Enge Kurven, holpriges Pflaster, Ampelanlagen, die unpraktisch positioniert sind: Radwege sind in den vergangenen Jahrzehnten oft stiefmütterlich behandelt worden. Auf einer sogenannten politischen Radtour haben sich der Ganderkeseer Bürgermeister Ralf Wessel und die Delmenhorster Oberbürgermeisterin Petra Gerlach (beide CDU) gemeinsam mit Vertretern aus ihren Räten und Verwaltungen selbst überzeugen können. Der Kommunalverbund, ein Gremium in denen Städte und Gemeinden im Einzugsgebiet zwischen Bremen und Oldenburg liegen, hatte eingeladen.
Denn der Kommunalverbund lässt gerade durch ein Bremer Büro eine Machbarkeitsstudie schreiben, in der dann stehen soll, wie Delmestadt und Gantergemeinde besser miteinander verbunden werden können. "Wir haben uns in den vergangenen Jahren sehr viel mit touristischen Fahrradstrecken beschäftigt, aber wir müssen jetzt auch die Alltagsrouten in den Blick nehmen", sagte Arne Fründt, der in der Delmenhorster Stadtverwaltung für den Radverkehr zuständig ist.
Jenseits des Tourismus
Alltagsrouten sollen in den Augen der Planer solche Strecken sein, die auf möglichst kurzer Distanz Orte miteinander verbinden und dennoch keine Fahrt durch eine Art Großstadtdschungel erzwingen, sondern sicher sind und Fahrrädern jeder Art genügend Platz einräumen. Doch hier zeigen sich schon erste Tücken. "Die Fahrräder werden größer und schneller", stellte Ganderkesees Bürgermeister Wessel fest. Er selbst kam mit einem Lastenrad vorgefahren, dessen Kurvenradius schon dem eines Kleinwagens ähnelt. Während bei Tourstart am Ganderkeseer Bahnhof noch alles in Ordnung schien, war spätestens an der Urneburger Straße ein erstes Problem offenbar: "Die Ampel ist nicht besonders glücklich platziert", sagte Sabine Finke, die im Ganderkeseer Rathaus den Fachdienst Verkehr leitet.
In Stoßzeiten kann schon das Überqueren der Grüppenbührener Straße ein Abenteuer sein. Auch die Fahrt auf der Wittekindstraße entlang des Friedhofs ist bislang nicht für jeden Radfahrer ein Vergnügen. "Wir wollen dieses Stück der Wittekindstraße zu einer Fahrradstraße machen", sagte Finke. Der Gemeinderat hatte bereits entsprechend beschlossen und im Rathaus mache man sich seither Gedanken, wie die Straße, über die seit Jahrzehnten gestritten wird, umgestaltet werden könne, ohne dass einzelne Verkehrsteilnehmer besondere Nachteile in Kauf nehmen müssten.
Die Umwidmung der Straßen in der Vogelsiedlung in ein Fahrradquartier dürfte hingegen leichter fallen: "Für die Anlieger ändert sich nicht viel, Autos würden wir weiterhin erlauben, aber das Fahrrad würde durch die Beschilderung an Bedeutung gewinnen", sagte Finke. Denn die Vogelsiedlung soll Teil der Alltagsroute nach Delmenhorst werden, bis diese auf den Fahrener Weg trifft. Dort, wo sich der Autoverkehr auch noch in Grenzen hält, stört wohl hauptsächlich das Pflaster, dem an einigen Stellen schon mit einer Asphaltdecke begegnet wird. Gemeinde-Klimaschutzmanager Lars Gremlowski zog mit seinem Rad einen Anhänger hinter sich her und merkte an, dass dieser bei unruhigem Untergrund spürbar durchgeschüttelt würde. Die wirklichen Widrigkeiten beginnen aber erst danach, nämlich wenn man mit dem Rad auf die Oldenburger Straße abbiegt.
Wenig Platz für breitere Wege
Der Radweg ist schmal und dabei auch noch in beide Richtungen freigegeben, denn es gibt nur einen am rechten Fahrbahnrand. "Mit dem Lastenrad wird es schon ziemlich eng", gab der durchaus erfahrene Radfahrer Wessel zu. "Der Straßenraum ist endlich, wir müssen aus dem das Beste machen, was wir haben", sagte Fachmann Fründt. So sei die Oldenburger Landstraße, die hinterm Tiergarten bereits auf Delmenhorster Gebiet verläuft, erst vor gut zehn Jahren saniert worden, doch schon damals sei nicht möglich gewesen, was damals noch Vorschrift war. Heute sollen Radwege eine Mindestbreite von 1,80 Metern haben: "Wenn wir links und rechts solch breite Radwege anlegen würden, käme in der Mitte kein Auto mehr durch", sagte Fründt.
Ob stattdessen der Weg zwischen katholischem und evangelischem Friedhof eine Alternative sein könne, werde sich erst noch zeigen, bislang wird der Weg aber aufgrund eines Anstiegs und losem Grund eher gemieden. Dass sich jedoch der Radverkehr auch steigern lässt, wenn man Wege attraktiver macht oder nur auf sie hinweist, zeigt die Delmodstraße. Dort würden Radfahrer mittlerweile 29 Prozent des gesamten Verkehrs ausmachen, sagte Moritz Niemann, Fachdienstleiter Verkehr bei der Stadtverwaltung. Die Delmodstraße war vor zwei Jahren zur Fahrradstraße deklariert worden. Vor der Einführung habe der Anteil der Radfahrer noch bei sieben Prozent gelegen.
Oberbürgermeisterin Gerlach betonte, dass sich auch in Delmenhorst etwas ändern müsse, Radfahren werde immer attraktiver und dem solle auch durch die Qualität der Wege begegnet werden. Mitunter seien kreative Lösungen gefragt, um den Anteil der Radfahrer zwischen Ganderkesee und Delmenhorst zu erhöhen.