Herr Keil, Ihre Kernthemen sind Entscheidungsfindung, Teamarbeit und Kommunikation. Warum denken Sie, dass das gerade für junge Menschen auf der Schwelle zum Berufsleben wichtige Themen sind?
Philip Keil: Meine Wahrnehmung ist, dass man über diese Kernkompetenzen zu wenig in der Schule lernt. Die jungen Menschen werden für den Start ins Berufsleben in diesen Bereichen nicht wirklich gut vorbereitet. Die Erwartungen dieser Generation an ihren Beruf sind, Teil von etwas zu sein, Verantwortung zu tragen und mitzusprechen. Aber genau dafür braucht es diese Soft Skills.
Gibt es eine spezielle Strategie, die Sie jungen Menschen empfehlen können, wenn es darum geht, berufliche Weichen zu stellen?
Es braucht einen inneren Kompass und ein bisschen Mut, einfach mal zu machen. Die großen Entscheidungen des Lebens gehen weit über das rein Rationale hinaus. Immerhin entscheide ich, wie ich den Großteil meiner Lebenszeit gestalten möchte. Da sollte ich auch meinem Herz, meiner inneren Stimme Gehör schenken. Das allein erfordert schon Mut, aber ins Handeln zu kommen und diese Pläne dann anzugehen, bedeutet das Verlassen der Komfortzone. Aber selbst, wenn es nicht gleich auf Anhieb perfekt läuft, ist es diesen Schritt wert. Niemand will sich irgendwann im Leben die Frage stellen: Was wäre gewesen, wenn ich es einfach versucht hätte?
Sie waren als Pilot oft mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert. Welche Tipps haben Sie, um Unsicherheiten oder gar Angst vor Fehlentscheidungen zu überwinden?
Nach meiner ersten Landung als junger Co-Pilot, die mehr einem Einschlag glich, sagte mein Kapitän zu mir: Fliegen lernst Du nur durchs Fliegen. Wir müssen uns der Herausforderung stellen. Auch im Cockpit und erst recht im Leben sind die allermeisten Fehlentscheidungen kein Weltuntergang. Wer die Angst vor Fehlern ablegt, wird sich Herausforderungen stellen und damit wichtige Erfahrungen sammeln. Als Pilot habe ich gelernt, dass eine Fehlentscheidung immer noch besser ist als keine Entscheidung. Außerdem hat es einen Grund, dass wir im Team und nicht als Einzelkämpfer im Cockpit sitzen. Ich muss nicht alles allein schaffen. Ich habe jemanden, auf den ich mich verlassen kann und der mir hilft. Das schafft psychologische Sicherheit. Auch im Cockpit des Lebens können wir uns immer einen Mentor oder Ratgeber zur Seite nehmen.
Als Pilot haben Sie in einem hoch spezialisierten Team gearbeitet. Was macht Ihrer Meinung nach ein erfolgreiches Team aus?
Teams scheitern häufig an Machtdistanz, steilen und starren Hierarchien. Teams scheitern an Sätzen wie: Das haben wir schon immer so gemacht. Piloten tauschen bewusst nach jedem Flug die Rollen. Es braucht vollwertige Piloten, die auf Augenhöhe und ehrlich Dinge ansprechen. Rollen zu tauschen heißt außerdem, einen neuen Blickwinkel einzunehmen und eingefahrene Routinen über Bord zu werfen. Und: Wer ein gemeinsames Ziel hat und selbst mit im Boot sitzt, wird nicht gegeneinander, sondern miteinander agieren. Ein gemeinsames Ziel schafft Vertrauen. Vertrauen ist der Treibstoff für jeden Team-Erfolg.
Die Berufsinformationsbörse bringt Arbeitgeber und junge Talente zusammen. Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach gute Kommunikation in der Berufsorientierung?
Ohne gute Kommunikation funktioniert kein Team. Die Berufsinformationsbörse bietet dafür ein gutes Forum und zeigt jungen Talenten, welche Chancen und Möglichkeiten sich ihnen eröffnen. Gleichzeitig ist es für Unternehmen eine Chance, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und passende Talente zu finden und zu von sich zu überzeugen. Mit einer klaren und offenen Kommunikation bietet sich eine echte Win-win-Situation.
Was hat Sie dazu inspiriert, nach Ihrer Karriere als Pilot auch als Redner aktiv zu werden?
Ein guter Teamplayer zu sein, klar zu kommunizieren und schwierige Entscheidungen zu treffen – das habe ich im Cockpit gelernt und es hat mich fürs Leben geprägt. Die Übertragbarkeit vieler Kernkompetenzen aufs Leben, aus einer spannenden Perspektive erzählt, hat mich am Rednerberuf gereizt. Als Redner und Buchautor darf ich so überwältigendes Feedback und Wertschätzung dafür erfahren, dass ich meine Leser und Zuhörer an meinen Erfahrungen teilhaben lasse. Wenn ich den Menschen auf ihrer Reise mit meinen Gedanken einen Mehrwert beisteuern kann, dann erfüllt mich das mit Demut. Und diese berufliche Weichenstellung hat ja auch mein Leben enorm bereichert.
Das Interview führte Sarah Essing.