Weyhe-Kirchweyhe. Stille. Dirigentin Elisabeth Geppert blieb ganz ruhig, für einen ganz kurzen Moment. Gerade eben noch war die Vertonung von Felix Mendelssohn Bartholdys 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit“ verklungen, nach dem Schlusschor "Was betrübst du dich – Harre auf Gott – Preis sei dem Herrn“. Dann nickte Geppert ihren Protagonisten im Altarraum kurz zu, bevor der Applaus ausbrach.
Es war ein Konzert passend zum teils blassen Wetter, das durch die Ereignisse in der Ukraine und Israel/Gaza eine weitere Bedeutung bekam. Die Felicianus-Kantorei hat am Sonntagabend mit der Aufführung des Requiems von John Rutter, der Choralkantate „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und eben dem Psalm 42 ein beeindruckendes Kirchenkonzert in hervorragender Qualität dargeboten, das wohl niemanden unberührt ließ. Unterstützt wurde die Kantorei dabei von den Tenören Jonathan Harjes und Enrico Busia sowie Max Börner und Philipp Niemann (beide Bass), der Solosopranistin Anna Terterjan und durch die instrumentale Begleitung des Bremer Kammerensembles Konsonanz. Die Gesamtleitung hatte Kantorin Elisabeth Geppert inne. Das Gotteshaus war proppenvoll – und das, obwohl das Musikereignis von November auf Februar verschoben worden war. So ein hochwertiges Konzert wollte sich wohl niemand entgehen lassen.
Im Mittelpunkt des Abends stand das Requiem des Briten John Rutter (*1945), einer der international beliebtesten und bekanntesten Komponisten der zeitgenössischen Musik, dessen Ohrwürmer vielen Fans der englischen Monarchie ein Begriff sein dürften, schließlich gab es in jüngster Zeit kaum eine royale Hochzeit ohne seine Stücke. Bevor das große Hauptwerk präsentiert wurde, stimmten die Mitwirkenden ihr Publikum mit der Mendelsohn'schen Vertonung „Verleih uns Frieden gnädiglich“ nach Martin Luther, die zumindest für ein Konzert lang Sehnsucht nach Frieden und Harmonie erfüllte, ein.
Fesselndes Stück ohne Längen
Emotional berührend, ernsthaft und dennoch von bemerkenswerter Leichtigkeit hat Rutter sein fast 40-minütiges Requiem angelegt, übrigens Rutters bekanntestes Werk. Es wurde 1985 nicht nur uraufgeführt und im folgenden halben Jahr sogleich 500-mal auf den Spielplan gesetzt, was ein harter Beleg für die Popularität dieser Musik ist, sondern Rutter ist es gelungen, ein fesselndes Stück Musik ohne Längen zu schaffen.
Beim Requiem handelt es sich um eine Totenmesse, die sich zwischen klassisch-romantischer, vielleicht postmoderner Kirchenmusik und eingängigeren Melodienfolgen, wie man sie aus der leichteren Klassik kennt, bewegt und eine tröstliche Stimmung verbreitet. Es beginnt zwar düster-dumpf-dramatisch, doch dann, bevor das Unheil seinen Lauf nehmen könnte, schlägt es um in eine tröstlich-melodiöse, fast heil anmutende Welt. Zuspruch und die glaubende Zuversicht auf den ewigen Frieden bei Gott rückten so deutlich in den klanglichen Mittelpunkt der Aussage des Gesamtwerkes.
Der 42. Psalm „Wie der Hirsch schreit“ von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) gab dem 90-minütigen Konzert nicht nur ein gefühlvolles Ende (wie bereits erwähnt), sondern gehört zweifelsohne zu den schönsten und bekanntesten geistlichen Chorwerken Mendelssohns überhaupt. Felix Mendelssohn Bartholdy, ein Komponist der Romantik, schrieb seine Vertonung während seiner Hochzeitsreise durch den Schwarzwald – wohl deswegen gibt es dabei eine große Vielfalt an musikalischen Stimmungen und romantischer Klangfülle zu hören. Eine „Musik des Zuspruchs“, brachte es ein Besucher auf den Punkt. Ein anderer sprach von einem „Gänsehaut-Moment“.
Welch tadelloses Zusammenwirken von Chor, Sopranistin und Orchester. Für die Konzertgäste entfaltete sich der Klang in der guten Akustik der Felicianuskirche in aller Fülle und Harmonie. Der große stehende Beifallssturm galt den Mitwirkenden, die sich allesamt in Höchstform zeigten. Blumen gab es für Elisabeth Geppert. Und noch einmal als Zugabe: „Verleih uns Frieden gnädiglich“. Eine Zugabe, die mehr vermag als aufzumuntern. „Eine lupenreine Darbietung“, war auf dem Nachhauseweg zu hören.