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Made in Niedersachsen Die Wasserstoffbusse aus Oldenburg

Einsatz für den Klimawandel? Das Ehepaar Schreier will da ganz konkret etwas tun. In Zukunft sehen sie einen großen Bedarf für ihre Wasserstoffbusse. Und es gibt bereits Aufträge.
27.11.2021, 16:22 Uhr
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Von York Schaefer

Auf die Straße gehen und für eine klimafreundliche Politik demonstrieren, dazu fühlen sich Susanne und Hans Hermann Schreier, 63 und 75 Jahre alt, dann doch nicht mehr berufen. „Die jungen Menschen können auf Probleme hinweisen, aber noch nicht so viel zu den Lösungen beitragen. Wir wollen dafür unsere Erfahrungen einbringen, um beim Thema Klimawandel konkret etwas voranzubringen“, betont das Oldenburger Ehepaar, das mit dem Start-up Buses-4-Future Busse entwickelt, die mit grünem, also klimafreundlichem Wasserstoff angetrieben werden. Namentlich hat man sich dabei natürlich an der Klimabewegung Fridays for Future orientiert. 

Ein erster Bus des 2019 gegründeten Unternehmens läuft bereits seit dem vergangenen Jahr im Probebetrieb der Stadtwerke Münster. Drei weitere Busse sind bestellt, die Auslieferung ist für März 2022 geplant. In den kommenden fünf Jahren haben die Schreiers sowie zwei weitere Gesellschafter das ehrgeizige Ziel, insgesamt 200 mit Wasserstoff betriebene Busse zu verkaufen. „Den Antrieb haben wir selbst entwickelt“, betont Hans Hermann Schreier. Andere Unternehmen in dem Bereich würden die Antriebe aus Kanada oder China hinzukaufen. Etwa 5000 neue Busse würden im öffentlichen Nahverkehr in den nächsten zehn Jahren gebraucht, schätzen die Schreiers das theoretische Marktpotenzial in Deutschland ein. 

Hervorgegangen ist Buses-4-Future aus dem deutsch-niederländischen Projekt Super-Surf, das sich mit der Qualitätssicherung von Brennstoffzellenkomponenten in der Entwicklung und Produktion beschäftigt. „Der Diesel ist schon aus gesetzlichen Gründen ein Auslaufmodell. Batteriebetriebene Busse kommen nur 200 Kilometer weit und haben lange Ladezeiten. Wir schätzen, dass in Zukunft etwa 30 Prozent der Busse in Deutschland mit Brennstoffzellen ausgestattet werden“, erläutert Hans Hermann Schreier, der in Bremen aufgewachsen ist und mit dem hanseatischen Kaufmannsgeist vom „Wagen und Winnen“ selbst ein großes Maschinenbauunternehmen aus dem Ruhrgebiet bis an die Börse gebracht hat. 

Die Fahrzeuge von Buses-4-Future sollen nur zehn Minuten für die Ladung der Brennstoffzellen benötigen und bis zu 450 Kilometer weit fahren können – je nach Region. „Wir planen verschiedene Modelle für Flachland- oder Bergregionen und für Hitzegebiete. Gerade haben wir eine Ausschreibung über einen ersten Bus im Probebetrieb in Sevilla gewonnen“, sagt Susanne Schreier beim Treffen im Küchenbereich des Co-Working-Spaces im Technologie- und Gründerzentrum Oldenburg (TGO). 

Der Auftrag aus Spanien habe das Potenzial für bis zu 850 neue Busse, rechnet Hans Hermann Schreier vor. Gefertigt werden sollen die Fahrzeuge mit einem Partnerunternehmen in einem Werk in Hannover. Weitere der insgesamt etwa 20 Angestellten des Start-ups, die vorwiegend aus dem Bereich Fahrzeugbau kommen, arbeiten in Heidelberg, im niederländischen Arnheim und in Paris.

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In Oldenburg selbst und auch in Bremerhaven sollen ab dem Sommer des kommenden Jahres Wasserstoffbusse im regulären Linienverkehr im Einsatz sein. Der Vorführbus, der kürzlich für die Verkehr und Wasser GmbH (VWG) in Oldenburg war, stammt vom portugiesischen Hersteller Caetano-Bus. „Dahinter steckt allerdings Toyota, sodass wir als kleines Start-up bei der entsprechenden Ausschreibung für den Betrieb natürlich keine Chance hatten“, kritisieren die Schreiers das Fördersystem für die Entwicklung von alternativen Antrieben. Die komplizierten Ausschreibungen würden selbst Mittelständler wegen mangelnder Kapazitäten nicht hinbekommen. 

Mit zwei regionalen Banken sowie einem Schweizer Unternehmen hat Buses-4-Future allerdings schon solvente Geldgeber im Rücken. Zudem ist der Betrieb 2020 Landessieger in Niedersachsen des Gründerpreises der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geworden. 

Wie fühlen sich Susanne und Hans Hermann Schreier als Gründer älteren Semesters in den eher jungen Start-up-Kreisen? „Klar, einige der jungen Leute hier im TGO könnten unsere Enkel sein“, sagt Susanne Schreier schmunzelnd. „Aber wir haben gegenseitig voneinander gelernt. Wir, wie man sich gut präsentiert, die Jüngeren von unserer wirtschaftlichen Erfahrung.“

Ab Januar 2022 will Buses-4-Future eine Crowdfunding-Kampagne starten, eine weitere Form modernen Marketings. Im Kampf gegen den Klimawandel ist das Alter bekanntlich egal.

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Saubere Technologie

Im Gegensatz zu fossilen Brennstoffen wie Öl und Gas ist Wasserstoff als chemisches Element unendlich auf der Erde vorhanden. Um grünen, also nachhaltigen Wasserstoff zu erzeugen, ist es aber wichtig, auf Strom aus regenerativen Quellen zu setzen, zum Beispiel aus Windkraft oder Sonnenenergie. In einer Brennstoffzelle, zum Beispiel im Fahrzeugbereich, vermischt sich der zugeführte Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft. Dadurch entsteht über den Elektronenaustausch und eine sogenannte kalte Verbrennung Strom, der einen Elektromotor antreibt. Aus dem Auspuff kommt dann kein schädliches CO2 mehr, sondern Wasserdampf. Ein Teil des Stroms wird dabei in einer Batterie gespeichert und kann einen zeitweilig höheren Bedarf abdecken, wenn der Bus beispielsweise bergauf fahren muss. Generell ist allerdings die Auswahl an Autos mit Wasserstoffantrieb noch sehr gering und das Tankstellennetz unterentwickelt.

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