Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Handball-Bundesliga Wie Yannick Dräger den Abstieg mit dem TuS N-Lübbecke erlebt hat

Yannick Dräger ist mit dem TuS N-Lübbecke aus der Handball-Bundesliga abgestiegen. Darüber ist der Harpstedter natürlich enttäuscht, doch er erlebte in der gerade beendeten Saison auch viel Positives.
17.06.2022, 18:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Wie Yannick Dräger den Abstieg mit dem TuS N-Lübbecke erlebt hat
Von Christoph Bähr

Fußballprofis müssen mitunter mit dem Schlimmsten rechnen, wenn sie abgestiegen sind. Die Spieler des FC Schalke wurden im vergangenen Jahr nach dem besiegelten Bundesliga-Abstieg von den eigenen Fans um die Arena in Gelsenkirchen gejagt, nachdem sie von einem Auswärtsspiel zurückgekehrt waren. Mit diesen Bildern im Kopf klingen Yannick Drägers Erzählungen wie aus einer Parallelwelt. Der Harpstedter ist gerade mit dem TuS N-Lübbecke aus der Handball-Bundesliga abgestiegen. Am letzten Spieltag verlor die Mannschaft mit 22:26 beim Bergischen HC, fuhr mit dem Bus zurück nach Lübbecke und wurde dort von einigen Fans erwartet. "Mit denen haben wir noch ein Bier getrunken", erzählt Yannick Dräger. "Dann haben sie sich bei uns für die Saison bedankt."

Nun ist Handball nicht Fußball und Lübbecke nicht Gelsenkirchen, aber wie Fans und Spieler in der ostwestfälischen 26.000-Einwohner-Stadt mit dem Bundesliga-Abstieg umgehen, ist trotzdem bemerkenswert. Das letzte Heimspiel der Saison gewannen Dräger und Co. mit 21:20 gegen den TSV Hannover-Burgdorf. Da der Konkurrent GWD Minden parallel ebenfalls siegte, stand Lübbeckes Abstieg trotz des Erfolgs fest. Und was passierte in der Halle? Die Zuschauer jubelten, und die Spieler hüpften ausgelassen im Kreis. Das lokale "Mindener Tageblatt" schrieb am folgenden Tag vom "vielleicht gefeiertsten Absteiger aller Zeiten".

Viele Gespräche mit den Fans

Dass trotz des Abstiegs gefeiert wurde, sei sehr schön gewesen, aber gar nicht so überraschend, sagt Dräger. "Die Fans haben uns die gesamte Saison über unheimlich positiv begleitet und immer angefeuert. Sie wollten sehen, dass wir kämpfen. Und wir haben immer alles gegeben." Der Verbindung zwischen Spielern und Fans ist im beschaulichen Lübbecke eng. "Man trifft sich nach den Spielen vor der Halle und spricht miteinander", erzählt der Kreisläufer. "Die Gespräche waren immer sehr positiv, auch wenn wir vorher verloren hatten."

Dass es eine schwierige Saison für den Aufsteiger werden würde, hatten ohnehin alle von vornherein gewusst. Anfangs sah es jedoch gut aus für die Ostwestfalen. In der Hinrunde gelang unter anderem ein Überraschungssieg gegen den THW Kiel, und zur Saisonhalbzeit stand Lübbecke auf Rang 15 und damit über dem Strich. Eine Katastrophen-Serie ließ Dräger und Co. dann auf den letzten Rang abstürzen. 17 Niederlagen in Folge kassierte das Team und blieb fast sechs Monate lang ohne Punktgewinn. "In der ersten Saisonphase hatten wir einige unnötige Niederlagen kassiert, aber die 17 Spiele haben wir alle zu Recht verloren, weil wir nicht gut gespielt haben", hält Yannick Dräger fest.

