Ganderkesee-Steinkimmen. Eigentlich hatte das Amtsgericht Delmenhorst für diesen Donnerstag, 27. Februar, die Zwangsversteigerung für den Jugendhof Steinkimmen terminiert. Dieser Termin wird nicht stattfinden. Am Dienstag teilte die NAWO GmbH i. Gr. mit, dass sie das rund 5,6 Hektar große Areal mit seinen insgesamt 15 Gebäuden erworben habe. Die Entwicklung kommt zum jetzigen Zeitpunkt völlig überraschend. Denn nachdem die Viasol GmbH als Betreiberin des Jugendhofes Steinkimmen im September 2018 Insolvenz angemeldet hatte, war es auch Insolvenzverwalterin Nadine Stahmann lange nicht gelungen, das Ensemble zu veräußern – geschweige denn, einen neuen Betreiber zu finden.
Gesellschafter der NAWO GmbH (in Gründung) sind der Delmenhorster Immobilienexperte Cord Lindhorst, der Ganderkeseer Garten- und Landschaftsbauer Volker Kreye sowie Landwirt Onno Osterloh aus Immer – also drei in der Region verwurzelte Unternehmer, die sich nun mit der weiteren Entwicklung des Objektes beschäftigen werden. Das Kürzel NAWO steht dabei für Naturwohnen. „Der Name deutet aber noch nicht auf ein konkretes Konzept hin“, erklärte Osterloh. „Wir können uns dort erstmal alles vorstellen, von Seniorenwohnen bis hin zu anderen Nutzungsformen. Das hängt auch davon ab, was die Gemeinde dort für genehmigungsfähig hält.“
Eine andere als die bisherige Nutzung bedarf nämlich zwingend der Zustimmung der politischen Gremien. „Für den ganzen Bereich des Jugendhofs gibt es keinen Bebauungsplan, sodass das Gelände als Außenbereich anzusehen ist“, hatte Fachbereichsleiter Peter Meyer im November erläutert. Im Flächennutzungsplan ist das Areal als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen. „Wenn jemand kommt, um dort weiterhin einen Jugendhof zu betreiben, wäre das zulässig. Ansonsten müsste dort entweder der Flächennutzungsplan geändert oder ein Bebauungsplan aufgestellt werden“, betonte Meyer. „Alle diese Informationen haben wir auch allen Interessenten mitgegeben, die sich in den vergangenen Wochen bei uns nach dem Jugendhof erkundigt haben.“
In den vergangenen Wochen habe sich angedeutet, dass es ein reges Interesse unterschiedlicher Bieter für den Jugendhof Steinkimmen geben würde, die dort Leih- oder Werksarbeiter unterbringen wollten. „Am Donnerstag wäre die komplette Fleischbranche vor dem Amtsgericht aufgelaufen“, erklärte Osterloh. Deshalb sei „Eile geboten“ gewesen, sich mit der Eigentümerin – der insolventen Viasol – über einen Kaufpreis zu verständigen. Als erste Maßnahme haben die neuen Eigentümer einen Bauzaun aufgestellt sowie eine Kameraüberwachung auf dem Gelände installiert. „Die Gebäude sind teilweise in einem sehr schlechten Zustand und müssen umfassend saniert werden. Deshalb werden wir jetzt als erstes Leute beschäftigen, die dort alles sichern“, kündigte Osterloh an.
Im Vorfeld der Zwangsversteigerung hatte ein Gutachter den Verkehrswert des Ensembles auf 767 537 Euro taxiert, in denen Zubehör in Höhe von 17 537 Euro enthalten war. Der tatsächliche Kaufpreis dürfte deutlich darunter gelegen haben. Insolvenzverwalterin Nadine Stahmann von der Firma Buss-Insolvenzverwaltung aus Oldenburg hatte den Jugendhof noch im November 2019 als „so gut wie unverkäuflich“ erklärt. Das Problem sei weniger die Zahl der Interessenten oder der Kaufpreis gewesen, sondern die Herausforderung, die Vielzahl an Bestandsgebäuden dauerhaft wirtschaftlich zu betreiben. Die ältesten Gebäude stammen aus dem Jahr 1900, die letzte Renovierung der Gästezimmer fand in den Jahren 2006 bis 2009 statt.
Um diese Herausforderung wissen auch die neuen Eigentümer. „Wir sind seit Langem befreundet und kennen uns gut. Wir fanden das spannend, auch wenn wir uns bewusst sind, dass es nicht das leichteste Projekt werden wird“, erklärte Osterloh.