Stuhr. Die Pläne für die Neugestaltung des Ortskerns Alt-Stuhr haben nun auch ganz offiziell die volle Unterstützung der Stuhrer Politik bekommen. Der Gemeinderat hat sich am Mittwochabend während seiner Sitzung in der Mensa der Kooperativen Gesamtschule Brinkum einstimmig für das Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (Isek) ausgesprochen. Doch erneut gab es auch kritische Stimmen, die vor allem eine fehlende Lösung für das hohe Verkehrsaufkommen im Ortskern bemängelten.
Mit der Erstellung des Konzepts hatte die Gemeinde das Planungsbüro BPW aus Bremen beauftragt. Deren Mitarbeiterin Maja Fischer-Benzenberg stellte nun wie vor Kurzem auf einer Informationsveranstaltung (wir berichteten) auch im Rat die Eckpunkte noch einmal vor. "Jeder, der durch den Ort fährt, weiß, wo der Schuh drückt", sagte sie. In das Konzept eingeflossen sind auch Anregungen aus Workshops der Stuhrer Politik, einer Bürgerbeteiligung und aus Fachgesprächen mit Akteuren vor Ort. Ziel des Konzepts ist es, vielfältige Anlaufpunkte im Ortskern zu schaffen, abwechslungsreiche Freiräume herzustellen, den Bereich klimafreundlich zu gestalten, die Erreichbarkeit für alle zu verbessern sowie den Ortskern zu einem Treffpunkt zu entwickeln, so Fischer-Benzenberg.
Die Erstellung des Entwicklungskonzepts ist außerdem Voraussetzung, damit die Gemeinde die Aufnahme in das Städtebauförderprogramm "Lebendige Zentren" beantragen kann. Der Förderantrag sei zum 1. Juni eingereicht worden. "Der Beschluss heute würde dazu dienen, die Unterlagen zu vervollständigen", so die Planerin. Sie wies außerdem auf die "Schlüsselfunktion der Feuerwehr" hin. Denn das Feuerwehrgerätehaus nehme viel Fläche in Anspruch. Die Option, dieses zu verlegen, sollte die Gemeinde daher nicht aus den Augen verlieren.
Als Bürger meldete sich Henning Wesemann zu Wort. "Den Ansatz finde ich gut, aber das Problem der Verkehrssituation wird nicht aufgegriffen", so seine Meinung zu dem Konzept. Dabei sei der Verkehr im Ortskern immer wieder das größte Problem. Seine Befürchtung sei, dass das einem Erfolg des Projekts im Weg stehen könnte. Aus den Reihen des Rates erntete Wesemann zustimmendes Klopfen für seine Worte. "Das eine schließt das andere nicht aus. Entscheidend ist, dass wir das tun, was wir tun können", antwortete Bürgermeister Stephan Korte. Er gab dem Bürger aber auch recht, dass der Verkehr das Hauptproblem ist.
Frank Schröder (CDU) drückte es drastischer aus: "Wenn wir den Ortskern so gestalten wollen, dass die Bürger sich wohlfühlen, brauchen wir irgendwann die Umgehungsstraße", sagte er. Kristine Helmerichs erinnerte daran, dass es längst einen Ratsbeschluss für eine Ortsumgehung gibt, die Umsetzung aber daran gescheitert ist, dass "wir das Enteignungsverfahren nicht überstehen würden". Zur Erinnerung: Die jahrelangen Planungen für eine Nordumgehung, die eine Verbindung zwischen der Stuhrer Landstraße und der Kladdinger Straße über die Kladdinger Wiesen schaffen sollte, scheiterten 2009 eben aus den von Helmerichs genannten Gründen. Die Grünen- und die Besser-Fraktion hatten das Vorhaben ohnehin abgelehnt. Ein eindeutiges Ja gab es von Helmerichs für das Städtebauliche Entwicklungskonzept. "Es ist unsere Chance, an Fördergelder zu kommen", sagte sie.
Von einem "tollen Projekt" sprach auch SPD-Fraktionschefin Susanne Cohrs. Und Uwe Schweers (CDU) freute sich besonders darüber, dass sich viele Bürger beteiligt haben. Etwas Ärger schwang bei Alexander Carapinha-Hesse, Vorsitzender der FDP-Fraktion, mit. "Ich empfinde es als wenig konstruktiv, dass immer wieder auf Fehler in der Vergangenheit hingewiesen wird", sagte er. Mit diesem Beschluss würde man einem neuen Ortskern näher kommen. Zustimmung gab es auch seitens der Besser-Fraktion. "Entscheidend ist, wie wir die Mobilität gestalten", warf Joachim Döpkens ein. Der Besser-Politiker appellierte außerdem für die Suche nach einer Lösung, wie man zumindest den Schwerlastverkehr aus dem Ortskern bekommt.
Zuvor hatte Maja Fischer-Benzenberg schon darauf hingewiesen, dass es aufgrund der Kita im Ortskern möglich wäre, dort auch Tempo 30 auszuweisen. Den anschließenden einstimmigen Beschluss für das Konzept wertete sie auch als "gutes Zeichen für die Fördergeldgeber". Die Nachricht, ob die Gemeinde mit Fördergeldern in Höhe von mehreren Millionen Euro rechnen kann, wird laut Vorlage im ersten Quartal 2022 erwartet.