Typisch für den Herbst ist es kühl und windig – die Bäume im 627 Hektar großen Eichen-Hainbuchenwald Hasbruch lassen da nicht nur ihre Blätter fallen, sondern auch unzählige Eicheln. Diese sammeln derzeit engagierte Helfer mühsam per Hand ein. Die aufgelesenen Nussfrüchte werden aufbereitet und zu Eichen-Setzlingen herangezogen, erklärt der regionale Pressesprecher der Niedersächsischen Landesforsten Knut Sierk: "Die Setzlinge werden vor allem in den zu Wiederaufforstung geschädigter Waldflächen dringend und in großer Anzahl benötigt."
Jens Meier, Leiter der Revierförsterei Hasbruch, koordiniert die Erntearbeiten im Waldstück innerhalb des Hasbruchs: „Die etwa 130 Jahre alten Eichen beschenken uns in diesem Jahr mit reicher Ernte." Das sei nicht selbstverständlich. Denn in anderen Bereichen der Landesforsten fällt die Ernte deutlich weniger üppig aus. Laut Sierk sind solche Schwankungen normal: "Die Witterung in diesem Jahr bestimmt die Ernte im kommenden Jahr." Im vergangenen Jahr schien viel die Sonne – das komme der Lichtbaumart, die viel Licht benötigt, zugute. Insgesamt ist das Ökosystem allerdings ausgetrocknet und die Bäume leiden unter Wassermangel, so Sierk: "Sie brauchen jeden Tropfen Wasser." Da Eichen besonders tief in die Erde eindringende Wurzeln haben, können sie das Grundwasser erreichen. Durch das Wurzelwerk ist diese Pflanzengattung zudem im Herbst und Winter sturmfester als manch andere Baumart, sagt der Pressesprecher: "Wenn die Bäume im Frühjahr und Sommer Blätter tragen, wirken diese bei Sturm allerdings wie ein Segel."
Laub erschwert Ernte
Mit der Ernte der Eicheln müssen sich die Helfer ranhalten. "Die Zeit drängt", so Sierk. Denn nun fällt auch das Laub. Das mache die Ernte nicht nur aufwendiger, sondern die Eicheln beginnen auch zu keimen – diese sind dann als Saatgut nicht mehr zu gebrauchen. Dank der zahlreichen Helfer werden wir aber bis zum Wochenende die meisten Eicheln gesammelt haben, sagt Meier von der Revierförsterei: "Wir kommen hoffentlich auf sechs Tonnen, aus denen sich dann im Idealfall 600.000 Eichen-Setzlinge heranziehen lassen.“ Die Helfer sind Mitglieder der syrisch-orthodoxen Johannes-Gemeinde, deren Einsatz im Hasbruch bereits Tradition hat. Weil der Weg aus Delmenhorst und Ganderkesee bis zum Wald weit ist, organisierte Meier eigens einen Bus-Shuttle.
Die Eicheln werden allesamt von Hand aufgelesen. Noch im Wald füllt Meier das begehrte Saatgut in stabile Säcke, die dann sicher verplombt werden. Danach werden die Eicheln in der Forstsaatgutberatungsstelle der Landesforsten in Oerrel gereinigt, sortiert und behandelt. "Sie bekommen unter anderem ein Warmwasserbad, das nicht zu heiß sein darf, aber warm genug sein muss, um mögliche Pilze abzutöten", erklärt Sierk. Die Keimfähigkeit sei bei Eicheln mit mehr als 90 Prozent hoch. Anschließend werden die Eicheln zu verschiedenen Baumschulen gebracht, die sie aufziehen. Wegen Fressfeinden wie Mäusen, Tauben oder Wildschweinen werden die Eicheln nicht direkt in geeignete Flächen eingesetzt.
Eicheln brauchen Zulassung
Noch bevor sie per Spedition zur Forstsaatgutberatungsstelle transportiert werden, füllt Meier aber noch in seiner Funktion als Saatgutbeauftragter das sogenannte "Stammzertifikat" aus: „Wir vermerken darin, in welchem Baumbestand, an welchem Tag unter wessen Aufsicht wie viel Kilogramm Eicheln geerntet wurden." Das sei wichtig, um die Rückverfolgbarkeit der Eicheln vom Saatgutbestand über die Beratungsstelle und die Baumschulen bis zu ihrem endgültigen Platz wieder im Wald, zu gewährleisten, so Meier. Dieses Prozedere ist strengen gesetzlichen Regelungen unterworfen. Die Eichen, deren Eicheln jetzt geerntet werden, sind als Saatgutbestand zugelassen. "Sie sind vital, stabil und haben gute Wuchsformen", erklärt Sierk einige der Kriterien, die zur Zulassung erfüllt sein müssen. Auch die Anzahl der Bäume sei entscheidend. Mit den in den Baumschulen aufgezogenen Eichen-Setzlingen werden insbesondere große Flächen aufgeforstet, die etwa durch Umwelteinflüsse kaputt sind. Dabei muss beachtet werden, dass nicht jede Baumart überall leben kann.