Es ist ein Mammutprojekt, das der Hurreler Journalist und Heimatforscher Egon Wachtendorf vor rund sieben Jahren mit der Hurreler Gedächtnisseite im Internet gestartet hat. „Es war nicht absehbar, was sich daraus einmal entwickeln würde“, erinnert sich Wachtendorf an die Anfänge 2015/2016, als die Idee geboren wurde, allen jemals in seinem Heimatort Hurrel sesshaft gewesenen Menschen „Gesicht, Gestalt und eine Biografie zu geben“.
„Jeder Mensch lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung.“ Dieser Satz von Honoré de Balzac (1799 bis 1850) prägt die Arbeit von Egon Wachtendorf. Nicht nur Lebensgeschichten bekannter Persönlichkeiten sollen für immer im Internet abrufbar sein, sondern eben auch Geschichten jener Menschen, die nicht so im Rampenlicht standen, aber ebenfalls viel zu erzählen haben – von Freude, Hoffnung und Leid. Und so hat Wachtendorf begonnen, mit viel Archivarbeit und zahlreichen Erinnerungen noch lebender oder mittlerweile auch schon verstorbener Zeitzeugen Lebensläufe zusammenzutragen, heruntergebrochen auf eine dörfliche Gemeinschaft. So sei „ein buntes Kaleidoskop des Hurreler Dorflebens der vergangenen 200 Jahre entstanden“.
Lebenswege
Es sind Erinnerungen, die jederzeit im Internet abrufbar sind. Gerade ist die 500. Biografie auf hurreler.com veröffentlicht worden. Eine stolze Zahl, die die enorme Fleißarbeit von Wachtendorf zeigt. Und er ist noch nicht am Ende. Eine erste Liste mit 1100 Namen für Hurrel war es zum Anfang, mittlerweile sind noch gut 600 Namen hinzugekommen. Und Wachtendorf möchte die Geschichten hinter diesen Namen erzählen.
Wachtendorf hat auch damit begonnen, die Lebenswege zahlreicher Hurreler zu dokumentieren, die andernorts auf der Welt ihre Spuren hinterlassen haben. „Seien es Geflüchtete aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Hurrel eine neue Heimat gefunden haben, oder die zahlreichen Auswanderer des Dorfes nach Nordamerika“, sagt Wachtendorf. Bei einem der interessantesten Dokumente, das im Zuge der Recherche aufgetaucht sei, handele es sich um ein knapp 20-minütiges Video. Es sei 1933 in Nebraska gedreht worden und zeige drei dieser Auswanderer: Heinrich Tönjes, Anna Tönjes und Friedrich Wilkens sowie ihre Nachfahren.
Als eines der vielleicht wichtigsten Anliegen der Hurreler Gedächtnisseite bezeichnet Wachtendorf den Versuch, die Lebenswege jener 41 Hurreler für die Nachwelt festzuhalten, deren Namen auf dem örtlichen Denkmal für die Opfer des Ersten und Zweiten Weltkriegs stehen.
Wichtige Mahnung
„Lediglich zu drei Kriegsopfern fehlen noch maßgebliche Informationen, um ihnen eine eigene Biografieseite widmen zu können“, sagt Wachtendorf. „Die Mahnung ,Nie wieder Krieg!’, die diese Biografien eigentlich transportieren sollen, wird leider gerade lautstark von der Wirklichkeit übertönt. Umso wichtiger ist es, an das mit Krieg und Gewaltherrschaft verbundene Leid zu erinnern“, stellt der Hurreler Autor fest.