Fünf Jahre ist es nun her, dass Pastor Fritz Weber nach fast drei Jahrzehnten in Tettens im Wangerland in den Ruhestand gegangen ist und nach Ganderkesee zurückkam. Doch langweilig ist dem Seelsorger nie wirklich geworden. Als Vertretungspfarrer übernimmt er weiterhin Gottesdienste und Andachten in Ganderkesee, Stuhr und umzu – neuerdings sogar oftmals digital.
In seiner aktiven Zeit habe er sich immer auf Vertretungen von pensionierten Kollegen verlassen können. So sei es für ihn eine Selbstverständlichkeit gewesen, das Gleiche bei einem der monatlichen Treffen der Pfarrer der Region anzubieten. „Einmal Pfarrer, immer Pfarrer – es gibt keinen schöneren Beruf“, betont er.
Wer von der evangelischen Kirche zum Pfarrer oder Pastor ordiniert wird, bleibt dies grundsätzlich sein Leben lang. Daher ist es keine Seltenheit, wenn Ruhestandspfarrer gelegentlich vertretungsweise einen Sonntagsgottesdienst oder eine Beerdigung übernehmen. Auf diese Weise hat auch Fritz Weber schon viele schöne Kirchen, viele nette Küster und Orgelspieler kennengelernt. „Ich komme rum und kann das weiter ausüben, was ich aus Überzeugung so viele Jahre mit Leidenschaft gemacht habe“, betont er.
Bereits als Jugendlicher habe er sich bei Kindergottesdiensten in seiner Heimat Elisabethfehn im Ammerland engagiert. „Das hat mir so gefallen, dass ich nach dem Schulabschluss Theologie in Münster studiert habe.“ Drei Jahre lang war Weber Pfarrer in seiner ersten Stelle in Schönemoor und übernahm dann eine Vertretungsstelle in Hammelwarden.
30 Jahre in Tettens
1987 zog es ihn und seine Frau auf die Pfarrstelle nach Tettens. Am Ende gründete er dort seine Familie und blieb drei Jahrzehnte. „Aber ohne das ehrenamtliche Engagement meiner Frau hätte ich das nie geschafft“, betont der pensionierte Seelsorger. Die Kirchengemeinde in Tettens zu verlassen, sei ihm sehr schwer gefallen. Da sei es gut gewesen, dass er durch den Umzug nach Ganderkesee so viel räumlichen Abstand zwischen der Kirchengemeinde und sich brachte. So habe es dann auch keine Versuchung mehr gegeben, spontan vorbeizuschauen.
„Das Zurückkehren war schön, aber ich habe keine Heimatgefühle mehr“, resümiert er seine Rückkehr nach Schönemoor. Einmal habe ein erwachsener Mann in seinem Gottesdienst gesessen, der Weber fragte, ob er ihn wiedererkennen würde, erzählt der Seelsorger. Der Mann war ein ehemaliger Konfirmand, den der Seelsorger vor über 30 Jahren begleitet hatte. Aber für eine detaillierte Erinnerung an seinen Schüler sei er zu lange weg gewesen.
Die Kirche habe sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert, und sie werde es weiter tun. Davon ist der Geistliche überzeugt. „Es werden immer mehr Formate gesucht, mit denen man Gemeinden kooperativ versorgen kann.“ In Delmenhorst, Stuhr und Varrel sei beispielsweise ein „Pfarrteam“ im Gespräch. „Das könnte hier das Modell der Zukunft werden“, erklärt Weber.
All diese Umstrukturierungen haben natürlich damit zu tun, dass es immer schwieriger wird, Nachfolger für Pfarrer zu finden, die in den Ruhestand gehen. Dass sich immer weniger junge Menschen für diesen beruflichen Werdegang entscheiden, sieht Weber eher als zeitliches Phänomen. Das habe es schon immer gegeben. „Als ich anfing mit meiner Ausbildung, herrschte auch großer Pastorenmangel. Manchmal gibt es viele Interessenten, andere Jahre weniger – ein Auf und Ab wie bei einer Wellenbewegung“, findet Weber. Er sei ganz dankbar, dass zwei ehemalige Konfirmanden aus seiner alten Gemeinde Tettens sich für das Theologie-Studium entschieden hätten. „Der Geist ist schon noch aktiv unter uns. Das ist eine schöne Erfahrung“, betont er stolz.
Auswirkungen der Pandemie
Maskenpflicht, Gesangsverbot und kürzere Gottesdienste: Momentan hinterlasse die Pandemie ihre Spuren in der Arbeit der Kirchengemeinden. Insgesamt seien alle Gottesdienste pandemiebedingt kürzer geworden, sodass die Lüftungsintervalle garantiert werden können. „Es hat sich durch Corona viel verändert, vor allem fehlt das Persönliche im Gottesdienst“, sagt Weber. Schwierig seien vor allem Trauerfeiern, da die räumliche Distanz zu den Trauernden so groß sei. Taufen und Trauungen würden oftmals verschoben.
Die Digitalisierung habe deswegen auch in der kirchlichen Arbeit einen deutlichen Schub bekommen. „Ich habe heute Morgen schon Ostern vorgefeiert - in einer leeren Kirche mit einem Kamerateam. Das hat einen ganz eigenen Charme“, sagt der Seelsorger. Je nach Wunsch und Fähigkeit seien viele verschiedene Formate in den Gemeinden entstanden. „Erstaunlich ist, dass dadurch auch die Rückmeldungen zahlreicher geworden sind, obwohl die Teilnehmerzahl eher gesunken ist.“ Hoffnung setzt der pensionierte Pastor deswegen in die Impfungen.