„We will – we will – rock you!“ Laut schallt der Klassiker von Queen aus den Lautsprechern. Der eingängige Rhythmus der Rockhymne wird dutzendfach zurückgeworfen durch das Auftreffen von Trommelstöcken auf Gymnastikbällen. Die Ball-Trommelgruppe Unikat des TSV Blau-Weiß Melchiorshausen macht sich warm für ihr wöchentliches Training. Diesmal ist es ein besonderes Training, denn die rund 30-köpfige Truppe hat an diesem Tag ein Filmteam zu Gast.
Es entstehen Aufnahmen für das inklusive Filmprojekt, das die Lebenshilfe Syke ins Leben gerufen hat. „Die Special Olympics letztes Jahr in Berlin haben für große Aufmerksamkeit rund um die Inklusion im Sport gesorgt“, erläutert Lebenshilfe-Sprecherin Laura Kuhlmann. Und diese Aufmerksamkeit und das daraus entstandene Interesse sollen genutzt und weiter gefördert werden. Ein Film soll dazu beitragen.
Inklusion vor und hinter der Kamera
„Das sind gute Lichtverhältnisse hier“, freut sich Momme Linke, als er die Trainingshalle betritt. Gemeinsam mit Burkhard Knief gehört er zu einem der Freiwilligen, die sich für das Filmprojekt gemeldet haben. Denn das Besondere an dieser Produktion: Nicht nur vor der Kamera werden Menschen mit Beeinträchtigungen zu sehen sein. Auch hinter der Kamera werden sie aktiv. „Ich bin privat ein kleiner Videofreak“, gesteht Linke mit einem Lachen und nennt damit auch gleich seine Motivation, sich für dieses Projekt zu melden. Er guckt gerne Videos und zurzeit besonders gern die Übertragungen aus Paris von den Paralympics. Die Film- und Fototechnik interessiert ihn. Die Chance, mehr darüber zu erfahren, hat er daher nur allzu gern angenommen.

Verschiedene Perspektiven: Momme Linke (Zweiter von links) filmt die Gruppe in Bewegung. Was dabei zu beachten ist, haben die beiden ”Filmpraktikanten” im Workshop mit Lars Czekalla vorab gelernt.
Das treibt auch Burkhard Knief an. Er ist sehr technikinteressiert und will jetzt die Kamera kennenlernen, „um auch irgendwann filmen zu können“. Die Handhabung der Kamera sowie Tipps und Tricks für die richtige Einstellung zeigt ihnen Lars Czekalla. Der Leichtathletiktrainer und Lehrer für Sport und darstellendes Spiel an der Bremer Oberschule an der Ronzelenstraße brachte ihnen die ersten Griffe und Tricks in einem Workshop bei. „Wir haben erstmal die Kamera kennengelernt“, berichtet Momme Linke. Dann wurde gefilmt, zunächst Objekten und Menschen im Stillstand, dann in Bewegung. „Das haben wir geübt, zum Beispiel Burkhard beim Fahrradfahren“, sagt er mit einem Schmunzeln. Anschließend wurde das Gefilmte angesehen, unter dem Gesichtspunkt, „was gut war und was noch verbessert werden muss“.
Möglichkeiten aufzeigen
Das Filmen des Trainings der Ball-Sportgruppe Unikat ist nun ihr erster Praxiseinsatz. Die Kamera bauen die beiden allein auf, während Czekalla die Hintergründe für den Film erläutert. Er und Sandra Schwenke, deren Sohn Mike Schwenke begeisterter Sportler ist und wohl Deutschlands einziger Stabhochspringer mit Downsyndrom, hatten die Idee dafür. „Der Film soll das Thema Inklusion im Bewusstsein halten“, erläutert Czekalla. Dokumentarisch angelegt soll der Film zahlreiche Beispiele aus dem Individual- und dem Teamsport zeigen. „Er soll aufzeigen, was geht und was Sport für Menschen mit Beeinträchtigungen tun kann, aber auch was nicht“, führt der Sportlehrer zum Konzept aus.
Dafür wird nicht nur bei Unikat gedreht. Außerdem sind Aufnahmen von den Special Olympics in Bremen geplant, von den inklusiven Landesmeisterschaften in der Leichtathletik, von gemeinsamen Trainingseinheiten im Schneeschuhlauf mit der Behindertensportgruppe des Hamburger Landesverbands, vom Kugelstoßer Salman Abbakiri, Sportler mit zerebraler Bewegungsstörung vom TuS Komet Arsten, und von seinem Vereinskollegen Mike Schwenke. Ergänzt werden sollen die Bilder durch die Einbindung verschiedener Interviewpartner, wie zum Beispiel Olympiasieger Matthias Steiner, Leistungssportler Björn Otto oder Bundestrainer Björn von Borstel.
Die Intention sei dabei ganz klar, führt Laura Kuhlmann aus. Der Film soll Menschen mit Beeinträchtigung Mut machen, „damit sie selbst sich mehr zutrauen.“ Sie sich selbst, aber auch ihre Familien und zudem sollen Vereine motiviert werden, sich etwas einfallen zu lassen. Wie der TSV Melchiorshausen es mit Unikat schon getan hat. „Mann, haben die ein tolles Rhythmusgefühl“, zeigt Linke sich beeindruckt. Er nimmt die Kamera in die Hand, eine letzte Einweisung von Lars Czekalla, dann geht er los. Das Rhythmusgefühl einfangen, die Freude an der Bewegung und an der Gemeinschaft. Fertig gestellt werden soll der Film im kommenden Sommer.