Großes Verletzungspech

Ein Grund für den Negativlauf seien die vielen Verletzungen gewesen, sagt der 28-Jährige. "Das soll keine Ausrede sein, aber wir konnten fast nie zweimal hintereinander mit dem gleichen Kader antreten. Immer wieder kamen neue Verletzte hinzu. Manchmal waren wir im Training nur acht Feldspieler. So kann man natürlich nichts einstudieren." Mit jeder Niederlage schrumpfte zudem das Selbstvertrauen. "Es ist dann eine Kopfsache. Man ist in dieser Negativspirale gefangen und kommt nicht wieder heraus", verdeutlicht Dräger und betont: "Trotz allem stimmte es in der Mannschaft. Keiner hat herumgestänkert, egal wie schlecht es lief."

Am 32. Spieltag endete die lange Niederlagenserie mit einem Sieg beim TVB Stuttgart 1898, danach folgte der Heimsieg gegen Hannover-Burgdorf, doch für die Rettung war es schon zu spät. Für den TuS N-Lübbecke geht es somit zurück in die zweite Bundesliga, und Yannick Dräger geht diesen Weg mit. "Mein Vertrag läuft noch ein Jahr, und ich werde hier weiterhin Spieler sein", sagt der Kreisläufer. "Schließlich habe ich auch meinen Teil zum Abstieg beigetragen. In der neuen Saison wollen wir nun schnellstmöglich zu alter Stärke finden, auch wenn die zweite Liga ein echtes Haifischbecken ist."

Fokus auf die Abwehrarbeit

So enttäuscht er über den Abstieg ist, mit seiner persönlichen Bundesliga-Bilanz ist Dräger gar nicht so unzufrieden: "Ich habe viel gespielt. Das hat mich sportlich und menschlich vorangebracht. Im Abstiegskampf lernt man, mit Druck und Stress umzugehen." In 32 Einsätzen kam der 1,99-Meter-Hüne auf 24 Tore und 13 Assists. "Aber alles, was im Angriff passiert, ist für mich ein Bonus. Die Abwehr ist meine Stärke, mir geht es in erster Linie ums Verteidigen", betont Dräger. Insbesondere seine 24 Blocks sind ein guter Wert.

Am auffälligsten in der Saisonstatistik des 28-Jährigen sind jedoch die sechs Roten Karten, kein Spieler in der Bundesliga flog häufiger vom Feld als Dräger. "Dieser Wert gefällt mir natürlich nicht", sagt er selbstkritisch. "Ich musste mich am Anfang erst einmal an das Niveau in der Bundesliga gewöhnen, das war sicher ein Grund dafür." In der Tat sah Dräger in der ersten Saisonhälfte gleich viermal Rot, was ihm den Spitznamen "Bad Boy" einbrachte. In der zweiten Hälfte waren es dann noch zwei Feldverweise.

Die Roten Karten, die Siege, die Niederlagen, den Abstieg – all die Erlebnisse während einer turbulenten Bundesliga-Saison kann Yannick Dräger nun in Ruhe verarbeiten. "In der Sommerpause will ich mich vor allem erholen und werde mich natürlich fit halten", sagt er. Der Harpstedter will die spielfreie Zeit nutzen, um möglichst viele Freunde und Verwandte zu treffen. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Maurice, der für den Drittligisten TuS Vinnhorst aufläuft, geht es in den Urlaub. Ein Besuch bei seinem Teamkollegen Leos Petrovsky in Tschechien ist ebenfalls geplant. Zudem will Dräger mit den "Nordlichtern" ein paar Beachhandball-Turniere spielen.

Lesen Sie auch

Zur Sache

Lübbecke stellt Trainer frei

Der TuS N-Lübbecke geht die Mission Wiederaufstieg in der kommenden Spielzeit mit einem neuen Trainer an. Nach dem Bundesliga-Abstieg hat der Verein Coach Emir Kurtagic freigestellt. Nach einer schwierigen Saison sei "ein frischer Impuls" nötig, heißt es in einer Mitteilung des Klubs. Wer der Nachfolger wird, ist noch offen. "Ein Trainerwechsel ist nie schön", sagt Lübbeckes Kreisläufer Yannick Dräger. "Wir Spieler stehen schließlich auf der Platte." Er habe mit Kurtagic zwei Jahre lang sehr gut zusammengearbeitet, betont der Harpstedter. "Ich habe viel von Emir gelernt, und er hat mich zum Erstliga-Spieler gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar."

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)