Weyhe-Leeste. Maurice Weiß ist einer der Wenigen in seiner Berufsgruppe. Einer von 15 von 185 in Weyhe, um genau zu sein. 185 pädagogische Arbeitsstellen gibt es in der Gemeinde Weyhe, 15 davon sind von Männern besetzt. Weiß ist seit 2008 staatlich anerkannter Erzieher und nun neuer Leiter der Kindertagesstätte (Kita) Jahnstraße in Leeste. Ein Problem ist das nicht.
Inga Bleeker vom Kinder- und Familienservicebüro der Gemeinde hält mit Bezug auf die Kita fest: "Hier tut sich was." Das erste Projekt sei ein neu geschaffenes Mitarbeiterzimmer in der Kita gewesen, zudem seien Böden ausgetauscht worden. Nun sei mit dem neuen Leiter Maurice Weiß "ein ordentlicher Motor" in die Einrichtung gekommen, nachdem sich seine Vorgängerin Bettina Brüning in eine berufliche Auszeit verabschiedet hatte. Ria Schenk bleibt stellvertretende Leiterin der Kita. "Ich habe Lust auf Veränderung", kündigt der 35-Jährige an, ihm sei ein "motiviertes Team" übergeben worden.
Dieses besteht aus 15 pädagogischen Kräften, hinzu kommen eine FSJ- und eine sogenannte Quik-Kraft (Qualität in Kitas, d. Red.), die den Erzieherinnen und Erziehern zur Hand gehen. Man habe sich bewusst für Weiß als Leiter entschieden, "Wir wollen Diversität reinbringen und den Personalstamm heterogen halten", so Bleeker. Im kommenden Jahr soll es auch eine Fachtagung zu Männern in pädagogischen Berufen geben. Das sei auch nötig, schließlich beträgt der Männeranteil in der Erziehungsbranche in der Gemeinde Weyhe gerade einmal 8,1 Prozent, generell ist die Erziehung eine Frauendomäne.
Verantwortung für über 100 Kinder
Weiß hat nun die Verantwortung für fünf Kindergarten- und Krippengruppen. In der Kita Jahnstraße ist Platz für 109 Kinder bei 94 Kindergarten- und 15 Krippenplätzen. Insgesamt sind derzeit 105 Plätze belegt. Und das vielfältig: 19 verschiedene Sprachen würden in der Kita Jahnstraße gesprochen, das "bringt eine gewisse Würze in die Arbeit", freut sich Weiß. Die bereits erwähnte Diversität steht für ihn an oberster Stelle. Kinder sollten von Klein auf die Vielfalt vorgelebt bekommen und eben auch eine Welt, in der es normal ist, dass Männer in Frauendomänen arbeiten können und umgekehrt. "Jeder Mensch ist individuell", so Weiß, das Geschlecht sage nichts über die Fähigkeiten von Personen aus. "Es wäre realitätsfern, wenn nur Frauen als Erzieherinnen arbeiten würden", fügt Bleeker an.
Immer wieder höre Maurice Weiß davon, dass sich Eltern mit männlichen Erziehern schwer täten. Persönlich habe er das jedoch noch nicht erlebt, erklärt der Bremerhavener. Ihm ist wichtig, dass das Geschlecht in den Hintergrund rückt. Da erreiche man viel "mit Transparenz und Kommunikation", um Eltern aufzuklären. Diese konnten mitunter auch in Kitas hospitieren, um sich ein Bild zu verschaffen.
Dass ihm sein Job Spaß macht, daran lässt Weiß keinen Zweifel. Als er mit 15 Jahren aus der Schule gekommen sei, habe er unbedingt einen sozialen Beruf ergreifen wollen. Zunächst wollte er allerdings mit Jugendlichen arbeiten, erinnert er sich. Die Erziehung hat er als "bunten und vielfältigen Job" kennen- und die "schöne Verantwortung" schätzen gelernt, erzählt er. Ihm geht es darum, Kinder individuell zu fördern: "Jeder Mensch hat Ressourcen. Ich möchte Stärken stärken und Schwächen schwächen." Dabei gehöre es auch dazu, Konflikte zu bewältigen. Ihm geht es nun darum, sich schnellstmöglich in Verwaltung und Personalangelegenheiten einzuarbeiten und das Haus und die Familien kennenzulernen.
Denn der Weg zum Erzieher ist weit und schwer, berichtet Inga Bleeker. "Die Voraussetzungen sind desaströs", ergänzt Bürgermeister Frank Seidel zum viel zitierten und realen Erziehermangel auf dem Arbeitsmarkt. Die Ausbildung dauert vier Jahre, ist weitgehend schulisch angelegt und wird schlecht, mitunter auch gar nicht bezahlt. "Das ist völlig irre und gehört abgeschafft", findet der Rathauschef. Und dennoch finden immer wieder Menschen den Weg in den Erzieherberuf, wie etwa Maurice Weiß. Von den Arbeitsbedingungen sollte sich keiner abschrecken lassen, der mit Menschen umgehen kann und erwägt, die pädagogische Laufbahn einzuschlagen. Sein Rat an mögliche Berufseinsteiger lautet daher: "Unbedingt machen!"