinderat diskutiert. Der Rat trifft die endgültige Entscheidung.

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